Donald Trumps Privatflugzeug
Donald Trump wird sein Privatflugzeug zwischen Wahlkampf und Anklagebank wohl besonders häufig nutzen.
IMAGO/Thomas P. Costello

Stolze 32 Jahre ist sie alt, aber im kommenden Jahr wird sie noch einmal ordentlich gefordert: Jene Boeing 757 mit vergoldeten Kloarmaturen, Badezimmer und Schlafräumen, die Donald Trump seit 2011 sein Eigen nennt. Das "Trump Force One" genannte Privatflugzeug im Megaformat wäre angesichts des Wahlkampfs ohnehin im Dauereinsatz. Doch kommendes Jahr werden tausende Extrakilometer dazukommen. Dann nämlich wechselt Trump zwischen Kampagne und Anklagebank – teils vermutlich im Tagestakt. Ob die Prozesse die Chancen auf eine Rückkehr ins Weiße Haus nun erhöhen oder senken, ist ungewiss. Klar ist aber, dass sie auf die Kampagne massiven Einfluss haben werden. Ein Überblick.

Video: Trumps Justizprobleme: Welche Anklage wird ihm gefährlich?
AFP

Herbst

Es könnte der erste große Auftritt Trumps nach der Sommerpause werden – und kein besonders ruhmreicher: Am 5. September soll der einstige Präsident vor einem Gericht in Atlanta, der Hauptstadt Georgias, erscheinen – zumindest dann, wenn der zuständige Richter dem Terminansuchen von Staatsanwältin Fani Willis stattgibt, die an diesem Tag die Anklageverlesung abhalten will.

Trump würde vor dem Gericht gewissermaßen in Begleitung auftreten. Mit ihm sind 18 weitere Personen angeklagt. Sie sollen, so die Anklage, gemeinsam mit dem Ex-Präsidenten einer kriminellen Vereinigung angehört haben – mit dem Ziel, das Wahlergebnis der US-Präsidentenwahl 2020 im Bundesstaat Georgia umzudrehen. Gewonnen hatte damals Joe Biden, Trump wollte dies nicht anerkennen und forderte unter anderem Regierungsmitglieder dazu auf, weitere Stimmen für ihn zu finden. Gleichzeitig arbeiteten er und seine Gehilfen daran, eine Liste von "falschen Wahlleuten" zu erstellen, die statt der echten Gesandten des Bundesstaates ihre Stimmen abgeben sollten – für Trump statt für Biden.

Winter

Es ist ein erster von vielen Auftritten vor Gericht – und einer, der einiges an Vorbereitung brauchen wird. Dies nicht zuletzt, weil Verfahren in Georgia öffentlich sind – Trump also coram publico aussagen wird. Zugleich muss er sich aber auf andere wichtige Termine vorbereiten. Denn im November und Dezember ist auch der Wahlkampf bereits im vollen Gange.

Spätestens dann werden die Kandidatinnen und Kandidaten um die republikanische Nominierung durch die Bundesstaaten Iowa und New Hampshire tingeln – relativ einwohnerarme Gebiete, in denen es auch darum geht, möglichst viele Hände zu schütteln. Ziel der Wahlstrategen ist es, dass die Kandidierenden zumindest einmal live vor allen möglichen Wählerinnen und Wählern auftreten. Wird das Trump möglich sein?

Trump auf Anklagebank im August in Washington
Trump als Angeklagter (hier im August in Washington) wird 2024 ein häufiges Bild sein.
AP/Dana Verkouteren

Am 15. Jänner wird zum ersten Mal wirklich gewählt. Dann steht der Iowa Caucus auf dem Programm – Treffen von Parteimitgliedern, die bei Wahlversammlungen Konsens über ihre favorisierten Kandidaten finden sollen. Sie werden aus Trumps Sicht negative Bilder im Kopf haben, wenn ein weiterer Termin hält: Denn am 2. Jänner soll in Washington jener Prozess gegen Trump stattfinden, der auf Erkenntnissen von Sonderermittler Jack Smith beruht. Dieser will dem Ex-Präsidenten eine Mitschuld am Sturm radikaler Anhänger auf das Kapitol vom 6. Jänner 2021 nachweisen.

