Fukushima AKW Meer Einleitung Kühlwasser
Im AKW Fukushima war es im März 2011 infolge eines schweren Erdbebens und darauffolgenden gewaltigen Tsunamis zu Kernschmelzen gekommen.
REUTERS/KYODO

Fukushima – Japan hat mit der umstrittenen Einleitung gefilterten und verdünnten Kühlwassers aus der Atomruine Fukushima ins Meer begonnen. Das gab der Betreiberkonzern Tepco am Donnerstag bekannt. Ungeachtet großer Sorgen unter Fischern und Nachbarstaaten wie China leitete Tepco den ersten Schub an aufbereitetem Wasser in einen hierfür in den Pazifik gebauten, einen Kilometer langen Tunnel ein.

Nach japanischen Angaben ist das unbedenklich, da das gefilterte und stark verdünnte Wasser in puncto Verschmutzung international zulässige Grenzwerte unterschreite. Auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) gab im Juli grünes Licht mit der Begründung, das Wasser entspreche internationalen Standards und die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien "vernachlässigbar".

In Anrainerstaaten stößt das Vorgehen trotzdem auf scharfe Kritik. Sie befürchten, dass das Wasser Lebensmittel verunreinigen könnte. China verurteile das Vorgehen Japans, erklärte das Außenministerium am Donnerstag in Peking. Die Entsorgung des kontaminierten Wassers sei eine wichtige Frage der nuklearen Sicherheit mit grenzüberschreitenden Auswirkungen und keineswegs nur eine Angelegenheit Japans.

China verbietet Import von japanischen Meeresfrüchten

China verbietet den Import von Meeresfrüchten aus zehn japanischen Präfekturen, darunter Fukushima und die Hauptstadt Tokio. Die chinesischen Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau hatten angekündigt, ab Donnerstag ein Importverbot umzusetzen. Japan befürchtet dadurch massive Einbußen, denn China ist größter Importeur japanischer Meeresfrüchte. 2022 wurden Meeresfrüchte im Wert von 600 Millionen Dollar in die Volksrepublik geliefert.

In Südkorea nahm die Polizei in der Hauptstadt Seoul 16 Personen fest, die versucht haben sollen, in die japanische Botschaft einzudringen. Rund 50 überwiegend junge Menschen hatten vor dem Gebäude protestiert. "Das Meer ist nicht der Mülleimer Japans", hieß es auf Transparenten der Demonstranten. "Hört sofort auf, kontaminiertes Wasser ins Meer zu leiten."

Südkorea hatte mitgeteilt, keine wissenschaftlichen Probleme mit dem Vorgehen Japans zu haben. Japan wurde aber aufgefordert, für Transparenz zu sorgen. Südkorea hat allerdings den Import von Fisch und sonstigen Lebensmitteln aus der Region Fukushima bis auf weiteres untersagt.

Radioaktives Isotop wird mit ins Meer geleitet

Im AKW Fukushima Daiichi war es im März 2011 infolge eines schweren Erdbebens und darauffolgenden gewaltigen Tsunamis zu Kernschmelzen gekommen. Die Reaktoren müssen seither mit Wasser gekühlt werden, das in mehr als 1.000 Tanks gelagert wird – inzwischen sind es über 1,3 Millionen Tonnen.

Doch jetzt geht der Platz für die Tanks laut Tepco aus. Zudem drohe eine langfristige Lagerung auf dem Gelände die Stilllegungsarbeiten an der Atomruine zu behindern. Auch könnten Lecks entstehen. Die Verklappung der riesigen Wassermengen wird voraussichtlich etwa 30 Jahre in Anspruch nehmen. Vor der Einleitung in den Pazifik wird das belastete Kühlwasser zwar aufbereitet, das Filtersystem kann das radioaktive Isotop Tritium aber nicht herausfiltern.

Tepco verdünnt das Wasser daher so weit mit Meerwasser, dass die Tritiumkonzentration auf 1.500 Becquerel pro Liter sinkt, was dem Betreiber zufolge weniger als einem Vierzigstel der nationalen Sicherheitsnorm entspricht.

Fischereibehörde kündigt Tests an

Japans Fischereibehörde will über die nächsten vier Wochen hinweg jeden Tag Meeresfrüchte auf radioaktives Tritium hin untersuchen. Die Testergebnisse sollen innerhalb von zwei Tagen veröffentlicht werden. Die Proben werden an zwei Stellen in einem Gebiet mit einem Radius von zehn Kilometern um die Atomruine herum genommen. Japans Fischer meiden bereits freiwillig Fanggründe in dieser Entfernung zur Atomanlage. Sie lehnten die Verklappung des Kühlwassers im Ozean bis zuletzt ab.

Seit dem Super-Gau 2011 versuchen die Fischer, sich von den Geschäftseinbußen durch das Desaster zu erholen. Nun befürchten sie, dass der Ruf ihrer Meeresprodukte erneut beschädigt wird.

Fachleute verweisen indes darauf, dass die Ableitung belasteten Kühlwassers aus Atomkraftwerken weltweit Routine ist. Kritiker halten dagegen, dass es sich im Falle Fukushimas um kein normal funktionierendes AKW handle, sondern um zerstörte Reaktoren als Zeugnis der schlimmsten Atomkatastrophe seit Tschernobyl 1986. (APA, 24.8.2023)