Mathias Hopfinger und Andreas Tribsch auf der Überlingalm im Lungau, wo Moore untersucht werden.
Stefanie Ruep

Es sind nur noch wenige Höhenmeter zu Fuß, schon erreichen die beiden Wissenschafter vom Fachbereich Umwelt und Biodiversität die Hochebene auf dem Überling im Salzburger Lungau an der Grenze zur Steiermark. Auf 1700 Höhenmetern thront die alte Hütte mit Lärchenschindeln, zu ihren Füßen liegt ein weites Hochmoor. Der Überling-Höhenzug zählt zu den moorreichsten Landschaften Österreichs: 40 Moore sind auf einer Fläche von 35 Quadratkilometern zu finden.

Der Überling wurde einst von einem Seitenarm des Mur-Gletschers geformt, erklärt Andreas Tribsch. Der Botaniker beschäftigt sich unter anderem damit, wie historische Umweltveränderungen wie Eiszeiten sich in der Vergangenheit auf die Artenvielfalt im Alpenraum ausgewirkt haben. Hier am Überling gebe es Pflanzenarten, die Relikte aus der Eiszeit sind, wie die Zwergbirke, sagt Tribsch.

300 Jahre alte Hütte

Mathias Hopfinger, der zusammen mit seinem Kollegen David Zezula für die Forschungsalmen zuständig ist, trifft sich hier mit dem zuständigen Förster, um die anstehenden Renovierungsarbeiten zu besprechen. Die Überlinghütte gehört den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) und ist wohl rund 300 Jahre alt. In dem Teil der Hütte, den die Uni Salzburg für Forschungsarbeiten und Exkursionen nutzt, gibt es derzeit weder Strom noch eine Heizung. Zumindest Strom soll es in Zukunft geben. Hopfinger will eine Photovoltaikanlage auf das Hüttendach montieren lassen.

Seit 1952 führen Forschende hier Vegetationsaufnahmen durch und untersuchten auch die Algenflora des Gebiets. In den kargen Räumlichkeiten der Forschungsstation zeugen noch Fotos an den Wänden davon. Zum Beginn der Untersuchungen befand sich das Moorgebiet direkt an der Hütte noch in einem schlechten Zustand. Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg dürfte das Moor entwässert, gemäht und später auch beweidet worden sein. Im Zuge eines großangelegten Moor-Renaturierungsprojekts der ÖBf mit der Universität Wien und dem WWF im Jahr 2000 wurde das Moor südöstlich der Überlinghütte als eines von 20 Mooren ausgewählt, renaturiert zu werden.

Auf der Seppalm im Naturpark Riedingtal im Lungau untersucht Andreas Tribsch ein neues Verfahren zur Erhebung der Biodiversität. Statt Insekten zu sammeln, soll nur ihre DNA analysiert werden.
Stefanie Ruep

Die zweite Forschungsstation in der alpinen Kulisse des Lungaus ist die Seppalm im Naturpark Riedingtal. Der alte Bauernhof liegt auf dem Weg zur Schliereralm unterhalb des Mosermandels und ist sogar mit dem Auto erreichbar. Die Station eignet sich auch für längere Aufenthalte: Es gibt fließendes Wasser, Sanitäranlagen, eine Küche und darüber hinaus eine Photovoltaikanlage, die das Forschungszentrum mit Strom versorgt.

Bis zu 20 Personen können auf der Seppalm übernachten. Damit ist sie die größte der Forschungsalmen und auch ein beliebtes Ziel für Exkursionen mit Studierenden. Erst vor vier Wochen war Botanik-Professor Andreas Tribsch mit einer Gruppe Studierender für fünf Tage hier, um einen seltenen Enzian zu suchen. "Das Riedingtal ist vielfältig. Man kommt auch schnell zu naturnahen Seen", sagt Tribsch. So könnten viele verschiedene Geländepraktika durchgeführt werden. Auch würden etwa Geologen in den Niederen Tauern verschiedene Gesteine sammeln und untersuchen.

