Die Militärjunta im Niger hat im Tauziehen mit dem westafrikanischen Staatenbund Ecowas einen weiteren Teilsieg errungen. Noch bevor sich die Präsidenten des Staatenbundes am Donnerstag zu einer Sondersitzung in der nigerianischen Hauptstadt Abuja trafen, gaben die nigrischen Militärs die Bildung einer neuen Regierung bekannt. Sie besteht aus 21 Ministern: unter ihnen drei Generäle. Das Kabinett wird von dem bereits am Montag von der Junta ernannten Premierminister Ali Mahaman Lamine Zeine geführt. Mit ihrer Regierungsbildung unterstreichen die Putschisten, dass sie der Ecowas-Forderung nach einer Wiedereinsetzung des Präsidenten Mohamed Bazoum nicht nachkommen werden.

Der Nigerianer Bola Tinubu sitzt derzeit dem Staatenbund Ecowas vor. Gegen die Putschisten im Niger hat aber auch er bisher kein Rezept.
Der Nigerianer Bola Tinubu sitzt derzeit dem Staatenbund Ecowas vor. Gegen die Putschisten im Niger hat aber auch er bisher kein Rezept.
EPA/STR

Schon im Vorfeld des Sondergipfels des Staatenbundes zeichnete sich ab, dass die elf Präsidenten von ihrer ursprünglichen Drohung einer militärischen Intervention abrücken werden. In seiner Eröffnungsrede ging Nigerias Staatschef Bola Tinubu am Donnerstagnachmittag nicht mehr auf diese Warnung ein, sondern sprach von einer "Priorisierung diplomatischer Verhandlungen und Dialoge". Der Ecowas-Vorsitzende galt als entschiedenster Vertreter eines Militäreinsatzes, sah sich aber mit dem Widerstand des Parlaments in Abuja sowie mit politischen und religiösen Führern aus dem Norden Nigerias konfrontiert. Außerdem rechneten Finanzexperten vor, dass ein Militäreinsatz der angeschlagenen westafrikanischen Supermacht zu teuer käme.

Nach dem Gipfel in Abuja wies die westafrikanische Staatengemeinschaft ihre Militärchefs an, "sofort" eine Eingreiftruppe für einen möglichen Einsatz im Niger zusammenzustellen. Es gehe nach dem Militärputsch in dem Land um die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung, sagte Omar Touray, der Präsident der Ecowas-Kommission. Die Staatengemeinschaft halte sich "alle Optionen" offen.

Das Schicksal Bazoums wird indes sowohl von der US-Regierung wie von UN-Generalsekretär António Guterres mit zunehmender Sorge verfolgt, nachdem seine Partei PNDS Tarayya bekanntgab, der 63-Jährige werde unter "grausamen" und "unmenschlichen" Bedingungen in seiner Residenz festgehalten. Bazoum sitzt seit gut zwei Wochen mit seiner Frau, einem Sohn und mehreren schwerbewaffneten Leibwächtern im Präsidentenpalast fest.

Treffen mit Emir von Kano

Bereits am Mittwoch hatte sich Junta-Chef Abdourahamane Tchiani überraschend mit dem Emir der nordnigerianischen Stadt Kano, Lamido Muhammad Sanusi, getroffen. Über den Inhalt ihres Gesprächs wurde nichts bekannt. "Wir hoffen, dass wir einen Dialog zwischen den Führern Nigerias und des Nigers in die Wege leiten können", ließ Sanusi anschließend lediglich wissen – womit er den Junta-Chef als nigrischen Führer anerkannte.

Während bisher fast ausschließlich der Junta positiv gegenüberstehende Nigrer öffentlich in Erscheinung treten konnten, hat jetzt Ex-Rebellenführer Rhissa Ag Boula den "Rat des Widerstands für die Republik" (CRR) gegründet, der den Staatsstreich rückgängig machen will. Als einer der Führenden der Touareg-Aufstände im Norden des Landes ist Ag Boula im Rest des Nigers allerdings umstritten. (Johannes Dieterich, red, 10.8.2023)