Mit FPÖ-Chef Herbert Kickl kam am Montagabend im ORF-"Sommergespräch" jener Politiker zu Wort, dessen Partei seit Monaten in den Meinungsumfragen führt. Damit verbinde er auch die Hoffnung, "bei den kommenden Wahlen Nummer eins zu werden" und sich danach als "Volkskanzler total dem Souverän zuzuwenden", sagte Kickl im Interview mit Susanne Schnabl.

Wie die beiden "Sommergespräche" mit Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) davor fand das Interview im kargen und eher dunklen Sprechzimmer 23 des Parlaments statt, wo schon so mancher politische Kompromiss ausgehandelt wurde. Der Raum weise den "Charme eines Stasi-Verhörzimmers" auf, kritisierte Kickl. Auch gab er sich einigermaßen nervös. "Das schneiden S' jetzt aber nicht aus dem Interview", monierte er mehrmals.

Moderatorin Susanne Schnabl und FPÖ-Chef Herbert Kickl im Rahmen der Aufzeichnung der ORF TV-Sendung 'Sommergespräche' am Freitag, 18. August 2023, im Parlament in Wien
Nach seiner Politkarriere wolle er vielleicht einmal Journalist werden, sagte Kickl der erstaunten Susanne Schnabl.
APA/ROLAND SCHLAGER

Gastarbeiter, ein "wunderschöner Begriff"

Schnabl startete die Fragenrunde mit dem Thema Personalmangel im Tourismus. Dieser wurzle in der "grundlegend verfehlten Corona-Politik der Regierung", sagte Kickl. Viele Leute hätten der Branche Lockdown-bedingt den Rücken gekehrt. "Das fällt uns jetzt auf den Kopf."

Ob es also mehr Zuwanderung brauche, wollte Schnabl wissen. Wenn, dann aus der EU, antwortete der FPÖ-Chef. Um Menschen von dort auf den heimischen Arbeitsmarkt zu bringen, müsse ihnen aber mehr Netto vom Brutto übrig bleiben.

Einwanderung aus Drittstaaten hingegen kann sich Kickl nur in Gestalt eines erneuerten Gastarbeitermodells vorstellen. "Das ist ein wunderschöner Begriff", sagte er. "Wenn kein Bedarf mehr besteht, können die Leute nach Hause gehen." Das gelte auch für die Pflege, wobei Einwanderung hier "wie auch in anderen Bereichen maximal eine Übergangslösung sein kann". Auf alle Fälle gelte es, die Löhne zu erhöhen. Auch eine Pflegelehre – die die FPÖ schon länger fordert – könne helfen.

Einfrieren der Politikergehälter mit Verfassungsmehrheit

Die negativen Folgen der Teuerung will Kickl mit einem Mindestlohn bekämpfen, der an die Inflation angepasst wird. Es schweben ihm 2.000 Euro brutto vor. Ob er hier nicht – wie der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Dpskozil (SPÖ) – 2.000 Euro netto meine, fragte Schnabl nach. "Auch Doskozil wollte an sich 2.000 Euro brutto sagen, er hat sich aber versprochen und konnte danach nicht mehr zurück", antwortete Kickl.

Einen neuen Vorschlag präsentierte der FPÖ-Frontmann zum Umgang mit den Politikergehältern. Der Nationalrat solle in seiner Sitzung vor Jahresende diese nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf Landesebene einfrieren, schlug er vor. Das kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit zustande kommen. Daher lud er ÖVP und SPÖ ein, einen entsprechenden Antrag zu unterstützen.

Identitäre für Kickl mit Greenpeace gleichwertig

Wenig erfreut war Kickl, als die Rede auf den Umgang der Freiheitlichen mit den rechtsextremen Identitären kam. "Ich hätte mich wetten getraut, dass keine ORF-Sendung ohne diese Frage auskommt", sagte er. Die Identitären seien eine "NGO von rechts". Er schätze sie als gleichwertig mit zum Beispiel Greenpeace ein – "oder auch Global 2000 gegen die Gentechnik".

Unverändert zeigte sich Kickl auch bei seiner Einstellung zum Klimaschutz. Selbst der Klimarat – "so etwas Ähnliches wie die Glaubenskongregation in der ganzen Klimadebatte" – könne keine wissenschaftlich fundierten Aussagen zur Entwicklung des Wetters machen, sagte er. Eine "Komplettumstellung des Systems" würde lediglich die Wirtschaft zerstören und China unterstützen. (Irene Brickner, 21.8.2023)