Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter hat zusammen mit Klubkollegin Stephanie Krisper eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) über Demos und Polizeieinsatz anlässlich der Lesung einer Dragqueen für Kinder in Wien im Frühjahr 2023 gestellt. Die Antworten Karners "alarmieren" Brandstötter.

Porträt Henrike Brandstötter Neos
"Alarmiert" über Innenminister Gerhard Karners Aussagen über Pressefreiheit: Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter.
Florian Albert

"Angriffe auf freie Berichterstattung"

Worum geht es? Journalistinnen und Journalisten berichteten von Behinderungen nicht nur durch Demonstrantinnen und Demonstranten, sondern auch durch die Polizei bei dem Einsatz um die Lesung in der Wiener "Rosa Lila Villa". So sollen Polizeikräfte zumindest vier Journalistinnen und Journalisten von STANDARD, Puls 24 sowie freie Journalistinnen und Journalisten über einen längeren Zeitraum den Zugang zum großräumig abgesperrten Versammlungsort verwehrt haben, während Demonstrantinnen und Demonstranten ohne Einschränkungen durchgelassen wurden. Ein freier Journalist berichtete, Polizisten hätten ohne Anlass Pfefferspray gegen ihn eingesetzt. Er sei als Journalist erkennbar gewesen, weder von ihm noch von den Menschen um ihn Gefahr ausgegangen.

Presseclub Concordia, JournalistInnengewerkschaft und Reporter ohne Grenzen verurteilten damals in einer gemeinsamen Stellungnahme "diese Missstände als Angriffe auf die freie Berichterstattung aufs Schärfste".

Brandstötter und Krisper wollten in ihrer Anfrage von Karner wissen: "Durch welche konkreten Maßnahmen seitens der Exekutive wurden bei welcher der beiden Demonstrationen wann und wo berichterstattende Journalisten und Journalistinnen beziehungsweise Kameraleute und dergleichen vor Ort geschützt?" Und: "Warum wurden offenbar dennoch Journalist:innen durch rechtsextreme Demonstrantinnen und Demonstranten gestört? Warum kam es offenbar zum Einsatz von Pfefferspray gegen zwei Journalisten? War ein Medienkontaktbeamter vor Ort? Und wie kam er oder sie zum Einsatz?"

"Behaupteter Pfefferspray-Einsatz bekannt"

Karner antwortet recht allgemein: Schutz von Leben und Gesundheit aller Beteiligten sei bei jeder Versammlung "oberstes Ziel". Bei großen Menschenmengen könnten "Angriffe allerdings nie gänzlich ausgeschlossen werden". Werde ein gefährlicher Angriff oder eine Verwaltungsübertretung von der Polizei wahrgenommen, werden unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Schutz der gefährdeten Personen und zur Beendigung des gefährlichen Angriffs beziehungsweise der Verwaltungsübertretung ergriffen".

Deutlich knapper erklärt er in Sachen Pfefferspray gegen Pressevertreter nur: "Der Landespolizeidirektion Wien ist lediglich der behauptete Pfefferspray-Einsatz betreffend einen Journalisten bekannt."

Medienkontaktbeamte seien auch an diesem Tag im Einsatz gewesen. Sehr allgemein: Sie "erleichtern den Medienvertretern im Rahmen der Möglichkeiten die Ausübung deren Berufes durch Freihalten von geeigneten Standorten, Kontakt mit Einsatzkräften und situationsabhängige Vorsichtsmaßregeln".

Welche Schutzmaßnahmen?

Die Neos-Abgeordneten fragen auch nach "immer wieder", insbesondere auch von Karner, angekündigten Maßnahmen, um Journalisten und Journalistinnen besser zu schützen. Brandstötter erinnert, sie habe 2021 und 2023 Anträge zum Schutz von Medienleuten im Nationalrat eingebracht. Welche Maßnahmen seien damit konkret gemeint und welche bereits umgesetzt, welche plant Karner noch? Und: "Wie ist es möglich, dass es trotzdem immer wieder zu Angriffen kommt?"

Der Innenminister antwortet sehr allgemein: "Die Pressefreiheit ist eine der wichtigsten Errungenschaften unseres demokratischen Republikverständnisses. Im konkreten Fall waren die Vorgänge dadurch geprägt, dass gleichzeitig die Versammlungsfreiheit sowie die Pressefreiheit sichergestellt werden mussten und hinzukommend auch noch die sonstigen Normen und Regeln des österreichischen Rechtsstaates zu beachten waren."

Und: "Der Schutz der Pressefreiheit ist – unabhängig vom Thema der Versammlung – eine Aufgabe, welche weiterhin verantwortungsvoll wahrgenommen wird. Von den Landespolizeidirektionen werden, so wie bisher, anlassbezogen Medienkontaktbeamte eingesetzt."

"Alarmierend"

"Wenn der zuständige Innenminister hier nun einen Zielkonflikt konstruiert – Pressefreiheit versus Grundrecht auf Meinungsfreiheit –, dann ist das alarmierend", erklärt Neos-Mediensprecherin Brandstötter gegenüber dem STANDARD: "Wir sehen schon seit Jahren, dass sich die Übergriffe zuspitzen und häufen, da kann man sich doch nicht darauf herausreden, dass man zwei Dinge zugleich nicht schafft."

Brandstötter: "Es ist der Job des Innenministeriums, dafür zu sorgen, dass Demonstrierende ebenso wenig behindert werden wie jene, die darüber berichten." Der Innenminister habe zum geplanten Schutz für Medienschaffende "heiße Luft in Videokonferenzen verbreitet" und komme nicht in die Umsetzung. (fid, 17.8.2023)