SPÖ-Chef Andreas Babler.
Am Montag wurden die Grundzüge des "Babler-Modells" für eine neue Erbschaftssteuer in Österreich bekannt.
APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Am Montag wurden die Grundzüge des "Babler-Modells" für eine neue Erbschaftssteuer in Österreich bekannt. Laut "Tiroler Tageszeitung" soll die Steuer nur für wirklich große Vermögen gelten, 98 Prozent aller Erbschaften wären demnach davon ausgenommen.

Für Schenkungen und Erbschaften bis zu einer Million Euro soll ein Freibetrag gelten. Für geerbte oder geschenkte Vermögen ab einer bis fünf Millionen Euro sollen demnach 25 Prozent Steuer anfallen, ab fünf bis zehn Millionen 30 Prozent. Jenseits von zehn Millionen würde die Erbschaftssteuer nach dem SPÖ-Modell 35 Prozent betragen.

Es soll auch so etwas wie einen "Lebensfreibetrag" geben, in den alle Erbschaften und Schenkungen über einen Zeitraum von 30 Jahren zusammengerechnet werden. Bleibt die Summe unter einer Million Euro, fällt laut Infos des Ö1-"Morgenjournals" keine Steuer an. Damit würden nach Berechnungen der SPÖ nur zwei Prozent der Erbschaften in die neue Steuerregelung fallen. Der große Rest, eben 98 Prozent, würde steuerfrei bleiben. Und dies zur Gänze, denn nach den Plänen von Andreas Babler würde in den Freibetrag auch die bisherige, immer anfallende Grunderwerbsteuer einberechnet.

Grunderwerbsteuer fällt weg

Diese Steuer sei derzeit nämlich die "Erbschaftssteuer für Häuslbauer", weil sie bei jeder Übertragung von Immobilien fällig wird, argumentiert die SPÖ. Die entsprechenden Steuersätze liegen zwischen einem halben und 3,5 Prozent. Wer etwa sein Haus im Wert von einer Million Euro vererbt, zahlt gegenwärtig rund 25.000 Euro Grunderwerbssteuer. Im "Lebensfreibetrag" der SPÖ würde sie wegfallen.

Bei Betriebsübergaben an Erben soll nach den Überlegungen der SPÖ das deutsche Modell angewendet werden. 85 Prozent des Betriebsvermögens werden demnach nicht besteuert, vorausgesetzt der Betrieb wird mindestens fünf Jahre weitergeführt und die Mitarbeiter werden weiter beschäftigt.

Sollte etwa ein Betrieb im Wert von zehn Millionen Euro vererbt werden, würden nur 15 Prozent davon besteuert werden. Also 1,5 Millionen Euro. Davon wird eine Million Freibetrag abgezogen. Bleiben 500.000 Euro, die zu 25 Prozent besteuert werden. Macht unterm Strich 125.000 Euro Erbschaftssteuer. An einer Besteuerung von Substanzvermögen arbeitet die SPÖ derzeit noch. Diese ist wesentlich komplizierter und auch politisch um einige Grade brisanter.

Wirtschaftsbund kritisiert SPÖ-Vorschlag

Der Wirtschaftsbund übte Kritik am vorgestellten "Babler-Modell".´Es habe den Anschein, dass die SPÖ versuche, die KPÖ links zu überholen. Neue Steuern zu fordern, zeige die Kaltschnäuzigkeit, mit der SPÖ-Chef Andreas Babler und Co gegen Leistungsträger und mittelständische Unternehmen vorgehen wollten.

Auch der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria reagierte skeptisch. Dessen Leiter Franz Schellhorn spricht von Symbolpolitik. Das "Höchststeuerland" Österreich brauche keine neuen Steuern. Wer eine gleichere Vermögensverteilung wünsche, müsse den Vermögensaufbau fördern.

SPÖ und FPÖ berufen Sondersitzung zur Teuerung ein

Am Mittwoch tritt auf Verlangen der SPÖ und FPÖ der Nationalrat zu einer Sondersitzung zusammen. Thematisiert werden soll die Teuerung – in Form eines von der SPÖ eingebrachten dringlichen Antrags. Sie fordert unter anderem, alle Mieten bis Ende 2025 einzufrieren, die Mehrwertsteuer auszusetzen, und sie verlangt eine "Antiteuerungskommission". "Wenn der Markt versagt, muss man eingreifen", begründet Klubobmann Philip Kucher die Forderungen gegenüber der APA.

