Geld in der Hand eines älteren Mannes
Mehr Geld in der Hand zu haben bedeutet nicht zwangsläufig mehr Kaufkraft: Kleine Pensionen kamen bei den Inflationsanpassungen in den vergangenen Jahren besser weg, höhere schlechter.
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Die Meldung platzte mitten in die Debatte über die jährliche Anpassung der Pensionen an die Inflation: Im Zuge der Teuerungskrise hätten die Altersbezüge "massiv" an Wert verloren, rechnete das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut vor. Auch nach der für 2024 gesetzlich vorgesehenen Erhöhung bleibe die Kaufkraft unter dem Niveau von 2020, bereits erlittene Verluste würden schon gar nicht ausgeglichen.

Das Neos Lab, wie die eigene Mutterpartei auf der wirtschaftsliberalen Seite angesiedelt, will diese Meldung so nicht stehenlassen. Direktor Lukas Sustala zweifelt zwar nicht die von Momentum präsentierten Zahlen an. Doch für ein seriöses Gesamtbild, sagt er, brauche es einen längerfristigen Blick.

Was Sustala meint: Vergleicht man die Entwicklung der Pensionen mit dem Preisanstieg seit 2005, dann fällt die Bilanz positiv aus. Das gilt laut Neos-Rechnung besonders für Ruheständler mit niedrigen Bezügen.

Der Standard Grafik

Konkret betrug die Inflation von 2005 bis zum heurigen Jahr 57,6 Prozent (siehe Grafik). Weil Regierungen für schlechter situierte Menschen aber immer wieder etwas extra zum regulären Teuerungsausgleich draufgelegt haben, stieg die Mindestpension – offiziell Ausgleichszulage – im gleichen Zeitraum um 71,1 Prozent an. Hier stellte sich inklusive Einmalzahlungen also ein beträchtlicher Kaufkraftgewinn ein.

Anders ist das bei Bezügen mittlerer Höhe. Die Medianpension lag zwischenzeitlich zwar ebenfalls über der Inflationsrate, rutscht aber heuer aller Voraussicht nach darunter. Schuld daran ist, dass der jährliche Teuerungsausgleich an in der Vergangenheit liegenden Bemessungszeiträumen gekoppelt ist und somit steigenden Inflationsraten hinterherhinkt.

Allerdings würde sich die Situation mit der gesetzlichen Aufbesserung um 9,7 Prozent im kommenden Jahr wieder umkehren – zumindest dann, wenn die Inflationsrate tatsächlich gemäß der Prognose des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) auf 3,8 Prozent sinkt. In der Langzeitbetrachtung seit 2005 muss laut dieser Rechnung somit auch die Medianpension keinen Kaufkraftverlust hinnehmen: Mit 68,2 Prozent liegt das bis 2024 erreichte Plus etwas über der Inflationsrate von 63,6.

Rütteln am Fixum für Pensionisten

Diese Tatsache dürfe nicht unter den Tisch fallen, wenn die Pensionistenverbände wie üblich Erhöhungen über das vorgesehene Maß hinaus fordern, sagt Sustala. Die Neos sind die einzige Kraft im Parlament, die an den vom Gesetz als Automatismus vorgesehenen 9,7 Prozent für 2024 rüttelt. Die im Vorjahr gewährte, 650 Millionen teure Einmalzahlung gehöre gegengerechnet, fordert die Oppositionspartei. Schließlich gerate der Staat wegen der demografischen Entwicklung ohnehin in immer größere Schwierigkeiten, das öffentliche Pensionssystem zu finanzieren.

Die Kritiker stört überdies, dass die asymmetrischen Erhöhungen der Vergangenheit – mehr für die kleinen, weniger für die großen Pensionen – das Versicherungsprinzip verwässerten: Die Bezüge des obersten Zehntels der Ruheständler, das laut Berechnung des Neos Lab bei 2700 Euro brutto im Monat beginnt, blieben deutlich hinter der Inflationsrate zurück. Das sei nicht nur für die Betroffenen persönlich problematisch, so die Warnung. Werden Pensionsansprüche laufend entwertet, drohe die Leistungsbereitschaft zu sinken – keine guten Aussichten, um den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen.

"Luxuspensionen" im Visier

Tatsächlich müssen manche Seniorinnen und Senioren fürchten, auch heuer nicht die volle Inflationsabgeltung zu bekommen – allerdings nur jene mit den allerhöchsten Bezügen. Eine vage Ankündigung von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) nahm die SPÖ zum Anlass, vorzupreschen. Die größte Oppositionspartei fordert, die 9,7 Prozent nur bis zur monatlichen Höhe von 5850 Euro, der derzeitigen Höchstbeitragsgrundlage in der Sozialversicherung (ASVG), zu gewähren. "Luxuspensionen" darüber bekämen also maximal 567 Euro draufgeschlagen.

Neu ist dieses Prinzip nicht. Bereits im Vorjahr gab es eine Deckelung für Sonderpensionen, wie es sie in staatsnahen Institutionen wie der Nationalbank gibt. Auch diesmal zeichnet sich die nötige Zweidrittelmehrheit für die Idee ab: Neben der ÖVP signalisiert auch die FPÖ Bereitschaft. (Gerald John, 24.8.2023)