Der Rudolfschacht in Bad Bleiberg mit Halden von taubem Gestein,
So sah es einst aus in Bad Bleiberg. Blick von der Mühle auf den Rudolfschacht mit Halden von taubem Gestein, das Bergleute aus den Stollen befördert und abgelagert haben.
Kulturverein Bad Bleiberg

Glück auf", sagt der Bürgermeister, so wie andere Guten Morgen, Guten Tag, Servus oder Ciao sagen. Und das, obwohl Christian Hecher mit Bergbau nichts am Hut hat, auch nie etwas am Hut hatte. Außer dass der 40-Jährige seit mittlerweile acht Jahren einer Gemeinde vorsteht, in der sich früher alles um den Bergbau gedreht hat.

Einmal Bergbau, immer Bergbau, ist man geneigt zu sagen angesichts der Tradition, die in Bleiberg so stark verwurzelt ist, als habe es nie einen Schnitt gegeben. "Auch in der Schule grüßt man mit Glück auf. Das war früher so und ist heute nicht anders", weiß Kurt Sternig. "Unten beim Spar, in der Kirche und im Gasthaus auch", deutet der mittlerweile pensionierte frühere Mitarbeiter der Bleiberger Bergwerksunion (BBU) vom Stollenwanderweg in Richtung Ortszentrum.

Gruß der Bergleute

Glück auf, das ist der Gruß der Bergleute. Er enthält den Wunsch, der Bergmann möge nach einer Schicht wieder gesund und heil aus dem Berg kommen. Häufig war das der Fall, manchmal auch nicht. Frauen kamen nie aus dem Berg, sie durften erst gar nicht hinein. Das bringe Unglück, hat es geheißen.

Und so sieht es heute aus in Bad Bleiberg. Wo früher Halden von taubem Gestein lagen, stehen heute das Vivea Gesundheitshotel (dicht dahinter sind auch Teile des Bergbaumuseums beim Eingang zum Rudolfschacht zu sehen), im Vordergrund das Berg Bleib F. X. Mayr Retreat Hotel.
Fatzi

Heute ist das anders. Auch Frauen dürfen in die Bleiberger Stollen, von denen es Tausende gab. "Knapp 2000 mussten gesprengt werden. Das war eine Auflage der Behörden damals", sagt Sternig. Mit "damals" meint der ausgebildete Elektriker 1993, das Jahr der Schließung des Bergbaus. Er war verantwortlich für die Hochspannungsstromversorgung in den Stollen. Sternig: "Die Schließung war ein Schock für das ganze Tal."

Landkarte mit Bad Bleiberg
Bad Bleiberg liegt auf knapp 1000 Meter Höhe im Süden Kärntens.

Das bestätigen alle, mit denen man spricht und die sich an die Zeit vor 30 Jahren erinnern können. Viele Familien lebten vom Geld, das der Vater, der Sohn und meist auch dessen Sohn verdienten – und davor schon der Großvater und Urgroßvater. Sternig ging zur Kelag bzw. wurde vom Kärntner Landesenergieversorger mitübernommen, als dieser den Auftrag erhielt, die 42 Hochspannungsstationen unter Tage abzuwickeln. Viele kamen bei Infineon in Villach unter, andere pendelten in andere Orte mit größeren Gewerbebetrieben oder Industrie aus. Bauern gab und gibt es so gut wie keine, auch im Nebenerwerb nicht.

Blick auf den Eingang zum Stollenwanderweg in Bad Bleiberg
Kurt Sternig, ehemals Beschäftigter der Bleiberger Bergwerksunion, am Ausgangspunkt des Stollenwanderwegs in Bad Bleiberg, links und rechts sogenannte Hunde, mit Gestein beladene Materialwägen.
Günther Strobl

Für Viehzucht gab es zu wenig Gras zwischen dem Gestein, das mit Materialwägen, sogenannten Hunden, aus dem Berg geholt wurde. Nur Blei, später auch Zink waren gefragt, der Rest blieb liegen. Die einzigen Vierbeiner waren Ziegen. Mit den Fellen der genügsamen Tiere haben Bergleute schon vor Jahrhunderten Gestein, das sie dem Fels mühsam abgerungen haben, aus dem Berg gezogen.

"Zwei Zentimeter pro Schicht, schneller ging das nicht", sagt Michael Grafenauer. "Erst mit Aufkommen des Schwarzpulvers ab 1710 ging es mit dem Vortrieb zügiger voran." Grafenauer war selbst Bergmann, arbeitete eine Zeitlang als Sprengmeister, machte dann in Leoben die Ausbildung zum Steiger.

Steiger? Das sei im Berg das, was am Bau der Vorarbeiter sei. Als Chef von 35 bis 40 Bergleuten sei er, Grafenauer, von 1983 bis zur Schließung 1993 verantwortlich gewesen für den Abbau in einem Revier.

Thermalwasserfund 1951

Es war im Jahr 1951, dass etwas eintrat, das Jahrzehnte später eine schicksalhafte Wende möglich machen sollte – weg von Staublunge, Höllenlärm und anderen gesundheitlichen Gefahren im Berg hin zu einem gesundheitsbetonten Tourismus. Mit Thermalwasser gegen alle möglichen Leiden und Heilstollen, die insbesondere Allergikern Erleichterung bringen.