"Entweder funktioniert der marktwirtschaftliche Wettbewerb, oder die Regierung gebietet dem Marktversagen Einhalt. Das Problem in Österreich lautet: Es gibt weder das eine noch das andere", so das harsche Urteil des SPÖ-Klubobmanns. Am offensichtlichsten werde das "Marktversagen" bei der aktuellen Zinssituation bei Österreichs Banken. "Wenn Banken in Österreich nach einem Rekordgewinn im Vorjahr von 10,2 Milliarden Euro den Gewinn heuer noch einmal signifikant erhöhen und zwar auf Kosten aller Sparerinnen, Kreditnehmerinnen und Kontoinhaberinnen mit überzogenem Konto, die sie sich ihr Leben ohnehin kaum noch leisten können, dann ist das nicht normal." Deshalb fordert der Entschließungsantrag ein Zinsregulierungsgesetz, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite festlegt.

SPÖ fordert Einfrieren von Mieten bis 2025

Gestiegen seien hingegen die Mieten, nämlich um bis zu 25 Prozent in den letzten beiden Jahren. Jeder Vierte könne sich demnach das Wohnen kaum noch leisten, weshalb die SPÖ fordert, alle Mieten bis Ende 2025 einzufrieren und danach den Mietanstieg auf maximal zwei Prozent zu begrenzen. Maßgeblich zu den gestiegenen Wohnkosten beigetragen haben die hohen Energiepreise, so seien 760.000 Menschen nicht mehr in der Lage, ihre Wohnungen im Winter warm zu halten. Aus Sicht der Sozialdemokraten braucht es "eine entschlossene Regulierung des Energiemarkts, sodass Energiekonzerne keine Übergewinne machen, sondern die Energiepreise sich an den Produktionskosten orientieren."

Befristet sollen die Übergewinne all jener Konzerne besteuert werden, "die sich aufgrund der aktuellen Teuerung zulasten der Menschen bereichern". Am Wochenende gab die Bundesregierung bekannt, künftig Krisengewinne von Öl- und Gasfirmen schon abschöpfen zu wollen, wenn diese zehn Prozent über dem Durchschnitt vergangener Jahre liegen, und nicht erst bei 20. Davon betroffen sind aber wohl nur drei Unternehmen: die OMV, RAG (Speicherunternehmen) und ADX (Explorationsunternehmen).

Nahrungsmittel in Österreich teuer

Gestiegen sind die Preise bekanntlich auch im Supermarkt. Laut der SPÖ gibt man in Österreich im Schnitt 500 Euro pro Monat für den Lebensmitteleinkauf aus, 1.000 Euro mehr pro Jahr als im Nachbarland Deutschland. Deshalb fordert Kucher ein sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs.

Weiters fordert die SPÖ, eine "schlagkräftige Antiteuerungskommission" einzusetzen. Diese solle unter anderem sicherstellen, dass Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden. "Bei Nichtweitergabe von Hilfen beziehungsweise von allen Mehrwertsteuersenkungen in Form von sinkenden Preisen soll es harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung der Energiehilfen geben", betonte Kucher.

Philip Kucher im Parlament
"Wenn der Markt versagt, muss man eingreifen", so SPÖ-Klubobmann Philip Kucher.
IMAGO/SEPA.Media

Dass staatliche Eingriffe im Angesicht von Marktversagen nichts Böses seien, beweise ein Blick in andere "unisono nicht sozialdemokratisch geführte Länder". In Großbritannien etwa drohe die Regierung den Banken bei zu hohen Kredit- bzw. Überziehungszinsen mit der Aufsicht, und in Frankreich gebe es vorgegebene Mindestzinsen auf Sparguthaben. In Österreich hingegen würden die Menschen "ihr Geld nur noch für Essen, Wohnen und Energie ausgeben" können. Dadurch sei bereits eine kleine Konkurswelle im Einzelhandel zu beobachten, die sich ausweiten könnte. All dies führe dazu, dass Österreichs Wirtschaft schrumpft. Mit der Sondersitzung fordert Kucher die Bundesregierung auch auf, "ihren Sommerurlaub zu beenden".

Noch bevor das eigentliche Thema Teuerung bei der Sondersitzung thematisiert werden kann, steht eine Vorlage des Budgetausschusses zum Covid-19-Förderungsprüfungsgesetz auf der Tagesordnung. Die Dringliche kommt vermutlich um zwölf Uhr zum Aufruf. (red, APA, 28.8.2023)