Messung der Umwelt-DNA

Tribsch selbst hat für die Seppalm aktuell ein neues Forschungsprojekt eingereicht. Der Biologe möchte zusammen mit der landesweiten Forschungsgruppe eine neue Methode zur Erfassung der Biodiversität etablieren mittels Umwelt-DNA und Metabarcoding. Derzeit werden Insekten, um die Artenvielfalt zu ermitteln, noch mit anderen Methoden gefangen. "Das sind Fallen, wo die Tiere auch sterben zum Bestimmen", erklärt der Biologe und zeigt auf ein kleines weißes Zelt auf der Wiese hinter der Seppalm. In die Malaise-Falle gelangen Insekten während eines Flugs in der Wiese. Sie versuchen, dem Licht entgegenzufliegen, und kommen so in den hellen oberen Teil, wo sich am höchsten Punkt ein Gefäß mit hochprozentigem Alkohol befindet, der die Insekten tötet und konserviert. So werden Fliegen, Schwebfliegen, Schnacken, Motten und auch Wespen gefangen, die anschließend bestimmt werden können, erläutert Tribsch. Andere Insekten werden klassisch mit einem Kescher in der Wiese gefangen und dann ebenfalls konserviert, bestimmt und gezählt.

Das soll sich nun ändern: Statt die Insekten zu sammeln, soll künftig nur noch ihre hinterlassene DNA nachgewiesen werden. Zu der gelangen die Wissenschafterinnen und Wissenschafter mit der Methode des Blütenwaschens. Dazu werden fünf Blumensträuße aus der Wiese gepflückt und in destilliertem Wasser gewaschen. Mit einer Spritze werde dann das Wasser aufgezogen und in einen Filter gespritzt, in dem die DNA der Insekten hängen bleibt.

Mathias Hopfinger bei der Malaise-Falle, mit der Insekten gefangen werden.
Stefanie Ruep

Mit molekularbiologischen Methoden können dann im Labor die verschiedenen DNA-Sequenzen ermittelt und mit einer Datenbank verglichen werden, um herauszufinden, welche Insekten sich bereits auf Pflanzen niedergelassen haben, erklärt Tribsch. Aber auch Bodenproben werden genommen und die Diversität der Pflanzen, Moose und Pilze bestimmt.

Insgesamt sollen für das Biomonitoring Flächen an sieben Standorten in Schutzgebieten in Österreich beprobt werden. Beteiligt an dem großangelegten Projekt sind neben der Uni Salzburg auch die Unis Graz und Innsbruck, die Universität für Bodenkultur Wien, der Nationalpark Gesäuse und das Naturhistorische Museum Wien.

Klimastationen

Gleich neben der Insektenfalle steht die Klimastation der Seppalm. Hier werden die Lufttemperatur, die relative Luftfeuchtigkeit, Bodentemperatur, Windrichtung- und Geschwindigkeit gemessen. Eine weitere Klimastation steht auf 2020 Meter Seehöhe auf der Franz-Fischer-Hütte, die als erste vegetarische Alpenvereinshütte bekannt ist, eine weitere befindet sich auf der Jakoberalm auf 1850 Meter Seehöhe. Die Wetterstationen in unterschiedlichen Höhenlagen sammeln bereits seit vielen Jahren detaillierte Klimadaten. Die Seppalm wird seit 2011 in Kooperation mit dem Naturpark Riedingtal betrieben, der Nutzungsvertrag mit der Universität wurde erst vor kurzem verlängert.

Die dritte Forschungsstation der Uni Salzburg liegt im Almgebiet der Sameralm bei Werfenweng in den Kalkalpen. Auch dort werden seit mehr als 50 Jahren Klimaaufzeichnungen in drei Höhenlagen durchgeführt, und auch der menschliche Einfluss auf das alpine Ökosystem wird dort untersucht. (Stefanie Ruep, 27.8.2023)