Viel ist von der Impfgegnerpartei MFG nicht mehr zu hören. Schafft sie es in die Medien, dann geht es meist um interne Streitereien, prominente Abgänge sowie ausbleibende Wahlerfolge. Letzteres ist hauptsächlich ein Verdienst der FPÖ. Die Freiheitlichen haben der MFG einfach die Show gestohlen, indem viele Positionen mehr oder weniger übernommen wurden. Zudem zeigte sich freiheitliches Spitzenpersonal bei Corona-Demonstrationen und schwang dort Reden. Aktuell verfügt MFG – der Parteiname ist eine Abkürzung für "Menschen – Freiheit – Grundrechte" – lediglich in Oberösterreich über nennenswerte Strukturen, nachdem sie 2021 mit 6,23 Prozent in den Landtag eingezogen war. Von Oberösterreich aus wird die Partei auch geführt, Parteichef Joachim Aigner sitzt im Linzer Landtag. Er hat den Wiener Michael Brunner im Februar dieses Jahres abgelöst, der bei der Präsidentschaftswahl 2022 ein eher bescheidenes Ergebnis einfuhr.

Kaum Unterschiede zur FPÖ

Neben den Klassikern Impfung und Corona versucht die Partei fast schon krampfhaft neue Themenfelder zu besetzen, um sich breiter aufzustellen. So tritt sie für die Legalisierung von Cannabis ein, stellt die Frage in den Raum, ob das Wetter manipuliert werden könne, oder macht gegen die "Migrationsflut" Stimmung. Die Neutralität Österreichs wird beschworen; Parteimitglieder tauchen bei Kundgebungen in Wien auf, bei denen auch russische Fahnen wehen. Auf dem Telegram-Kanal der Partei werden Beiträge von den rechten Medien "Auf1" und "Report24" geteilt, die für die Verbreitung von Verschwörungserzählungen bekannt sind. Viele Unterschiede zur FPÖ sind nicht auszumachen, lediglich in einigen gesellschaftspolitischen Themen gibt es andere Positionen.

MFG
MFG-Parteichef Aigner auf der Suche nach neuen Themenfeldern.
Screenshot

Wenig überraschend ist Parteichef Aigner zur Stelle, wenn es gegen die Freiheitlichen geht. Genauer gesagt, gegen die unmittelbare Konkurrenz – die oberösterreichische FPÖ. Diese hat vor wenigen Wochen einem "Aktionsplan gegen Extremismus" zugestimmt, nachdem zuvor eine Bande krimineller Neonazis und Rocker von den Sicherheitsbehörden hochgenommen worden war. Bei der Gruppe wurden zahlreiche Waffen und eine beachtliche Menge Drogen gefunden.

Bei insgesamt 13 Hausdurchsuchungen wurden am 26. Juni Waffen und Drogen sichergestellt.
APA/BMI

Die Palette der im Aktionsplan erwähnten Maßnahmen reicht von Lehrveranstaltungen und Workshops in Schulen über Jugend- und Sozialarbeit, Elternberatung bis hin zu diversen Kursen für Migranten – Sprachkurse ebenso wie beispielsweise ein Kooperationsprojekt für ein Vermittlungsformat für Asylwerbende in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen.

Auch sollen Rechtsextremen, wie den Identitären und ihr nahestehenden Vereinen, aber auch den Burschenschaften, keine Räumlichkeiten des Landes für Veranstaltungen oder sonstige Aktivitäten zur Verfügung gestellt werden dürfen. Wer extremistisch ist, beruht auf einer Einschätzung des oberösterreichischen Verfassungsschutzes. Und dieser beobachtet "mit Sorge das Zusammenfinden von rechtsextremer und teils gewaltbereiter Corona-Maßnahmen-Gegner-Szene", wie im Aktionsbericht zu lesen ist.

Schutzmacht FPÖ

In der rechtsextremen Szene Oberösterreichs hat die Zustimmung der Freiheitlichen für Erregung und wütende Artikel gesorgt. Zur Beruhigung meldete sich FPÖ-Bundespartei-Generalsekretär Christian Hafenecker zu Wort und kritisierte in dem rechtsextremen Blatt "Info Direkt" das Vorgehen der oberösterreichischen Parteikollegen. Schließlich sieht sich die FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl als eine Art Schutzmacht des Milieus. "Info-Direkt" gilt als ein Sprachrohr des rechtsextremen Lagers, in dem Alt-Neonazis ebenso zu Wort kommen, wie Identitäre oder AfD- und FPÖ-Politiker.

Kritik an der Zustimmung zum Aktionsplan kam aber auch von der MFG. "Auf welchem Trip befindet sich eigentlich die FPÖ in Oberösterreich?", wurde in einer Aussendung gefragt. Die Freiheitlichen hätten einem Aktionsplan zugestimmt, in dem "vor allem jene Menschen, die berechtigt gegen die überzogenen Corona-Maßnahmen aufgestanden sind, ins Radikalen-Eck gestellt werden", heißt es weiter. Das steht nicht im Aktionsplan, aber derartige Aussagen kommen gut an. Schließlich wollen jene, die mit bekannten Neonazis und Identitären marschieren, als "normale Menschen" gesehen werden.

Veranstaltung mit Sellner

Auch wenn der Aktionsplan schon vor mehr als einem Monat beschlossen wurde, ist die Aufregung bei den (möglicherweise) Betroffenen weiterhin groß. "Info-Direkt" lädt diese Woche zu einer Podiumsdiskussion nach Ried, bei der über den Aktionsplan geredet werden soll. Als Stargäste unter den Diskutanten werden Identitären-Chef Martin Sellner, der FPÖ-Politiker Johannes Hübner und MFG-Obmann Joachim Aigner angekündigt. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenpflichtig, eine Karte kostet mehr als 18 Euro.

Sellner gilt als eines der bekanntesten Gesichter der Szene, er verbreitet permanent rassistische Verschwörungserzählungen im Netz und verunglimpft das Gedenken an die Opfer der Nationalsozialisten als "Schuldkult". Die Identitären werden vom Staatsschutz überwacht, da aus ihrem Umfeld immer wieder Straftaten begangen werden.

MFG-Aktivisten und -Aktivistinnen bei einer Corona-Demonstration in Wien.
Foto: Markus Sulzbacher

Der gemeinsame Auftritt mit Sellner zeigt, dass Aigner keine Berührungsängste hat. Schon bisher war er gemeinsam mit Rechtsextremen auf Kundgebungen, eine Teilnahme an einer von "Info-Direkt" organisierten Runde ist allerdings neu und kann als Anbiederung gesehen werden. "Info-Direkt" hat bisher Front gegen MFG gemacht und sogar davor gewarnt, die Partei zu wählen, da sie für Abtreibungen sei. In einer Stellungnahme kündigt Aigner an, bei der Veranstaltung eine "klare Abgrenzung von Corona-Maßnahmen-Kritikern zu Rechtsradikalen hervorheben" zu wollen. (Markus Sulzbacher, 23.8.2023)