Hupehsuchus nanchangensis
Künstlerische Rekonstruktion von Hupehsuchus nanchangensis beim Fressen. Wie und was er frisst, war lange unklar.
Shunyi Shu & Long Cheng, Wuhan Center of China Geological Survey

Das sechste große Massenaussterben unseres Planeten findet gerade statt, und verantwortlich dafür sind wir Menschen. Die dritte große Auslöschung der Arten ereignete sich vor 252 Millionen Jahren und markiert die Perm-Trias-Grenze. Damals kam es zu einem mehrere 100.000 Jahre anhaltenden extremen Vulkanismus des Sibirischen Trapps, dem letztlich rund drei Viertel der auf dem Land lebenden Arten dahinraffte und 95 Prozent der Wirbeltiere des Meeres.

Wie immer bei solchen Massenaussterben kam es danach zu einer Explosion der neuen Arten. Eine besonders seltsame neue Spezies, die ein paar Millionen Jahre später entstand, war das Meeresreptil Hupehsuchus nanchangensis. Im Gegensatz zu den riesigen Meeressauriern, die sich später entwickeln sollten, war dieses Reptil einschließlich seines Schwanzes nur etwa einen Meter lang. Und im Gegensatz zu vielen seiner Verwandten hatte Hupehsuchus keine Zähne in seiner dünnen Schnauze.

Seit seiner Entdeckung 1972 in der südchinesischen Provinz Hubei rätselten Forschende, wie sich Hupehsuchus mit dieser zahnlosen Schnauze wohl ernährt haben mag. Die erhaltenen Fragmente des Schädels ließen keine eindeutigen Schlüsse zu, auch wenn es einen Verdacht gab. Zwei neue Hupehsuchus-Exemplare, die ebenfalls in Hubei entdeckt wurden, trugen nun zur Lösung des Rätsels und zur Bestätigung der Vermutung bei.

Neue Fossilien klären Rätsel

Bei den Funden handelt es sich um ein komplettes Skelett und eines, bei dem Kopf, Hals und Schlüsselbein erhalten sind. Beide Fossilien ermöglichen einen klaren Blick auf die Schädel von oben – und das gab schließlich den entscheidenden Hinweis. Die Schnauzenform ähnelte nämlich der von heutigen Bartenwalen. Das schien die Vermutung zu bestätigen, dass Hupehsuchus womöglich Plankton aus dem Meer gefiltert hat.

Doch dabei ließen es die Forschenden aus China nicht bewenden: Für ihre Studie im Fachblatt BMC Ecology and Evolution verglichen Long Cheng (Wuhan Center of China Geological Survey) und seine Kollegen die Schädel von Hupehsuchus mit denen von gleich 130 modernen aquatischen Arten, darunter Bartenwale, Zahnwale, Robben, Krokodile, Wasservögel und Schnabeltiere. Die Forscher vermaßen die Schädel und rekonstruierten, wie diese sich an die verschiedenen Größen der Beutetiere anpassten. Die Schädelproportionen von Hupehsuchus und seinen nahen Verwandten überschnitten sich mit denen moderner Bartenwale, was darauf hindeutet, dass auch diese uralten Reptilien Planktonfresser gewesen sein dürften.

Der vermutlich erste Filtrierer

Der relativ steife Körper von Hupehsuchus legt den Schluss nahe, dass er wahrscheinlich wie ein Grönland- oder Glattwal mit offenem Maul an der Oberfläche entlangglitt, anstatt wie ein Buckelwal in die Tiefe zu tauchen. Obwohl Barten ein weiches Gewebe sind und daher weniger wahrscheinlich versteinern, stellten die Forscher das Vorhandensein von Rillen iim Maul von Hupehsuchus fest, wo bartenähnliches Gewebe verankert gewesen sein könnte.

Damit ist das kleine, harmlose Meeresmonsterchen das früheste bekannte Beispiel für ein filtrierendes Wirbeltier mit vier Gliedmaßen. Unter den Reptilien blieb diese Fresstechnik eine Seltenheit, während sie bei modernen Walen quasi perfektioniert wurde. (tasch, 14.8.2023)