Man hört so etwas wie Häme aus den Worten von Giuseppe Conte heraus, wenn er vollmundig kritisiert, wie die aktuelle Rechtsregierung unter Giorgia Meloni mit der Problematik der vielen Menschen umgeht, die in kleinen Booten über das Mittelmeer nach Italien kommen – wenn sie es überhaupt überleben. Vor einem Jahr, als die Rechte noch in der Opposition war, sei Contes Mitte-links-Regierung verbal dafür geprügelt worden, nichts gegen die "unkontrollierte Zuwanderung" zu unternehmen.

Fünf-Sterne-Politiker Giuseppe Conte kritisiert die Migrationspolitik seiner Nachfolgerin Giorgia Meloni.
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Heute, ein Jahr später, seien dieselben Akteure – mittlerweile mit Regierungsverantwortung ausgestattet – auf Tauchstation gegangen, meinte der Chef der im vergangenen Herbst abgewählten Fünf-Sterne-Bewegung. Melonis Migrationspolitik sei bloß naiv, realitätsfremd und unausgegoren.

Das mag ja stimmen, doch Schadenfreude ist nicht angebracht. Die Lage ist ernst: Bis Ende des Jahres rechnet man in Italien mit rund 200.000 illegal eingereisten Neuankömmlingen, so vielen wie noch nie. Diese Thematik sollte besser ohne Polemik, dafür mit vereinten Kräften angegangen werden – und zwar über alle Parteigrenzen hinweg.

Und auch Italiens Partner in Europa täten gut daran, das Problem nicht untätig aus vermeintlich sicherer Entfernung zu beobachten: Nach der Corona-Pandemie und neben dem Ukrainekrieg ist die Migrationsproblematik der nächste Prüfstein für die EU. Lösungen bisher? Fehlanzeige. (Gianluca Wallisch, 18.8.2023)