Am Wochenende geriet ein ungarischer Urlauber in der Steiermark in eine seltene, aber dafür umso grausigere Notlage: Er wurde von einer giftigen Schlange gebissen. Der Mann, der mit einer Wandergruppe in der Nähe von Mariazell unterwegs war, wurde von einer schwarzen Kreuzotter, auch als Höllenotter bekannt, verletzt. Zunächst ging er noch weiter, doch als sich sein Gesundheitszustand verschlechterte, wurde die Rettung alarmiert. Schließlich wurde der Mann mit dem Notarzthubschrauber Christophorus 17 ins Landeskrankenhaus Leoben gebracht, wie mehrere Medien berichteten.

Kreuzotter, Schlangen
Kreuzottern sind oft an ihrem Zickzackband erkennbar. Es gibt aber auch einfärbige Exemplare.
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Schlangenbisse, die ärztlicher Versorgung bedürfen, sind in Österreich eher selten. Rund 40 derartige Vorfälle gibt es pro Jahr, wobei ein Drittel der Bisse trocken verläuft, also ohne Giftübertragung. Von Unfällen mit exotischen Haustieren abgesehen, ist die Prognose nach Schlangenbissen in Österreich gut: Die Bisse der einzigen beiden giftigen heimischen Schlangenarten sind zwar sehr schmerzhaft, zumeist aber nicht lebensbedrohlich. Für Kinder, ältere Personen und kranke Menschen ist das Risiko für gefährliche Komplikationen höher. Ärztliche Hilfe sollte in jedem Fall in Anspruch genommen werden.

Vorsicht vor Vipern

Sieben Schlangenarten gibt es heute in Österreich, am häufigsten sind Nattern anzutreffen: Ringelnattern, Barrenringelnattern, Äskulapnattern, Schlingnattern und Würfelnattern können zwar zubeißen, sind aber allesamt ungiftig. Österreichs giftige Schlangenspezies zählen dagegen zur Familie der Vipern. Die bekanntere ist die Kreuzotter, die vor allem im Gebirge und in der nähe von Mooren anzutreffen ist. Die Europäische Hornotter, die auch als Sandviper bekannt ist, kommt dagegen nur in einigen wenigen Regionen der südlichen Steiermark und Kärntens vor. Die Wiesenotter, einst Österreichs Giftschlange Nummer drei, wurde seit den 1970er-Jahren nicht mehr gesichtet und gilt in Österreich inzwischen als ausgestorben.

Schlange, Kreuzotter, Höllenotter
Schwarze Kreuzottern werden auch Höllenottern genannt. Ihr Biss ist sehr schmerzhaft, für gesunde Erwachsene aber nur selten lebensbedrohlich.
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Die beiden rezenten Giftschlangen sehen sich oft nicht ganz unähnlich. Meistens haben sie ein Zickzackband, das sich über den Körper zieht. Kreuzottern sind oft deutlich dunkler als Hornottern, ihre Färbung ist aber sehr variabel. Sie reicht von grau-gelb über braun-schwarz bis blau-grau. Manche Kreuzottern sind jedoch einfärbig, sodass ihre Zeichnung nicht erkennbar ist: Die erwähnten schwarzen Kreuzottern werden auch Höllenottern genannt, rötliche bis braune Exemplare werden als Kupferottern bezeichnet. Kreuzottern sind meist zwischen 50 und 70 Zentimeter lang.

Auch tote Schlangen meiden

Hornottern sind meist größer als ihre Verwandtschaft, 70 bis 95 Zentimeter Körperlänge erreichen ausgewachsene Tiere. Ein Erkennungsmerkmal tragen sie im Gesicht: das namensgebende Schnauzenhorn, das rundum mit kleinen Schuppen bedeckt ist. Sehr viel häufiger als in Österreich ist diese Schlange weiter südlich anzutreffen, in Slowenien, Kroatien und Serbien beispielsweise. Weit verbreitet ist sie auch auf dem griechischen Festland.

Schlange, Giftschlange, Hornotter
Die Europäische Hornotter verdankt ihren Namen dem prominenten Horn an der Schnauze. Sie ist in Österreich selten anzutreffen.
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In Österreich begegnet man diesen Schlangen von März bis Oktober, besonders aktiv sind sie zur Paarungszeit im Mai und Juni. Die wichtigsten Verhaltenstipps bei Begegnungen mit Kreuzottern und Hornottern sind ziemlich einfach: Abstand halten und beim Wandern darauf achten, wo man hintritt. Auch toten Giftschlangen sollte man nicht zu nahe kommen, sie können noch geraume Zeit nach dem Tod durch Muskelreflexe zubeißen.

Weder abbinden noch aussaugen

Wer das Pech hat, von einer Giftschlange gebissen zu werden, sollte Hilfe rufen und Ruhe bewahren. Schwellungen und Verfärbungen der Bissstelle sind möglich, starke Schmerzen wahrscheinlich. Auch Atemnot und Übelkeit können auftreten. Fachleute empfehlen, die betroffene Körperstelle ruhig und möglichst tief zu lagern, nach Möglichkeit sollte die Wunde vorsichtig oberflächlich desinfiziert werden. Intensives Ausspülen mit Wasser ist aber nicht ratsam. Keinesfalls sollten der betroffene Körperteil abgebunden oder die Wunde ausgesaugt werden. Die weitere Wundbehandlung sollte durch medizinisches Fachpersonal erfolgen.

Obwohl Zwischenfälle mit Kreuz- und Hornottern in Österreich in den meisten Sommern Schlagzeilen machen, dürfte die Wahrscheinlichkeit für eine Begegnung eher sinken. Beide Arten gelten in Österreich als gefährdet, Fachleute gehen von rückläufigen Populationen aus – wobei es an genauen Zahlen fehlt: Zu einem umfangreichen Monitoring-Programm haben es diese Schuppenkriechtiere nämlich bisher nicht gebracht. (David Rennert, 28.8.2023)