Wien – Das bisher letzte Opfer der Attacken auf wohnungslose Menschen in Wien ist am Sonntagnachmittag seinen schweren Verletzungen erlegen, teilte die Polizei Montagfrüh mit. Der 55-Jährige war in der Nacht auf den 9. August in der Josefstadt mit schweren Schnitt- und Stichverletzungen entdeckt worden. Zuvor waren am 12. Juli ein 56-jähriger Mann getötet und am 22. Juli eine 51-jährige Frau schwer verletzt worden. Die Polizei kann laut Sprecherin Barbara Gass auch am Montag noch nicht mit Sicherheit sagen, ob die drei Vorfälle von einem einzelnen Täter oder einer Gruppe verübt wurden oder gar nicht miteinander zusammenhängen.

Schlafender obdachloser Mensch vor einem Geschäft.
Die Wiener Polizei rätselt offiziell noch immer, ob und wie die drei Attacken zusammenhängen.
Christian Fischer

Der Mann war in der Nacht auf Mittwoch gegen 2.00 Uhr beim Hernalser Gürtel in der Josefstadt entdeckt worden. Einsatzkräfte der Berufsrettung Wien waren rasch an Ort und Stelle und übernahmen die notfallmedizinische Versorgung. Der Mann wurde ins Spital gebracht und notoperiert. Auch ein zweiter Eingriff wurde später durchgeführt, doch laut Sprecherin Barbara Gass starb der 55-Jährige im Tiefschlaf. Er konnte zuvor nicht mehr befragt werden.

Mehrere Streifen an typischen Orten

Bereits am 12. Juli wurde um 7.40 Uhr am Handelskai in Brigittenau ein 56-jähriger Mann mit tödlichen Stich- und Schnittverletzungen aufgefunden. Zehn Tage später, am 22. Juli, wurde in Leopoldstadt eine 51-jährige Frau gegen 3.40 Uhr durch Stich- und Schnittverletzungen schwer verletzt – sie überlebte. Die Exekutive geht bei allen drei Angriffen vom selben Täter aus.

Die Ermittlungen würden auf Hochtouren laufen. Zudem wurde der Streifendienst sensibilisiert, vor allem nachts auf bekannte Örtlichkeiten, wo sich Wohnungslose aufhalten, ein verstärktes Auge zu haben. Man stehe in engem Kontakt mit entsprechenden Betreuungseinrichtungen, betonte Gass. Die Beamten des Bereichs "Leib/Leben" im Wiener Landeskriminalamt ermitteln. Sachdienliche Hinweise, die zur Aufklärung dieser Fälle führen, werden telefonisch – auch anonym – im LKA Wien unter der Telefonnummer 01/313 10 33-800 erbeten.

Josi nun auch zwischen 21 und 6 Uhr geöffnet

Susanne Peter, Teamleiterin Streetwork der Caritas, hatte bereits in der Vorwoche im APA-Gespräch darauf hingewiesen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, die Menschen aufzuklären und zu sensibilisieren. "Es ist natürlich Thema unter Klientinnen und Klienten und uns Betreuerinnen und Betreuern. Ich arbeite seit 30 Jahren in dem Bereich, und so etwas war noch nie da." Ebenso hatte sich Markus Hollendohner, Leiter der Abteilung Wohnungslosenhilfe im Fonds Soziales Wien (FSW), geäußert. Man unterstütze obdachlose Menschen und sensibilisiert sie, Wahrnehmungen zu Angriffen im öffentlichen Raum auch der Polizei zu melden.

Der FSW öffnet das Tageszentrum Obdach Josi bei der U6-Station Josefstädter Straße wegen der Angriffe seit Samstag erstmals auch nachts. Das Josi hat täglich zwischen 9 und 18 Uhr geöffnet, bis auf weiteres auch von 21 bis 6 Uhr. "Insgesamt haben rund 50 Personen das Angebot des Schutzraums in der ersten Nacht angenommen. Im Durchschnitt haben sich 20 Personen gleichzeitig im Tageszentrum aufgehalten", berichtete Barbara Trsek, Bereichsleiterin von FSW Obdach, am Sonntag der APA.

Die aktuellen Angriffe auf Obdachlose würden zeigen, dass in Wien Handlungsbedarf bestehe: "Die bisherige Mär 'die Menschen wollen nicht in Unterkünfte' stimmt nur bedingt", so Karl Mahrer, Landesparteiobmann der Wiener Volkspartei. (APA, moe, 14.8.2023)