Am 9. März 1951 wurde wie üblich gesprengt und gebohrt, bis ein Stollen plötzlich in 641 Meter Tiefe mit Wasser volllief. Die Bergleute vor Ort hatten Mühe, sich in Sicherheit zu bringen, fluchten, was das Zeug hielt, arrangierten sich dann aber mit der Situation. Teilweise arbeitete man in den Monaten und Jahren danach bis zur Hüfte im Wasser. "Niemand wurde deswegen krank, es war 29 Grad warmes Wasser", sagt Georg Kandutsch. "2800 Liter pro Minute, eine feste Schüttung."

Das Innere des Bergbaumuseums in Bad Bleiberg mit Vitrinen und Marmorboden.
Georg Kandutsch, Projektleiter des Bergbaumuseums Bad Bleiberg, vor einer Vitrine mit Ausstellungsstücken.
Günther Strobl

Kandutsch ist Geologe, Mineraloge und Projektleiter des Bergbaumuseums in Bad Bleiberg. Untergebracht ist das Museum in einem denkmalgeschützten Gebäude, in dem früher die Tischlerei für die Grubenhölzer ihren Platz hatte und das wohl auch als Umkleideraum für die Knappen diente. Der Boden ist ausgelegt mit Krastaler Marmor und Serpentin* aus Osttirol. "Damals hatte man offenbar noch Geld genug", sagt Kandutsch. Selbst vor der Schließung seien von der BBU noch Millionen Schilling, nicht Euro, in die Automatisierung des Betriebs gesteckt worden. Das änderte aber nichts daran, dass Jahr für Jahr viel Geld verbrannt wurde, zumal auch der Bleipreis immer tiefer in den Keller ging.

Wozu das Blei? "Das war früher ein Hilfsmittel, um Gold oder Silber aus dem Kupfererz herauszuholen", sagt Geologe Kandutsch. "Die Gasteiner hatten für ihre Goldminen wenig bis gar kein Blei. Deshalb haben sie das hier in Bleiberg gekauft und dort verhüttet."

Eine Holzrutsche in den Stollen
Michael Grafenauer, Betriebsleiter der Terra Mystica in Bad Bleiburg, auf der Holzrutsche nach unten. Früher hatten Bergleute ein "Arschleder" dabei, um den Allerwertesten vor Verletzungen zu schützen.
Günther Strobl

"Heute sind die Hotels, die gebaut wurden, ein Segen für das Tal", sagt der pensionierte Sprengmeister und Steiger Grafenauer, der nach Schließung des Bergbaus zwei Schaustollen inszeniert hat: Terra Mystica und Terra Montana. Geschäftsführerin ist mittlerweile Tochter Janine. Vater Grafenauer macht die Betriebsleitung und streift sich dabei gerne die schwarze Bergmannsmontur über. Sie hat insgesamt 29 Knöpfe, was an das Alter der Heiligen Barbara erinnern sollte, der Schutzpatronin der Bergleute, als sie starb. Die drei oberen Knöpfe müssen offen bleiben. Grund: Die Heilige Barbara wurde drei Jahre in einem Turm gefangen gehalten, ehe sie von ihrem eigenen Vater umgebracht wurde.

Gesundheitskompetenz als Stärke

Das Vivea-Gesundheitshotel und das Bleib-Berg-F.-X.-Mayr-Retreat, das darmschonende Kuren, aber auch Therapien gegen Schlafstörungen anbietet, sorgen gemeinsam für 140.000 Nächtigungen im Jahr. Das Bleib Berg ist besser bekannt unter dem Namen Humanomed. Dies deshalb, weil der frühere Bleibergerhof von ebendieser Gruppe, die auch das Kur- und Rehazentrum Althofen betreibt, übernommen und neu positioniert wurde.

Hoteldirektorin Andrea Leitner, fotografiert im Bleib Berg F. X. Mayr Retreat Hotel in Bad Bleiberg
Andrea Leitner, Direktorin des Bleib Berg F. X. Mayr Retreat Hotel in Bad Bleiberg.
HUMANOMED

Hoteldirektorin Andrea Leitner hat große Pläne. Sie möchte 2024 mit einem Gesundheitsforum starten. "Auch wäre es schön, wenn es ein, zwei Gesundheitsanbieter mehr geben würde. Ideal wäre ein Physiotherapiezentrum. Das würde die Gesundheitskompetenz von Bad Bleiberg zusätzlich stärken", sagt Leitner.

Gemeindeamt Bad Bleiberg mit Bürgermeister Christian Hecher im Vordergrund
Bürgermeister Christian Hecher (Unabhängige Liste Bleiberger Tal) vor dem Gemeindeamt in Bad Bleiberg.
Günther Strobl

Bürgermeister Hecher, der aus den Reihen der Unabhängigen Liste Bleiberger Tal (ULB) stammt, hätte nichts dagegen. Der Gesundheitstourismus sei wichtig für Bad Bleiberg und seine rund 2200 Einwohner. Er hat noch eine andere Vision: ein Thermalwasserteich im Ort in Verbindung mit einer Wärmepumpe und einem Energiekonzept, um auch der Bevölkerung heilendes Wasser zur Verfügung stellen zu können. Glück auf. (Günther Strobl aus Bad Bleiberg, 19.8.2023)