Moskau – Russland will zum ersten Mal seit fast 50 Jahren wieder zum Mond fliegen. Die Mondsonde Luna-25 soll mit einer Trägerrakete vom Typ Sojus-2.1b in der Nacht auf Freitag um 2.10 Uhr Moskauer Zeit (1.10 Uhr MESZ) zu der mehr als viereinhalbtägigen Reise aufbrechen. Startplatz ist der neue Weltraumbahnhof Wostotschny nahe der Grenze zu China.

Luna 25
Luna-25 steht mit ihrer Trägerrakete Sojus 2.1b auf dem russischen Weltraumbahnhof Wostotschny zum Start bereit. In wenigen Tagen soll sie beim Mond ankommen.
AFP/Russian Space Agency Roscosm

Eigentlich sollte die Sonde schon lange unterwegs sein. Erster geplanter Starttermin der Mondsonde war 2012, zuletzt war der Mai 2022 anvisiert worden. Mit dem Start von Luna-25 soll das russische Mondprogramm wiederbelebt werden. Dieses sieht vor, bis 2040 auch eine Raumstation auf dem Erdtrabanten zu errichten. Russland knüpft damit an sein sowjetisches Luna-Programm an, bei dem Raumsonden auch Mondgestein mit zur Erde gebracht hatten. Zuletzt hatte Moskau 1976 die Sonde Luna-24 zum Mond geschickt.

Трансляция запуска автоматической станции «Луна-25»
Der Livestream der russischen Raumfahrtorganisation Roskosmos zum Start von Luna-25.
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Suche nach Wasser

Die rund 1,8 Tonnen schwere Nachfolgersonde Luna-25 soll unter anderem dabei helfen, eine Technologie für eine weiche Landung zu entwickeln. Dazu soll sie Sonde Bodenproben einsammeln und analysieren, hieß es. Zu den geplanten Untersuchungen gehöre auch ein Studium der Oberflächenschichten im Bereich des südlichen Mondpols.

Luna-25 verfügt über acht wissenschaftliche Instrumente, die Messungen sollen auch Informationen über die polare Exosphäre des Erdtrabanten bringen. Dort laufen laut Roskosmos dynamische Prozesse zwischen kosmischen Teilchen und Mondstaub ab, die es zu untersuchen gelte. Mikropartikel des Staubs seien giftig und von hoher chemischer Aktivität. Deshalb seien die Untersuchungen wichtig für eine mögliche spätere Erkundung des Mondes durch Menschen.

Sojus Trägerrakete
Die Sojus-2.1b soll mit Luna-25 erstmals seit 47 Jahren wieder russische Fracht zum Mond befördern. Der Erdtrabant muss sich in nächster Zeit auf einigen Besuch einstellen.
AFP/Russian Space Agency Roscosm

Die vierbeinige Sonde ist außerdem mit Solarpaneelen ausgestattet und verfügt über einen 1,6 Meter langen Roboterarm. Mit einer Schaufel am Ende des Arms soll Mondgestein aufgesammelt werden. Die Proben sollen dann vor Ort mithilfe mehrerer Instrumente analysiert werden, um unter anderem die Beschaffenheit und den Gehalt von Wasser und Hydroxyl zu ermitteln.

Die Forschenden erwarten laut Roskosmos, dass der Wasseranteil im Lockermaterial verschwindend gering ist, weil bei Sonnenlicht und Temperaturen von bis zu 120 Grad Celsius alles verdunstet. Unter dieser Decke gebe es aber einen Dauerfrostboden. Die Wissenschafter rechnen demnach damit, dort und in dauerhaft schattigen Regionen auch Eis zu finden. Damit die Instrumente und die Elektronik von Luna-25 während der langen Mondnächte und Temperaturen von minus 170 Grad Celsius keinen Schaden nehmen, ist die Sonde auch mit einem speziellen Wärmeschutz ausgestattet. Weitwinkelkameras sollen zudem die Umgebung fotografieren.

Evakuierung eines Dorfes nötig

In der fernöstlichen Region Chabarowsk kündigten die Behörden für den Freitag vor dem geplanten Start der Rakete eine Evakuierung des Dorfes Schachtinski an, weil die erste Raketenstufe der Sojus dort aufschlagen könnte. Der regionale Behördenchef Alexej Maslow teilte mit, dass die Menschen von 7.30 Uhr an (23.30 Uhr MESZ) in Sicherheit gebracht würden. "Das ist das erste (russische) Mondprogramm des 21. Jahrhunderts", sagte er. Der Zugang zur Region mit Raketenresten sei streng untersagt. Maslow sagte nicht, für wie lange die Menschen ihre Wohnungen verlassen müssten.

Die Raumsonder Luna-25
Luna-25 soll unter anderem die Oberflächenschichten des südlichen Mondpols untersuchen.
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Ursprünglich hatte Roskosmos mit der europäischen Raumfahrtagentur Esa an dem russischen Mondprogramm gearbeitet. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine vor mehr als 17 Monaten beendete die Esa die Zusammenarbeit mit Moskau aber, Russland strebt künftig mehr Kooperationen mit China an.

Der Wettbewerb um Kontrolle und Einfluss im Weltraum ist international in vollem Gange. Eine Landung auf dem Erdtrabanten gelang bisher nur den USA, Russland (bzw. der Sowjetunion) und China. Derzeit ist auch eine indische Sonde zum Erdtrabanten unterwegs. Nachdem der erste indische Mondlandeversuch 2019 gescheitert war, brach Mitte Juli die Sonde Chandrayaan-3 in Richtung Mond auf. Die Landung soll noch im August erfolgen.

Mehr als fünf Jahrzehnte nach der letzten astronautischen Mondlandung gibt es auch wieder konkrete Pläne, Menschen zurück zum Erdtrabanten zu bringen. Die USA und Europa sowie China arbeiten daran, Menschen in den kommenden Jahren Richtung Mond zu fliegen, diesmal soll auch eine dauerhafte lunare Infrastruktur entstehen. Anders als zur Zeit der Apollo-Missionen drängen diesmal auch private Unternehmen zum Mond, Landeversuche von Weltraumfirmen sind bisher aber stets gescheitert – zum Glück ohne Menschen an Bord: 2019 crashte eine israelische Sonde, im vergangenen April verunglückte auch eine japanische Mission auf dem Mond. In den kommenden Jahren werden weitere private Landeversuche erwartet. (APA, red, 10.8.2023)

Video: Russland will am Freitag zum Mond
AFP