Thaksin im Anzug neben seiner Tochter im weißen Kostüm
Thaksin Shinawatra mit seiner Tochter Paetongtarn nach seiner Ankunft in Bangkok.
EPA/RUNGROJ YONGRIT

Bangkok – Wenige Stunden nach der Rückkehr des ehemaligen Regierungschefs Thaksin Shinawatra aus dem Exil hat am Dienstag das thailändische Parlament für Srettha Thavisin als neuen Premierminister gestimmt. Srettha von der Pheu-Thai-Partei hat in einer gemeinsamen Abstimmung im Zweikammerparlament die nötige Stimmenanzahl von 375 erreicht. Der Immobilienmogul ist erst wenige Monate vor den Parlamentswahlen im Mai in die Politik gegangen und kann nun die nächste Regierung zu bilden. Pheu Thai ist die Nachfolgepartei der 2008 verbotenen Partei der Volksmacht (PPP), die ihrerseits aus der 2007 aufgelösten Thaksin-Partei Thai-Rak-Thai (TRT) entstand.

Parlament in Bangkok
Das Parlament in Bangkok stimmte über den neuen Regierungschef ab.
AFP/LILLIAN SUWANRUMPHA

Nach 15 Jahren im selbstgewählten Exil ist Thaksin bei seiner Rückkehr nach Thailand festgenommen worden. Der Milliardär landete am frühen Dienstag in einem Privatjet auf dem Flughafen Don Mueang in Bangkok, wo er von hunderten Anhängern begrüßt wurde. Anschließend wurde er zum Obersten Gericht gebracht, wo er wegen dreier Urteile, die in seiner Abwesenheit ergangen waren, zu acht Jahren Haft verurteilt wurde.

Srettha Thavisin wird neuer Regierungschef
Srettha Thavisin wird neuer Regierungschef
EPA/RUNGROJ YONGRIT

Thaksin ist in mehrere Strafverfahren verwickelt, die er als politisch motiviert betrachtet. Als Schreckgespenst des promilitärischen und royalistischen Establishments Thailands wirft der 74-jährige Medienunternehmer, der das Land von 2001 bis 2006 regierte, immer noch einen langen Schatten auf die Politik in dem Königreich. Seit 2008 lebte Thaksin im selbstgewählten Exil, die meiste Zeit davon in Dubai, um einer Haftstrafe zu entgehen. Er wurde der Korruption und des Machtmissbrauchs sowie der Missachtung der Monarchie beschuldigt.

Politische Beobachter bezweifeln, dass Thaksin viel Zeit hinter Gittern verbringen wird. In Thailand können Verurteilte, die älter als 70 Jahre sind, Bewährung oder eine königliche Begnadigung beantragen. Thaksin wird im Gefängnis aufgrund seiner bestehenden gesundheitlichen Probleme, darunter Probleme mit seinem Blutdruck, seiner Lunge, seinem Herzen und seiner Wirbelsäule, streng überwacht werden, teilten Beamte des Justizvollzugs am Dienstag mit. Bei einer Pressekonferenz wurde berichtet, dass Thaksin wegen seines fortgeschrittenen Alters in einem Flügel mit eigener medizinischer Ausrüstung festgehalten werde, um sicherzustellen, dass er rechtzeitig behandelt werde. Seine Familie werde ihn nach fünf Tagen besuchen können. Auf die Frage zu einer möglichen königlichen Begnadigung sagte der stellvertretende Direktor der Behörde, Sithi Suthiwong, der Prozess dauere "etwa ein bis zwei Monate, wenn die Dokumente ausreichen". Wichtige Verfahrensbeteiligte könnten das königliche Begnadigungsverfahren beantragen. "Wir werden es an den Justizminister übergeben und der Ministerpräsident leitet es an den Geheimen Rat weiter."

Rückkehr kurz vor Abstimmung

Thaksins Rückkehr erfolgte nicht zufällig direkt vor der Abstimmung im Parlament. Die von ihm unterstützte Pheu-Thai-Partei will mit dem Immobilienmagnaten Srettha Thavisin als ihrem Kandidaten an die Macht. Pheu Thai hat zu diesem Zweck ein Bündnis mit elf Parteien geschlossen, darunter auch jene dem Militär verbundene Parteien, gegen die sie bei der Parlamentswahl im Mai noch angetreten war. Pheu Thai hatte sich zuvor von der progressiven Move Forward Party (MFP) losgesagt, obwohl diese als Sieger aus der Parlamentswahl hervorgegangen war.

Eine Thaksin-Anhängerin vor dem Flughafen Don Mueang.
Eine Thaksin-Anhängerin vor dem Flughafen Don Mueang.
AFP/MANAN VATSYAYANA

Bei der Wahl hatten die Bürgerinnen und Bürger einem Jahrzehnt der militärgestützten Regierungen in Thailand eine deutliche Absage erteilt. Die progressive MFP von Pita Limjaroenrat gewann deutlich, doch vor allem die vom Militär ernannten Senatoren blockierten Pitas Ernennung im Parlament. Später übernahm die zweitplatzierte Pheu Thai die Bildung eines Bündnisses, dem seit Montag eine weitere armeenahe Partei angehört.

Hebel der Macht

"Pheu Thai wird einen hohen Preis zahlen", sagte Aim Sinpeng, Politologin an der Universität von Sydney, zum US-Nachrichtenmagazin "Time". "Denn sie haben jahrzehntelang die Haltung vertreten, dass sie nicht mit den alten Eliten zusammenarbeiten werden, und jetzt tun sie es doch." Es war weithin darüber spekuliert worden, dass Thaksins Rückkehr auf einen Deal mit seinen alten Feinden in Militär und Establishment zurückgeht. Thaksin hat dies abgestritten, und die Partei Pheu Thai weist eine Beteiligung ihres Urvaters an den Bemühungen um eine Regierungsbildung zurück. Das Militär putschte nicht nur gegen Thaksin selbst, sondern 2014 auch gegen seine Schwester Yingluck, die ebenfalls ins Exil ging.

"Thaksin Shinawatra mag im Exil gelebt haben, aber die Hebel der Macht waren nie weit von ihm entfernt", analysiert "Time"-Korrespondent Charlie Campbell am Dienstag. "Populistische Parteien, die er unterstützte, hatten seit 2001 jede Wahl gewonnen, nur um immer wieder durch Justiz- und Militärputsche gestürzt zu werden - ein Aufruhr, der von oft tödlichen Straßenprotesten unterbrochen wurde."

Thaksin hatte die Gunst der ärmeren Bevölkerung erobert - auch mit populistischen Maßnahmen wie direkten Geldzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger. Damit hat er das Land gespalten, der Machtkampf zwischen Befürworterinnen und Befürwortern und Gegnern Thaksins dauert an. (red, APA, Reuters, 22.8.2023)