Ein neues Werbevideo der Freiheitlichen Jugend Österreichs, das auch auf FPÖ-TV zu sehen ist, sorgt für Aufregung und Kritik. Unterlegt mit sekundenkurzen Videoausschnitten und Fotos zählt darin ein Sprecher die Bedrohungen auf, wie sie im Lichte der rechten, identitären Ideologie dieser Gruppierung erscheinen.

Auch freiheitliche Exponenten kommen vor, von Parteichef Herbert Kickl über den niederösterreichischen Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer hin zu Elias Schuch, der in Korneuburg eine FPÖ-Jugendgruppe leitet – und davor bei den rechtsextremen Identitären aktiv war.

Freiheitliche Jugend protestiert gegen Straßenblockade in Wien
Die Freiheitliche Jugend in Aktion: Im heurigen Februar protestierte sie in Wien gegen eine Straßenblockade der Letzten Generation rund um den Wiener Naschmarkt.
APA/EVA MANHART

Gegen "Bevölkerungsaustausch", wie die Identitären

Zu bekämpfen gelte es "Kriminalität, Massenmigration, Umweltverschmutzung, Inflation, Vereinzelung, Egoismus, Globalisierung, Zensur, Genderwahn, Kulturverlust, Sprachverbote, Wokismus, Jugenddepression, Regenbogenterror, Islamisierung, Bevölkerungsaustausch", heißt es in dem zwei Minuten und 23 Sekunden langen Video. Dazu werden Fotos der Verantwortlichen für diese angeblichen Missstände eingeblendet: von Klaus Schwab vom Weltwirtschaftsforum über Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen bis zum deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Weiter hinten wird gegen "die Linken" polemisiert. Die Zeiten, in denen diese "die Themen vorgaben, sind vorbei", heißt es. Dazu sind auf altbacken wirkenden Schwarz-Weiß-Fotos ORF-Anchorman Armin Wolf, die Politologin Natascha Strobl, Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) sowie "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk zu sehen. Diese reagierten auf Twitter.

Heldenplatz und Fackelzug

In dramatischem und zornigem Ton beschwört der Sprecher in dem Video den "Willen zur Tat". Dazu sind Funktionäre und Sympatisantinnen zu sehen, die auf dem Wiener Heldenplatz stehen. Ein Schwenk auf den Althan der Neuen Burg, von wo aus Adolf Hitler 1938 seine Rede nach dem Einzug in Wien hielt, komplettiert die Szene.

Danach werden die freiheitlichen "jungen Idealisten", wie sie sich selbst in dem Video nennen, bei Wanderungen in den österreichischen Bergen gezeigt, bei Blicken auf einen Sonnenuntergang und geschart um ein Lagerfeuer. Auch eine fackelzugähnliche Szene fehlt dabei nicht.

Hier weist der Politikwissenschafter und DÖW-Mitarbeiter Bernhard Weidinger auch auf die eingeblendeten Fotos hin. Sie zeigen Vordenker der jungen Freiheitlichen. Etwa den deutschen Schriftsteller Ernst Jünger, der als intellektueller Wegbereiter des Nationalsozialismus gilt, detto den französischen Schriftsteller Pierre Drieu la Rochelle, der in der NS-Zeit mit den deutschen Besatzern kollaborierte. In einer Videopassage über "politische Bildung" werden wiederum Bücher des französischen Publizisten und Vordenkers der Neuen Rechten, Alain de Benoist, sowie des ehemaligen portugiesischen Diktators António de Oliveira Salazar gezeigt.

Weidinger: "Gebündelte" Ideologie

Der Bezug auf diese rechten und rechtsextremen Denker der Zwischenkriegszeit erfolge ganz bewusst, sagt Weidinger. So werde das Thema Nationalsozialismus umgangen.

Das Video zeige wenig Neues, würde aber laufende Entwicklungen "gebündelt" illustrieren: "Ab 2021 beschleunigte sich die Angleichung der FPÖ-Jugend an die Identitären. Heute sind die beiden in Inhalt und Rhetorik nicht mehr unterscheidbar. Die Gesamtpartei ist gerade dabei, diese Entwicklung ihrer Jugend nachzuholen."

Als Ursachen der Radikalisierung und identitären "Enthemmung" der Freiheitlichen sieht Weidinger deren Rückkehr in die Oppositionsrolle 2019 sowie die Übernahmen des FPÖ-Generalsekretariats durch Michael Schnedlitz und die Obmannschaft durch Herbert Kickl. Dessen Vorgänger Norbert Hofer sei zu den Identitäten auf Distanz gewesen. Auch der FPÖ-Schulterschluss mit außerparlamentarischen Kräften im Zuge der Corona-Proteste habe eine Rolle gespielt. (Irene Brickner, 28.8.2023)