Bisher war vieles nicht rund gelaufen bei dem auf Weltraumtourismus spezialisierten Unternehmen Virgin Galactic des britischen Unternehmers Richard Branson. Nach jahrelangen Verzögerungen und sogar einem Absturz eines der Raketenflugzeuge bei einem Testflug mit Todesfolge war nach rund 20 Jahren im Jahr 2021 der Milliardär selbst öffentlichkeitswirksam ins All gestartet – oder zumindest an den Rand des Alls, denn die beim diesem Flug erreichte Flughöhe von etwa 86 Kilometern gilt nicht nach allen gängigen Definitionen als Beginn des Weltalls. Dazu kam, dass aufgrund von Abweichungen von der mit der Flugsicherheit vereinbarten Flugbahn kurzzeitig sogar ein Startverbot verhängt wurde.
Erst vor wenigen Wochen, am 30. Juni, startete der erste kommerzielle Flug des Raketenflugzeugs VSS Unity, das von einem riesigen "Mutterschiff" in eine Höhe von 14 Kilometern transportiert und dort abgekoppelt wird. Mit an Bord waren drei italienische Wissenschafter.
Erste private Crew
Nun waren es erstmals Privatpersonen, die mit dem eigens entwickelten Fluggerät erlebten, was sonst nur professionellen Astronautinnen und Astronauten vorbehalten ist. Um 17 Uhr begann der Livestream, ab 17.20 Uhr wurde das Raumfahrzeug vom Trägerflugzeug entkoppelt und flog zur Mesopause, der Grenze zwischen Mesosphäre und Thermosphäre. Dabei erreichten die Passagiere eine Höhe von 88 Kilometern. Die Crew bestand aus Jon Goodwin, Keisha Schahaff, Anastatia Mayers und Beth Moses. Goodwin ist 80 Jahre alt, war 1972 als Kanut Olympiateilnehmer in München und erkrankte 2014 an Parkinson. Er versteht sich als Abenteurer.
Die 46-jährige Schahaff ist Unternehmerin und stammt aus der Karibik. Sie gewann eine Verlosung zweier Weltraumtickets, deren Erlös wohltätigen Zwecken zugeführt wurde. Die 18-jährige Physik- und Philosophiestudentin Mayers ist ihre Tochter und nun die jüngste Person in dieser Höhe. Moses war als Vertreterin von Virgin Galactic mit dabei. Sie hat mehrere Flüge hinter sich und leitete das Training der drei Reisenden.
"Als bei mir 2014 Parkinson diagnostiziert wurde, war ich fest entschlossen, mich nicht davon abhalten zu lassen, mein Leben in vollen Zügen zu genießen. Und jetzt mit Parkinson in den Weltraum zu gehen, ist für mich absolut magisch", sagt Goodwin.
Das Konzept eines Raumfahrzeugs, das per Flugzeug in große Höhe transportiert wird und von dort ins All startet, ist weniger gängig als der Zugang über Stufenraketen, auf den etwa Virgins Konkurrenten im Weltraumtourismus, das Unternehmen Blue Origin von Jeff Bezos und Elon Musks Space X, setzen. Ein weiteres von Richard Branson gegründetes Weltraumunternehmen, das mittels dieses Zugangs Lasten ins All hätte transportieren sollen, musste im April Insolvenz anmelden. Dort wäre eine Boeing 747 als Mutterschiff zum Einsatz gekommen. (rkl, 10.8.2023)