Die Entscheidung Mitte März folgte auf die Aufhebung einer Verurteilung.
Die Entscheidung Mitte März folgte auf die Aufhebung einer Verurteilung.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Wien/Innsbruck – Das Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) hat am Donnerstag in einer Berufungsverhandlung den in erster Instanz erfolgten Freispruch für den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), Johann Fuchs, bestätigt. Der vollen Berufung der Staatsanwaltschaft – also wegen Nichtigkeit und Schuld – wurde nicht Folge geleistet. Fuchs war Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss vorgeworfen worden.

Fuchs soll laut Anklage im Dezember 2020 Aktenteile einer Anzeige der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen eine ehemalige "Presse"-Redakteurin an den suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek weitergegeben haben. Zudem soll er Pilnacek erzählt haben, dass die Anzeige von der WKStA nicht weiter verfolgt wurde. Andererseits soll Fuchs laut Anklage genau in dieser Sache vor dem Ibiza-U-Ausschuss im März 2021 gelogen haben. Im Sommer 2022 war der Topjurist deswegen schuldig gesprochen worden. Das OLG hob den Schuldspruch aber auf. Die Causa wurde im März daher am Landesgericht Innsbruck neu verhandelt und endete mit einem Freispruch.

Falschaussage vor dem U-Ausschuss

Wie bereits das Landesgericht stellte nun auch das OLG beim Anklagepunkt der Verletzung des Amtsgeheimnisses fest, dass weder private noch öffentliche Interessen durch die Weitergabe der Aktenteile an Pilnacek verletzt worden waren. Dass innerhalb der Justiz eine "unbeeinflusste Entscheidungsfindung oder Stigmatisierung" der Journalistin zu befürchten gewesen sei, sei "nicht feststellbar". Fuchs habe auf die "Verschwiegenheit von Pilnacek vertraut", sagte der OLG-Richter in seiner Urteilsbegründung. Außerdem habe sich Pilnacek für die Einstellung der Anzeige ausgesprochen, "warum sollte er dann noch die Entscheidungsfindung beeinflussen?", fragte er.

Ebenfalls den Feststellungen des Erstgerichts folgte das OLG beim zweiten Anklagepunkt, der Falschaussage von dem U-Ausschuss. Das Landesgericht hatte einen Aussagenotstand gesehen. Der Gegenstand des U-Ausschusses habe sich sehr wohl gegen Fuchs gerichtet - "auch wenn er kein politischer Entscheidungsträger ist", hielt das Höchstgericht nun fest. Dass der OStA-Leiter aussagte, sich nicht mehr erinnern zu können, Aktenteile weitergegeben zu haben, war eine "Verteidigung und nichts anderes".

Oberstaatsanwalt Thomas Willam ortete dagegen sehr wohl die Eignung, öffentliche und private Interessen zu verletzen. Dadurch, dass Pilnacek über die vorbereitete Anzeige Bescheid gewusst habe, hätte eine Gefährdungseignung bestanden, indem Einfluss auf Entscheidungsträger im Justizministerium genommen werden hätte können. Außerdem habe sich das Gericht hinsichtlich der privaten Interessen nur mit jenen der Journalistin auseinandergesetzt aber nicht denen der anzeigenden Staatsanwälte. Diese hätten kein Interesse daran gehabt, dass Pilnacek von der Anzeige erfährt. Hinsichtlich der Falschaussage vor dem U-Ausschuss argumentierte der Oberstaatsanwalt, dass eine Aussage zwar "unangenehm" sei, dies aber keinen Aussagenotstand begründen kann.

Gericht attestiert Aussagenotstand

Verteidiger Martin Riedl wiederum meinte, dass Fuchs während der Befragung im Untersuchungsausschuss "gemerkt und gewusst" habe, dass es "auch gegen ihn" gehe. Spätestens bei der Frage nach seinem Mobiltelefon habe die Gefahr bestanden, "selbst in ein Strafverfahren hineingezogen zu werden". In puncto Amtsgeheimnis verwies er auf das Erstgericht. Die Österreichische Justiz sei unabhängig und lasse sich nicht von Medien beeindrucken.

Das Erstgericht hatte die Weitergabe von Dokumenten über die WKStA-Anzeige gegen die Redakteurin durch Fuchs zwar als "erwiesen" angesehen, ortete aber keine Verletzung öffentlicher oder privater Interessen, die Handlung sei auch nicht dazu geeignet gewesen. Im zweiten Anklagepunkt – der Falschaussage vor dem parlamentarischen U-Ausschuss, wo Fuchs angegeben hatte, sich an die Weitergabe der Dokumente nicht mehr erinnern zu können – stellte das Landesgericht einen sogenannten Aussagenotstand fest. Zum Zeitpunkt der Aussage im Jahr 2021 seien zahlreiche Anzeigen und Suspendierungsaufforderungen von politischen Parteien gegen den Angeklagten vorgelegen, zudem sei ein Ermittlungsverfahren gelaufen. Fuchs hatte die strafrechtlichen Vorwürfe stets vehement bestritten. (APA, 24.8.2023)