Gastbeitrag: Elke Berger

Eine junge Frau produziert Seifenblasen
Die wollen alle nicht mehr wirklich leisten? Unsinn.
IMAGO

So gut wie kein Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen verläuft ohne die bange Frage: Wie soll das werden? Da wächst eine Generation heran, die nur mehr eingeschränkt leisten will, die in wenigen Tagen viel verdienen will oder, noch ärger, vielleicht aufs Vielverdienen "pfeift", die wir gar nicht mehr locken können mit Gehalt und Benefits, weil sie eh schon alles haben.

Und da kommt sie, meine Lanze für die Jungen, da kommen meine Echtbilder von den vielen jungen Menschen, die mich zukunftsfroh stimmen.

Ernst genommen werden

Unsere vielen Lehrlinge, die neuen, die gerade gestartet sind, und jene, die schon länger da sind und tolle Jobs machen, die wirklich gutes Feedback der Kunden bekommen. Jene, die fragen, was sie tun können, wo sie beitragen können. Und ja, die sich mit dem Führerschein nach dem Abschluss nur mehr bedingt begeistern lassen, die aber alle mit dabei sind, wenn wir sie einladen, für die Obdachlosenunterkunft Gruft zu kochen, gemeinsam Punsch für den guten Zweck auszuschenken oder Bäume zu pflanzen. Das sind allesamt Aufgaben, die sie allein schwer organisiert bekämen, weshalb sie den Arbeitgeber dafür schätzen, wenn derlei für sie gemeinsam möglich gemacht wird.

Die vielen jungen Menschen, die dankbar – Achtung, ja, das gibt's – die Möglichkeiten annehmen, sich über das rein Fachliche hinaus weiterzubilden, und die Einladungen zu Führungen in anderen Unternehmen, zu Vorträgen und Exkursionen annehmen. Vollzählig und mit voller Aufmerksamkeit dabei.

Wohlwollen, Hilfe und Sinn

Auch die vielen Akademiker, die zu uns kommen, sind so. Und nein, es dominiert nicht nur die Frage nach der Viertagewoche im Interview. Es dominieren vielmehr die Fragen: Hilft mir jemand, wenn ich etwas brauche? Gibt es da jemanden, der auf mich wohlwollend schaut in meiner ersten Zeit? Muss ich Dinge tun, die keinen Sinn machen? Denn das möchte ich nicht.

Sollten wir nicht eigentlich froh sein, auf Menschen zählen zu dürfen, die unsere zahllosen Probleme in Zukunft hoffentlich lösen, indem sie nicht Zeit "verplempern" mit Aufgaben, die "immer schon so waren und getan werden müssen"? Und die, wenn es keinen Sinn ergibt, lieber etwas anderes tun, etwa für die körperliche und geistige Fitness? (Oh, hätten wir derlei vielleicht auch öfter getan …)

Ja, es gibt Herausforderungen im Miteinander mit diesen "neuen" Jungen. Aber Hand aufs Herz – wollten wir geführt werden wie unsere Eltern? Also für mich kann ich das klar verneinen. Ich war deutlich anders als meine Eltern in so gut wie allem und jedem.

So viel Angst vor Neuem?

Warum ängstigt uns das also nun so sehr, wenn die neuen Jungen auch so ganz anders sind? Wie kann das Miteinander gelingen? Die Rezepte sind lange bekannt, allerdings jetzt vielleicht ehrlicher und ganzheitlicher gefordert:

Echtes Zuhören, die Bereitschaft, von abgetretenen Pfaden abzuweichen, sich selbst hinterfragen. Erkennen, dass nicht alles richtig war, was wir getan haben. Also ja, raus aus der Komfortzone und ja, das ist eine Challenge. Zugegeben. Die Konfrontation mit unserem Ich, das vielleicht sogar neidisch auf diese Jungen blinzelt, ist nicht immer angenehm.

Wenn wir diesen Jungen offen begegnen, einräumend, dass wir für das Morgen und Übermorgen auch nicht alle Antworten parat haben, aber bereit sind, diese gemeinsam, mit dem Wissen der "Alten" und der Neugier der „Jungen", wachsen zu lassen, dann wird daraus auch ganz sicher etwas entstehen. Und wir brauchen dieses Entstehen neuer Antworten so dringend. (Elke Berger, 26.8.2023)