König
Lukas König am Freitag als erste auf der Mainstage mit "Sound Hazard"
Saalfelden

Es braucht im Leben auch Zufall. Auf der Suche nach einem Titel für sein Projekt, mit dem er am Freitag das Jazzfestival Saalfelden prominent beschallen wird, ereilte Lukas König jedenfalls ein solcher. In der Grübelphase "flog mir so ein Bio-Hazard-Sackerl zu. Das schaut gefährlich aus und hat so ein ‚Warning‘-Logo." Irgendwie hatte das Charme, passte zum erdachten Konzept.

König wollte ja keinen "Happy-Peppy-Lounge-Jazz" initiieren. Die Band "Sound Hazard" soll neue Klänge im Zusammenspiel mit den Bandkollegen erforschen, Kollegen, die sich als aufmüpfige Individualisten auch kommunikativ betätigen. Mal hören, wie das zum Bandtitel passt.

Sehr vielseitig der Mann

Wenn Schlagzeuger und Elektroniker König (Jahrgang 1988) seine Erfahrungen in das Projekt mit Pianist Pat Thomas, Bassklarinettist John McCowen, der Bassistin Farida Amadou und Luke Stewart (auch Bass) einbringt, ist bunte Soundverspieltheit jedenfalls sicher.

Der Niederösterreicher hat – nur eine Miniauswahl – mit Saxofonlegende David Murray ebenso gespielt wie mit Musikaktivistin Moor Mother, den Strottern, dem Klangforum Wien und mit Bilderbuch. Die Zusammenarbeit mit Letzteren sei Spaß. Schließlich sei die Band "ein professioneller und topeingespielter Pop-Act", so König, der mit dem Quartett Kompost 3 vor Jahren für Furore sorgte.

Hymnische Choräle

Da war viel notierte Musik dabei. Letztlich scheint König aber die Echtzeitechterfahrung samt Risiko eines originellen "Kreativunfalls" zu suchen. Die konzeptuelle Offenheit von Sound Hazard liefert Hinweise: König hat in einer Art grafischen Notation festgelegt, "wer mit wem wann spielen soll. Da sind rhythmische Morphing-Ideen und hymnenartige Choräle, um die herum improvisiert wird." Dies soll verhindern, "alte, funktionierende Muster aufzugreifen und alles fünfhundertmal durch den Weichspüler zu schicken".

In diesem Zusammenhang fallen Begriffe wie Free Jazz, Noise, experimentelle Musik oder Neue Musik. In diesem Stilmix sucht König "unerforschte Zusammenstellungen und freie Felder". Das war offenbar schon früh der Fall und führte trotz großzügiger Unterstützung – sagen wir – zu innerfamiliärer Verwunderung. "Mein Großvater hat mir Sechsjährigem das Schlagzeugspiel beigebracht. Ich hatte meinen ersten Proberaum in seinem Keller, in Prinzersdorf, wo ich herkomme", erinnert sich König, dessen Vater wiederum in einer Kommerzband werkte.

Keinen Unsinn anstellen

Wie die Jahre vergingen, wurde die familiäre Unterstützung leicht auf die Probe gestellt. König zog mit 16 nach Wien, um sich das Pendeln in die Musikschule zu ersparen. Man vertraute ihm, vertraute, dass er keinen Unsinn anstellen würde, was er musikalisch aber doch zu tun schien. "Der Noise und Free Jazz, den ich schon mit 15 praktiziert habe, wirkte auf meine Eltern eher verstörend", so König.

Da gab es schon Fragen wie: "Warum macht er diese Musik – mit so einem Talent?" Mittlerweile schätzt und versteht man, "was ich mache", sagt König, dessen Vielseitigkeit natürlich auch einzelnen Szenen mit ihren Schubladen bisweilen suspekt vorkommt. "Für die Popleute bin ich der Free Jazzer. Für Leute aus dem experimentellen Feld bin ich manchmal aber zu wenig radikal und zu schöngeistig ..."

Treffen mit Hardlinern

Im Endeffekt, findet König, ginge es darum, auf der Bühne "zu stehen und Leute mit dem zu konfrontieren, was auf sie zukommt". Leicht pathetisch formuliert: Geist, Körper oder Herz "in Schwingung versetzen", darum ginge es ihm. Wichtig und interessant findet er auch, wenn die "Leute hassen", was er mache. "Wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, ist es oft befruchtend. Ich will ja verstehen, warum sie etwas so finden, also auch Hardliner." König will direkt kommunizieren. Nur noch "auf Social Media abzuhängen und zu haten ist ja nicht der Sinn des Lebens – jedenfalls nicht in meinen Augen". Lukas König will musikalisch und verbal mit anderen ins Gespräch kommen. Nur "auf Social Media abzuhängen und zu haten ist ja nicht der Sinn des Lebens."

In Saalfelden wird ihn Wohlwollen empfangen. Ebendort ist er zurecht Stammgast und er dankt Festiavleiter Mario Steidl, dass "er mir das Vertrauen geschenkt hat, dieses Projekt auf die Bühne zu stellen - ohne Furcht und Angst." Nun, ängstlich sollte ein Veranstalter, der überraschen will, auch nicht sein. (Ljubisa Tosic, 18.8.2023)