Eine junge Frau sitzt am Strand von Bali und fotografiert das Meer mit ihrem Smartphone.
Wer Fotos vom Strand in Bali an die Verwandten nach Hause schicken möchte, zahlt im schlimmsten Fall hunderte Euro. Dank E-SIM gehört die Kostenfalle Roaming schon bald der Vergangenheit an.
IMAGO/Addictive Stock/Joy Zamora

60 Euro hat das achtlos verschickte Selfie vom Flughafen Zürich gekostet. Es wäre sogar noch teurer geworden, denn angekommen ist das Foto nie. Der Kostenschutz des Telefonanbieters wurde aktiv und blockierte die weitere Datenübertragung. Hört man sich ein wenig um, dann geht es am Flughafen vielen so. Viele nehmen irrtümlich an, die Schweiz sei Teil des EU-Roamingabkommens. Dem ist aber nicht so, deshalb werden satte Gebühren für Auslandsroaming verrechnet – ebenso wie in Großbritannien seit 2021. Ein Mitreisender berichtet von einer Handyrechnung jenseits der 500 Euro, weil die Mama per Videocall angerufen hat und er abhob – der irrigen Annahme, die Eidgenossen seien Teil des Roaminggebiets der EU sei Dank.

Dabei wirken teure Gebühren im Ausland ein wenig aus der Zeit gefallen. Der größte Anbieter Österreichs, A1, verlangt etwa für ein Datenpaket außerhalb der EU 150 Euro. Für 250 Megabyte, wohlgemerkt. Dieses Datenvolumen reicht aus, um ein kurzes Urlaubsvideo per Messenger an die Verwandtschaft zu Hause zu senden. Vielleicht kann man danach sogar noch ein oder zwei Podcasts hören und einige E-Mails verschicken, wirklich üppig ist das Angebot aber nicht – ob das wirklich 150 Euro wert ist, darf angezweifelt werden.

In den beliebten Urlaubsdestinationen der Österreicherinnen und Österreicher bieten die großen heimischen Anbieter zwar Datentarife für den Urlaub an, aber auch das wieder mit einem eher anachronistisch anmutenden Gang zur Trafik samt Zettel und Aktivierungscode verbunden. Wer beruflich oder zum Vergnügen in exotischere Destinationen als kroatische Badeorte reist, hat Pech und bleibt besser offline. Oder doch nicht?

E-SIM kommt endlich in Fahrt

Auftritt: Embedded SIM oder kurz E-SIM. Nach einigen gröberen Startschwierigkeiten scheint der 2018 vorgestellten neuen Technologie endlich der Durchbruch zu gelingen. So sind die meisten einigermaßen modernen Smartphones mittlerweile E-SIM-fähig. Auch viele Telekommunikationsdienstleister haben es nach fünf Jahren geschafft, den Kaufprozess so zu vereinfachen, dass man für die digitale SIM-Karte nicht mehr extra in eine Niederlassung pilgern muss. Die Vorteile liegen auf der Hand: kein nerviges Hantieren mit SIM-Karten, die man im schlimmsten Fall auch noch zurechtschneiden oder -stanzen muss.

Auf den meisten Android-Geräten können fünf bis sieben, bei iPhones mindestens acht, E-SIMs installiert werden. Ein Limit, das die meisten Normalsterblichen wohl nie ausreizen werden. Und selbst wenn sind E-SIMs mühelos deaktivierbar und Platz für eine neue digitale SIM-Karte wird frei.

Für Urlauber und Reisende hat die digitale SIM-Karte den Vorteil, dass man schon vor Reiseantritt Datenkontingente buchen und auf das Smartphone laden kann. Man muss also nicht erst am Zielort einen Kiosk oder Store eines Mobilfunkanbieters aufsuchen.

25 statt 12.000 Euro

Nun will man für eine ein- oder zweiwöchige Fernreise auch wahrscheinlich keinen Vertrag mit einem örtlichen Mobilfunker über ein Jahr abschließen, deshalb gibt es spezialisierte Anbieter, die wochen- oder monatsweise gültige Datenpakete verkaufen. Bei Unternehmen wie Airalo, Holafly oder Alosim kann man meist über eine App E-SIMs für verschiedene Länder oder ganze Kontinente kaufen. Als kleinstes Paket wird meist ein Gigabyte Datenvolumen mit siebentägiger Gültigkeit um rund fünf bis zehn Euro angeboten. Die große Variante mit einmonatiger Laufzeit und 20 Gigabyte Datenvolumen ist bei den meisten E-SIM-Anbietern ab 25 Euro zu haben. Welche Netze die Drittanbieter nutzen, verraten sie nur ungerne. Nur Alosim gibt bereitwillig Auskunft, dass für Österreich gebuchte E-SIMs auf das A1-Netz zurückgreifen.

Je nach Weltregion können die Preise zwar steigen, aber im Vergleich zu herkömmlichem Roaming sind die Pakete der E-SIM-Anbieter immer noch günstig. Würde man Datenmengen von 20 Gigabyte mit einem klassischen Tarif über Roaming verbrauchen, stünde am Ende eine Forderung von rund 12.000 Euro auf der Rechnung.

Mit Red Bull Mobile ist auch ein österreichisches Unternehmen in den Markt um E-SIMs für Reisende eingestiegen. Der Anbieter operiert im Netz von A1 und bietet das Gigabyte innerhalb der EU und den USA um vier Euro an. Die Installation erfolgt über die zugehörige App, die Einrichtung ist der E-SIM ist Angelegenheit weniger Minuten. Datenpakete gibt es für 64 Länder, die zwischen zwei und 25 Euro kosten.

