Rehragout-Rendezvous
Wer ist hier die Chefin im Dorf? D'Susi!
Constantin Film

Gemächlichkeit und Beständigkeit, nur keine Veränderung. So stellt sich der Polizist Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) das Leben in seinem fiktiven bayerischen Dorf Niederkaltenkirchen vor. Doch leider gerät fast immer etwas dazwischen. Regelmäßig sogar ein Mord, handelt es sich bei Franz doch um den Protagonisten einer der populärsten deutschen Kinokrimireihen, der Eberhofer-Reihe von Regisseur Ed Herzog und Drehbuchautor Stefan Betz.

Diesmal ist es die zerstückelte Leiche des Bauern Steckenbiller, die auf einem Feld auftaucht. Doch mindestens genauso wenig Lust am Ermitteln wie der Franz haben auch die Filme. Abermals liegt der Fokus auf seinem Privatleben, in dem es hapert. Erst beschließt die Oma (Enzi Fuchs) auszuziehen und die Hausarbeit in den Schoß der erweiterten Sippe zu werfen. Dann wird auch noch Freundin Susi (Lisa Maria Potthoff) zur Stellvertreterin des Bürgermeisters ernannt und kommandiert Franz dazu ab, sich mehr um Sohn Pauli zu kümmern.

Constantin Film

Es ist also viel los in Rehragout-Rendezvous, dem neunten Film der auf der Romanreihe von Rita Falk basierenden Geschichte, die seit ihrem filmischen Auftakt 2013 mit Dampfnudelblues die Massen begeistert. Gemeinsam mit Winterkartoffelknödel, Schweinskopf al dente, Grießnockerlaffäre, Sauerkrautkoma, Leberkäsjunkie, Kaiserschmarrndrama und Guglhupfgeschwader kommt die Reihe auf über acht Millionen Zuschauer im deutschsprachigen Raum. Der erfolgreichste Film, Kaiserschmarrndrama, spielte gar 10,3 Millionen Euro ein.

Skurrile Typen

Dass das Publikum sich noch nach zehn Jahren an den Scharmützeln der Figuren erfreuen kann, ist eine Ehre für die Besetzung. "Wir sind schon längst in der Kür, und nicht mehr in der Pflicht", räumt Hauptdarsteller Sebastian Bezzel ein. Nicht weniger skurril als sein fauler Franz sind die anderen Charaktere. Neben der resoluten Oma (Enzi Fuchs), die in eine WG zieht und den Führerschein macht, sowie der beruflich auflebenden Susi gibt es noch den Alt-Hippie-Vater (Eisi Gulp), den überkorrekten Bruder Leopold (Gerhard Wittmann) sowie Franz’ besten Freund Rudi (Simon Schwarz), einen pessimistischen Privatdetektiv am Existenzminimum.

Was nach einem tragischen Haufen klingt, macht den besonderen Humor der Reihe aus. Das Team, betont Schwarz, versuche gar nicht eine Hau-drauf-Komödie zu schaffen. Die Figuren könnten durchaus auch aus einem Sozialdrama stammen. Auch an der Grundkonstellation werde nichts verändert. "Da geht es nicht drum, dass die Figuren sich entwickeln", sagt Bezzel. Die Leute wollen dieselben Charaktere immer wieder sehen.

Provinz im Weitwinkel

Humor im deutschen Krimi ist ein Stilelement, das seit den 1970er-Jahren vor allem mit regionalen Eigenheiten verbunden ist. Die Verwurzelung in der Provinz ist es auch, die die Reihe so erfolgreich macht.

Auch wenn ein Großteil der Fans aus Süddeutschland und Österreich stammt, zeichnen sich die Eberhoferkrimis durch eine universelle Sprache aus. Bezzel, der selber im Norden Deutschlands wohnt, meint: "Wir haben da oben Fans, die sagen, es ist ja wurscht, ob das Bayern sind oder nicht." Dieser Wiedererkennungseffekt geht Hand in Hand mit der Idee einer heimeligen, überschaubaren Welt. "Provinz ist mittlerweile viel individueller als die Großstadt", so Bezzel weiter. Jeder kennt jeden, alles ist viel analoger.

Regisseur Ed Herzog zeigt das Romantisierte wie das Tragische am Landleben. Das drückt sich auch durch seine zum Markenzeichen gewordene Bildsprache aus. Die Kamera filmt mit ihrem Weitwinkelobjektiv die ländliche Umgebung, dabei krümmt sich das Bild an den Rändern, das Zentrum wird zusammengequetscht. Und so hat sein Niederkaltenkirchen eine dichtgedrängte Auffädelung an Typen.

Halbnackerte Männer mit Weitwinkel gefilmt vor beschaulichem Waldambiente.
Constantin Film

Männliche Fragilität

Auch in Rehragout-Rendezvous, der mit Themen wie weiblicher Emanzipierung und männlicher Fragilität spielt, gelingt dieser Spagat zwischen Altbekanntem und unterhaltsamen neuen Ideen. Zwischen Tragik und Humor. Das reicht von teils allzu kindischen Szenen wie einem Männerwochenende im Wald bis zu denkwürdigen Momenten, in denen eine Figur fast in der Güllegrube landet. Von Abnutzungserscheinung keine Spur.

Ein kommerzieller Hit ist vorprogrammiert. Fans werden indes eine Weile auf den nächsten Teil warten müssen. Den Filmemachern sind die Romane ausgegangen, im Herbst soll dann Rita Falks Steckerlfischfiasko erscheinen. Was drinnen steht, weiß noch niemand. Aber wie man Franz Eberhofer kennt, wird auch dann jemand wieder seine Gemächlichkeit mit Veränderung stören. (Susanne Gottlieb, 9.8.2023)