Mohamed Bazoum redet bei einer Veranstaltung.
Mohamed Bazoum, der mittlerweile gestürzte Präsdent Nigers, bei einer Veranstaltung in Washington DC im Dezember 2022.
IMAGO/JEMAL COUNTESS

Niamey – In Niger ruft die Partei des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum zur Befreiung des Staatsoberhauptes auf. Das ganze Land müsse mobilisiert werden, heißt es in einer Erklärung der Partei PNDS-Tarayya vom Mittwoch. Bazoum und seine Familie würden unter unmenschlichen Bedingungen in ihrer Residenz festgehalten. Es gebe kein fließendes Wasser und keinen Strom. Außerdem würden dem Präsidenten eine ärztliche Betreuung und frische Lebensmittel verweigert.

Auch ein Sprecher des US-Außenministeriums zeigte sich "äußerst besorgt über seine Gesundheit und seine Sicherheit und die Sicherheit seiner Familie", sagte Matthew Miller am Mittwoch nach einem Telefonat von Außenminister Antony Blinken mit Bazoum. Nähere Angaben wollte Miller nicht machen. Er sagte aber, Sorge um Bazoums Gesundheit sei einer der Gründe gewesen, warum die geschäftsführende stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland bei einem unangekündigten Besuch im Niger zu Wochenbeginn vergeblich versucht habe, den gestürzten Präsidenten zu treffen. "Während die Zeit vergeht und er isoliert festgehalten wird, ist das eine Situation, die für uns zunehmend besorgniserregend ist", sagte Miller.

Video: Sorge um Gesundheit des gestürzten nigerianischen Präsidenten Bazoum
AFP

Ex-Rebellenführer ruft Widerstandsbewegung ins Leben

Zuvor hatte bereits der ehemalige Rebellenführer und Politiker Rhissa Ag Boula eine Bewegung gegen die Junta ins Leben gerufen. Der Widerstandsrat für die Republik (CRR) strebt die Wiedereinsetzung Bazoums an. "Niger ist das Opfer einer Tragödie, die von Leuten inszeniert wurde, die das Land schützen sollten", heißt es in der Erklärung. Der CRR werde "alle notwendigen Mittel" einsetzen, um die Armee daran zu hindern, dem nigrischen Volk die freie Wahl zu verweigern. Die Junta hat bisher diplomatische Angebote für eine Lösung des Konflikts von afrikanischen, amerikanischen und Uno-Gesandten zurückgewiesen. Die Militärregierungen in den Nachbarländern Mali und Burkina Faso warnte die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union vor einer Intervention. Die Militärjunta war am 26. Juli durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen.

Ag Boula spielte in den 1990er- und 2000er-Jahren eine führende Rolle bei den Aufständen der Tuareg, einer nomadischen Volksgruppe im wüstenhaften Norden Nigers. Wie viele ehemalige Rebellen wurde er unter Bazoum und dessen Vorgänger Mahamadou Issoufou in die Regierung integriert. Ohne die Tuareg dürfte es den Militärs schwerfallen, den Norden unter Kontrolle zu bekommen. Niger ist der weltweit siebentgrößte Produzent von Uran, dem am häufigsten verwendeten Brennstoff für die Kernenergie. Außerdem fördert das Land täglich 20.000 Barrel Öl – vor allem aus von China betriebenen Projekten – und steht kurz vor einem großen Produktionsanstieg durch eine neue Exportpipeline nach Benin.

EU soll an Sanktionen arbeiten

Die Europäische Union soll indes an Sanktionen gegen die Mitglieder der Militärjunta arbeiten. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch mit Verweis auf einen namentlich nicht genannten EU-Vertreter sowie einen Diplomaten. Man diskutiere derzeit Kriterien für Strafmaßnahmen. Der nächste Schritt sollen dann Sanktionen gegen einzelne Mitglieder der Junta sein.

Unterstützer der neuen Regierung im Niger bei einer Parade in Niamey.
Unterstützer der neuen Regierung bei einer Parade in Niamey.
REUTERS/STRINGER/Mahamadou Hamidou

Die Junta hat am Mittwoch zwei Vertreter des nigerianischen Präsidenten und Vorsitzenden Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (Ecowas), Bola Tinubu, in der nigrischen Hauptstadt Niamey getroffen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf nigerianische Regierungsquellen. Zuvor warf die Militärregierung Frankreich vor, das Land militärisch destabilisieren zu wollen. So soll am Mittwoch ein französisches Flugzeug in den von der Militärregierung gesperrten Luftraum eingedrungen sein. Frankreich wies die Anschuldigungen wenig später zurück. Der Flug am Morgen sei mit der nigrischen Armee vereinbart und "schriftlich bestätigt" worden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Verteidigungs- und Außenministerium.

Ecowas tagt am Donnerstag

Für Donnerstag ist ein Treffen der 15 Staatsoberhäupter der Ecowas in der nigerianischen Hauptstadt Abuja angesetzt, um über Niger zu beraten. Dabei steht auch die Frage einer möglichen militärischen Intervention zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung im Raum.

Ecowas hatte der Junta in Niamey mit einem militärischen Einschreiten gedroht, wenn Bazoum nicht bis zum vergangenen Sonntag wieder in sein Amt eingesetzt würde. Die Militärs kamen der Forderung nicht nach, sondern sperrten stattdessen den Luftraum über Niger und drohten, die nigrischen Streitkräfte würden sich gegen jeden Angreifer verteidigen. Ecowas ließ die Frist verstreichen. Westliche Staaten dringen weiter auf eine diplomatische Beilegung des Konflikts. (APA, Reuters, red, 9.8.2023)