Screenshot der App von Red Bull Mobile Data
Bucht man ein Datenkontingent, erhält man meist einen QR-Code vom Hersteller zugeschickt. Fotografiert man diesen, wird die E-SIM automatisch installiert.
Screenshot Red Bull Mobile Data

Starke Nachfrage aus dem arabischen Raum

Aber auch die österreichischen Mobilfunker beginnen langsam die Vorteile von E-SIM für sich zu nutzen. Mobilfunkanbieter Drei hat die Nische schon im Vorjahr besetzt und ein E-SIM-Angebot im Stil eines Netflix-Abos gestartet. Mit "Up3" kann man um 20 Euro im Monat in Österreich unlimitiert und im EU-Ausland zu den üblichen Konditionen telefonieren und surfen. Die dazugehörige E-SIM kann man per App bestellen. Die Kundschaft aus dem Ausland scheint jedenfalls Gefallen an dem Modell zu finden: "Aufgrund der Urlaubszeit haben wir aktuell sehr viele Neukunden aus dem arabischen Raum und auch den USA", berichtet Unternehmenssprecher Tom Tesch auf STANDARD-Nachfrage.

Im August wurde das tausendste Abo aus Saudi-Arabien abgeschlossen. "Der arabische Raum funktioniert deshalb auch so gut, weil iPhones und damit E-SIMs stark verbreitet sind", erklärt Tesch. In Österreich ist der Spitzenreiter aber ein deutlich günstigeres Modell: Hier greift die Kundschaft auf der Suche nach E-SIM-Support am liebsten zum Samsung Galaxy A54 aus der Mittelklasse.

Aktuell ist nur die Hälfte der Geräte E-SIM-fähig

Drei hat es jedenfalls eilig, E-SIM-fähige Geräte möglichst großflächig in den Markt zu bringen. Im Juli 2023 wurden erstmals 50 Prozent aller neuen Smartphones mit E-SIM-Support verkauft, wie das Unternehmen auf Nachfrage des STANDARD mitteilt. Das soll in Zukunft ändern, weshalb man zur Vermarktung von E-SIM-Geräten zu einer ungewöhnlichen Maßnahme griff: Wer die "Up3" auf einem Gerät installiert, das über keine E-SIM-Funktion verfügt, bekommt automatisch ein Angebot für ein aufbereitetes Smartphone vom österreichischen Anbieter Refurbed, auf dem man digitale SIM-Karten installieren kann.

Bei den anderen beiden großen Anbietern in Österreich, A1 und Magenta, ist das Thema E-SIM noch nicht so weit oben auf der Agenda. Zwar bietet Magenta eine Kaufoption über den eigenen Onlineshop an. Genaue Nutzungszahlen oder die Zahl der Verkäufe von E-SIMs ins Ausland könne man aber nicht nennen.

Ähnlich bei A1: Hier muss man das E-SIM-Profil über den Kundenservice anfordern oder im A1-Shop vorstellig werden. Dass sich E-SIM durchsetzen wird, stehe aber außer Frage, wie Unternehmenssprecher Jochen Ohnewas-Schützenauer im Gespräch mit dem STANDARD erklärt. Offen ist nur, wann es so weit sein wird. Schließlich sei die Kundschaft jahrzehntelang an physische SIM-Karten gewöhnt, da falle der Umstieg nicht leicht. "Wenn ein First-Mover wie Apple aber nur noch iPhones mit E-SIMs herstellt, dann wird es wahrscheinlich ganz schnell gehen", so Ohnewas-Schützenauer.

Eine E-SIM aktivieren: So geht's

Wer es geschafft hat, sich ein Konto bei einem Streaminganbieter oder eine E-Mail-Adresse anzulegen, für den sollte auch die Aktivierung einer E-SIM keine große technische Hürde darstellen. Die meisten vom Mobilfunker vorkonfigurierten Neugeräte erkennen eine E-SIM automatisch. So gehen Sie vor, wenn Sie eine E-SIM nachträglich, etwa im Fall einer Auslandsreise, installieren möchten. Die meisten der erwähnten Anbieter nutzen QR-Codes, um E-SIMs zu aktivieren.

Screenshots des Ablaufs der Aktivierung einer eSIM
So aktiviert man eine E-SIM in iOS.
Screenshots / DER STANDARD / Zellinger

iOS

Screenshots des Ablaufs der Aktivierung einer E-SIM auf einem Android-Smartphone.
Der Vorgang ist mit einem Android-Smartphone sehr ähnlich.
Screenshots / DER STANDARD / Zellinger

Android

In allen oben genannten Varianten muss das Gerät entsperrt, also ohne SIM-Lock, sein. Manche Codes müssen zuerst über die App des jeweiligen Anbieters eingelöst werden, bevor ein QR-Code generiert werden kann. Alle iPhones seit dem iPhone X sind mit E-SIM ausgestattet. Auch Apple Watches ab der Modellreihe 3 beherrschen die Technologie. Google Pixel Smartphones sind ebenfalls ab der 3er-Serie mit E-SIM ausgestattet. Smartphones von Xiaomi (ab 12T), Huawei ab P40 oder Mate 40 Pro, Motorola ab Razr 2019 können ebenfalls mit E-SIMs betrieben werden. Samsung-Geräte sind ab dem Galaxy S20 mit E-SIM kompatibel.

Die Smartphone-Industrie dürfte jedenfalls schon auf das Ende der klassischen SIM-Karte warten, denn Geräte ohne Kartenschlitz sind nicht nur dünner und billiger herzustellen, auch die Nässeschutz-Zertifizierungen werden mit einem Schlag deutlich einfacher zu erreichen, weil eine zusätzliche Öffnung im Gehäuse eingespart werden kann. (Peter Zellinger, 26.8.2023)