Schladming/Sigleß/Mistelbach – Drei Tote nach einem Absturz mit einem Geländewagen in der Steiermark, frontaler Zusammenstoß im Burgenland und tödlicher Kleinbus-Unfall in Niederösterreich – vergangene Woche gab es beinahe täglich Nachrichten eines schweren Verkehrsunfalls auf Österreichs Straßen. Mit 15 Toten handelte es sich um die unfallreichste Woche im Jahr 2023, verdeutlichen Zahlen des Innenministeriums. Bloß Anfang Juli, als im Osten des Landes die Sommerferien starteten, gab es ebenfalls 15 Verkehrstote in einer Woche.

Einsatzfahrzeuge und Feuerwehrmänner stehen an einer Unfallsstelle in der Nacht. 
Im Jahr 2023 gab es auf Österreichs Straßen bereits 256 Verkehrstote.
APA/Team Fotokerschi / Schartner

Dass es in den Sommermonaten vermehrt zu tödlichen Verkehrsunfällen kommt, ist kein Zufall, wie die Verkehrspsychologin Marion Seidenberger vom Automobilclub ÖAMTC erklärt. "Gerade im Sommer ist der Tag vollgepackt mit Aktivitäten, beispielsweise im Urlaub. Das kann schnell zur Ermüdung führen", betont Seidenberger. Es ließen in weiterer Folge die Konzentration und die Reaktionsfähigkeit nach, das Unfallrisiko erhöhe sich dadurch enorm. Der Sommer sei mit vielen Outdoor-Veranstaltungen auch jene Zeit, in der sich viele Menschen vermehrt alkoholisiert hinter das Steuer setzen, erklärt die Expertin.

Hitze erhöht Stressfaktor

Auch die Hitze spielt laut Seidenberger eine Rolle. "Die Leute schlafen schlechter, und der Stressfaktor erhöht sich. Das wirkt sich selbstverständlich auf das Autofahren aus", sagt Seidenberger im Gespräch mit dem STANDARD. Oft komme es zur Selbstüberschätzung, "niemand gibt gern zu, dass man erschöpft oder müde ist. Die Personen steigen trotzdem ins Auto, und dann erhöht sich das Risiko für einen Unfall."

Eine zusätzliche Ursache für die hohen Unfallzahlen sei der Reiseverkehr in den Sommerferien. Viele Menschen würden in der Hauptreisezeit stundenlang monotone Strecken auf Autobahnen fahren, und das ohne Pause. "Die Konzentration und Reaktionsfähigkeit nimmt dementsprechend ab", betont Seidenberger.

Vergangene Woche gab es sieben Alleinunfälle, in die nur ein Fahrzeug verwickelt war. Unfallursachen waren laut Innenministerium unter anderem Sekundenschlaf und Ablenkung. Bei einem Unfall auf der Nordautobahn (A5) in Niederösterreich kam etwa ein Kleinkind ums Leben, weil der Fahrer am Steuer eingeschlafen und von der Fahrbahn abgekommen war. Das Kind war außerdem nicht angeschnallt, bestätigte die Polizei. Erst in der Woche davor gab es einen ähnlichen Unfall auf der A5 mit vier Todesopfern, darunter zwei Kinder – ebenfalls verursacht durch Sekundenschlaf.

Auf Körpersignale achten

Die Verkehrspsychologin rät dazu, Körpersignale ernst zu nehmen, um Unfälle zu vermeiden. "Stress, Müdigkeit und viele Aktivitäten an einem einzelnen Tag sind zu vermeiden. Bei der Hitze sollte man außerdem genug trinken und nicht zu lange in der Sonne liegen, bevor man sich ans Steuer setzt", sagt Seidenberger. Anschnallen und die Vermeidung von Alkohol seien ebenfalls wichtig, um das Risiko eines Unfalls zu mindern. Beim Fahren mit Kindern sollte auf einen entsprechenden Kindersitz geachtet werden, und das Auto dürfe nicht zu heiß sein. "Wenn die Kinder auf dem Rücksitz schreien, steigt das Unfallrisiko ebenso an. Deswegen besser im Schatten parken oder auf einen guten Sonnenschutz achten", sagt Seidenberger. Bei langen Fahrten sollten mehrere Pausen eingelegt werden.

Sollte es trotzdem zu einem Unfall kommen, sei es wichtig, umgehend den Notruf zu wählen und Erste Hilfe zu leisten. Für Autofahrerinnen und Autofahrer, die im Stau stehen, ist laut der ÖAMTC-Expertin das Bilden einer Rettungsgasse besonders wichtig.

Hohe Unfallzahlen auch für Schulbeginn zu erwarten

Mit dem baldigen Ende der Sommerferien sei zu erwarten, dass die Unfallzahlen weiter auf einem hohen Niveau bleiben. Viele Menschen sind laut Seidenberger auf dem Rückweg aus dem Urlaub, zudem habe es zu Schulbeginn in den vergangenen Jahren einen Anstieg bei den Unfallzahlen gegeben.

Unfallreich sind traditionell neben dem Sommer auch die Tage rund um Ostern und Pfingsten. In den letzten 30 Jahren gab es allein am Pfingstwochenende beinahe 300 Verkehrstote in Österreich, wie der ÖAMTC bereits im Mai informierte. Seit Jahresbeginn gab es 2023 im österreichischen Straßennetz 256 Verkehrstote. Im Vergleichszeitraum 2022 waren es 269. (Max Stepan, 22.8.2023)