Frühling

Ob Trump, der aktuell in den Umfragen deutlich führt, bis dahin an TV-Diskussionen teilnehmen wird, ist unklar. Sollte seine Kampagne allerdings noch ins Straucheln kommen, wären Jänner und Februar gute Gelegenheiten dafür. Denn danach wird sowohl die Zeit als auch die Leerstellen auf Trumps juristischem Terminkalender knapp.

Nach vereinzelten Vorwahlen, die sich im Februar durch kleinere Bundesstaaten ziehen, folgt am 5. März jener Tag, an dem sich das Schicksal der republikanischen Vorwahl vermutlich entscheidet: der Super Tuesday mit Wahlen in insgesamt 15 Bundesstaaten. Allerdings könnte es direkt davor den nächsten Dämpfer für den Ex-Präsidenten geben. Denn Staatsanwältin Fani Willis hat just für den 4. März den Beginn des Prozesses rund um Trumps Wahlfälschungsversuche in Georgia beantragt. Ob ihrem Wunsch stattgegeben wird, steht aber nicht fest – Trumps Verteidigungsteam fordert einen Termin im Jahr 2026.

Sommer

Gewinnt Trump am Super Tuesday, ist ihm die Nominierung wohl nicht mehr zu nehmen. Das gilt auch dann, wenn er nur knapp vorn liegen sollte: Die meisten republikanischen Vorwahlen funktionieren nach dem "Winner takes all"-System. Auch wer nur knapp voran ist, gewinnt alle Delegierten aus dem jeweiligen Staat. Gelingt dies Trump, ist er der Kandidat.

Er kann sich dann auf den Parteitag der Republikaner vorbereiten, auf dem er offiziell nominiert werden soll. Termin und Ort dafür gibt es schon: Es ist der 15. bis 18. Juli in Milwaukee. Zwischen Trumps Sieg und diesem Datum könnten zwei weitere Prozesse beginnen, sofern die Plandaten halten: jener um Schweigegeld an Pornodarstellerin Stephanie Clifford (Stormy Daniels) am 25. März und jener zu den von Trump versteckten Geheimdokumenten am 20. Mai.

Danach starten der Intensivwahlkampf und Reisen durch Swing-States und das ganze Land. Für Trump wird das mit vielen Auftritte vor Gericht durchzogen sein, zumindest jene in Atlanta werden auch öffentlich ablaufen. Wann genau sie stattfinden, lässt sich noch nicht seriös vorhersagen.

Herbst

Zumindest eine Koordinationsaufgabe könnte ihm und seinem Team aber erspart bleiben: das Anberaumen von TV-Diskussionen, wie sie ansonsten traditionell im September und Oktober vor der Wahl stattfinden. Wie US-Medien berichten, gibt es nicht nur im Lager Trumps dagegen Vorbehalte, sondern auch in jenem Bidens. Es könnte also sein, dass 2024 das erste US-Wahljahr seit 1960 ist, in dem es keine öffentliche Diskussion zwischen beiden Kandidaten gibt. Seine allgemeine Bereitschaft, auf TV-Debatten zu verzichten, hat Trump ja schon jetzt mit dem Verzicht auf die erste Vorwahldebatte der Republikaner deutlich gemacht.

Nächster Stichtag ist damit der 5. November: der Tag der US-Präsidentschaftswahl. Was danach passieren könnte, bleibt höchst unklar. Vor allem für den Fall, dass Trump gewinnt. Ein Urteil vor dem Wahltag ist terminlich unwahrscheinlich. Aber selbst, wenn Trump zu Haft verurteilt wird, stünde kein Gesetz seiner Wahl zum Präsidenten entgegen. Begnadigen könnte er sich danach aber nur in jenen Fällen, in denen er nach Bundesrecht verfolgt wird (das ist der zum 6. Jänner und jener zu den Geheimdokumenten).

Aber ist eine Präsidentschaft aus der Haftzelle realistisch? Und könnte Trump von dort aus seinen verfassungsmäßigen Amtspflichten nachkommen? Fragen, deren Beantwortung man in der Realität vielleicht nicht erleben will. Es wird an den Wählerinnen und Wählern liegen, das zu verhindern. (Manuel Escher, 21.8.2023)