Planet Neptun
Die Wolken auf dem Neptun sind verschwunden.
Nasa/JPL

Mit seiner charakteristischen blauen Farbe ist der als Eisriese klassifizierte Neptun zwar eine besondere Schönheit. Und auch seine 14 bekannten Monde, allen voran der entgegen der Planetenrotation laufende Triton, machen ihn nicht nur für die Wissenschaft besonders interessant. Durch seine Platzierung im äußeren Bereich des Sonnensystem, etwa 4,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, ist er mit freiem Auge aber nicht zu sehen. Und auch wissenschaftliche Erkenntnisse lassen sich daher nicht so leicht sammeln wie bei den anderen Planeten unseres Sonnensystems.

Schon bisher war bekannt, dass das schöne Abbild des Planeten trügt. Auf der aus Wasserstoff, Helium und Methan bestehenden Oberfläche – letzteres sorgt durch die Absorption des roten und infraroten Lichtspektrums für die blaue Farbe – herrschen Temperaturen von minus 200 Grad und darunter. Aufnahmen der Raumsonde Voyager 2 und des Hubble-Teleskops sowie diverser Observatorien auf der Erde konnten in den vergangenen Jahrzehnten riesige Stürme ausmachen, die mit berechneten Geschwindigkeiten von 1.600 bis 2.100 km/h in unserem Planetensystem unerreicht sind und auch mehrere Jahre dauern dürften.

Was ist mit Neptuns Wolken passiert?

Nun haben Forschende der UC Berkeley in Kalifornien ein weiteres Phänomen entdeckt, das wissenschaftlich gar nicht so einfach zu erklären ist. Denn wie Aufnahmen des Hubble-Teleskops der vergangenen Jahre zeigen, hat der Neptun zuletzt praktisch all seine zuvor gut sichtbaren Wolken verloren. Lediglich an seinem Südpol sind noch Wolkenreste zu sehen, die sonstige Atmosphäre präsentiert sich seit 2020 wolkenlos. Verblüffend ist auch, dass sich das Phänomen ab 2019 in einer relativ kurzen Zeit von wenigen Monaten vollzog, wie zusätzliche Aufnahmen des Keck Observatory in Hawaii und des Lick Observatory in Kalifornien beweisen.

Neptun-Aufnahmen der vergangenen Jahrzehnte
Die Aufnahmen des Neptuns zeigen, wie die Wolken ab 2019 weniger werden und dann ganz verschwinden.
NASA, ESA, Erandi Chavez (UC Berkeley), Imke de Pater (UC Berkeley)

Neben der Geschwindigkeit des Verschwindens verlangte auch der Auslöser des Phänomens nach einer Erklärung. Durch die Analyse bekannter Neptun-Aufnahmen der vergangenen drei Jahrzehnte glauben Forschende nun, eine solche gefunden zu haben. Denn offenbar fällt die Wolkenbildung auf dem Neptun mit dem elfjährigen Zyklus der Sonne zusammen, der sich auch auf der Erde bemerkbar macht.

Sonnenzyklus sorgt für Wolken

Während die gesteigerte Sonnenaktivität, an deren Höhepunkt sich das Magnetfeld der Sonne umdreht, sprich der Nord- zum Südpol wird und umgekehrt, auf der Erde zu Satellitenabstürzen, gestörter Kommunikation und anderen Phänomenen wie Polarlichtern in unseren Breitengraden führen kann, bilden sich etwa zwei Jahre nach dem Höhepunkt der ausgesendeten UV-Strahlung der Sonne auf dem Neptun Wolken. Beruhigt sich die Sonne wieder, verschwinden auch die Wolken auf dem Neptun. Da das Phänomen auch bei früheren Zyklen auf den damals gemachten Aufnahmen zu sehen ist, gehen die Forschenden von einem direkten Zusammenhang aus.

Wolken auf dem Neptun und der Sonnenzyklus
Neptunwolken vs. Sonnenzyklus: Nimmt die UV-Strahlung zu, bilden sich zeitverzögert auf dem Neptun Wolken.
NASA, ESA, LASP, Erandi Chavez (UC Berkeley), Imke de Pater (UC Berkeley)

Die vermutete Korrelation ist insofern überraschend und laut Ansicht der Forschenden "unerwartet", als der Neptun etwa 30-mal weiter weg von der Sonne ist als die Erde und gerade einmal 0,1 Prozent unserer Sonnenintensität abbekommt, wie die Nasa ausführt. Offenbar dürfte die gestiegene UV-Strahlung am Höhepunkt des Sonnenzyklus aber stark genug sein, um photochemische Prozesse auf dem Neptun in Gang zu setzen, die zeitverzögert zur Wolkenbildung führen.

Auch wenn es laut den analysierten Aufnahmen unbestritten ist, dass mehr Sonnenstrahlung auf dem Neptun, die den Planeten in hellerem Licht erscheinen lässt, mit stärkerer Wolkenbildung korreliert, bleiben doch noch einige Fragezeichen. Unklar ist etwa, wie stark die "Jahreszeiten" auf dem Neptun derartige Wetterphänomene wie Wolken, aber auch die ebenfalls verzeichneten riesigen Stürme, beeinflussen. Wie auf der Erde geht man von vier Saisonen aus, die alle jedoch jeweils 40 Jahre dauern.

Auch Neptun hat Ringe

Die Forschenden wollen die Wetterphänomene des blauen Eisgiganten in den kommenden Jahrzehnten folglich genau im Auge behalten. Neue Erkenntnisse könnte auch das James Webb Telescope liefern, das vor etwa einem Jahr mit einem beeindruckenden Foto aufwarten konnte. Die Aufnahme zeigt das Ringsystem des Neptuns in der besten bisherigen Auflösung.

Neptun und seine Ringe, vom James-Webb-Teleskop festgehalten.
Neptun und seine Ringe, vom James-Webb-Teleskop festgehalten.
IMAGO/ZUMA Wire

Da der Schnappschuss mit der Infrarotkamera an Bord gemacht wurde, erscheint der eigentlich blaue Planet dabei in einem milchigen Grau. (Martin Stepanek, 21.8.2023)