Oberkörper in einem dunkelgrünen Shirt mit großem Schweißfleck in der Achselhöhle
Wenn sich in den Achselhöhlen regelmäßig Schweißflecken mit bis zu zehn Zentimetern Durchmesser bilden, spricht man bereits von Hyperhidrose, also übermäßigem Schwitzen.
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Die vergangenen Tage brachten für die meisten, sofern die Heimatregion nicht von schweren Unwettern betroffen war, wohl Erleichterung: Endlich Abkühlung! Das fühlt sich zwar erst einmal besser an, als wenn die Hitze in der Stadt steht, trotzdem leiden manche immer noch unter den schwülen Bedingungen – und schwitzen dieser Tage und Nächte nahezu gleich viel wie an Sommertagen mit Rekordtemperaturen. Grundsätzlich ist das ja gut, schließlich ist es eine lebensnotwendige Schutzfunktion unseres Körpers. Aus den etwa drei Millionen Schweißdrüsen, die meisten davon in den Achseln, im Gesicht, an den Handflächen und Fußsohlen, wird wasserähnliches, salzhaltiges Sekret abgegeben. "Durch die Verdunstung des Schweißes an der Hautoberfläche wird dem Körper Wärme entzogen, sodass der menschliche Organismus vor dem Überhitzen geschützt wird", erklärt Rainer Kunstfeld von der Universitätsklinik für Dermatologie der Med-Uni Wien.

Das können pro Tag schon einmal mehrere Liter Schweiß sein, je nachdem, wie warm es ist und eben wie hoch die Luftfeuchtigkeit ist. Aber auch die Körperoberfläche, also die Größe und das Gewicht, und natürlich die körperliche Aktivität spielen eine entscheidende Rolle. Wenn allerdings mehr Schweiß produziert wird, als für die Kühlung des Körpers notwendig wäre, handelt es sich um übermäßiges Schwitzen, im Fachjargon sagt man Hyperhidrose dazu.

Nicht nur kosmetisches Problem

Ab wann Schwitzen krankhaft ist, ist gar nicht so leicht zu definieren. "Es wird nämlich nicht aufgrund der gebildeten Schweißmenge definiert, sondern aufgrund der Fehlfunktion des Schwitzens", stellt Kunstfeld klar. Das heißt: wenn der Schweiß keine kühlende Funktion mehr hat. In der Dermatologie hat man verschiedene Stadien für die Einordnung – von Grad 1 (leicht) bis Grad 3 (starke Hyperhidrose) definiert.

Von Grad 1 spricht man, wenn sich in den Achselhöhlen regelmäßig Schweißflecken mit bis zu zehn Zentimetern Durchmesser bilden. Zwischen zehn und 20 Zentimeter große Flecken deuten auf Hyperhidrose Grad 2 hin, ab 20 Zentimetern auf Grad 3. Bei den Fingern, Fußsohlen und Handflächen ist die Einordnung ähnlich: Grad 1, wenn man mäßig feuchte Handflächen und/oder Fußsohlen hat, Grad 2 bei erkennbaren Schweißtropfen an ebendiesen Stellen und Grad 3, wenn sich der Schweiß auch auf der Oberseite der Fingern und Zehen ausbreitet.

Der sogenannten primären Hyperhidrose liegt zwar keine internistische Erkrankung zugrunde, dennoch ist das Problem längst nicht "nur" ein kosmetisches. "Es kann die Lebensqualität und die sozialen Kontakte einschränken, wenn jedes Händeschütteln zur Belastung und jede Umarmung als unangenehm empfunden wird", berichtet Kunstfeld. Es kann aber auch im Berufsleben zu Einschränkungen kommen, etwa bei manuellen Berufen wie Feinmechanikerin, Juwelier oder bei Jobs mit viel direktem Kontakt mit Kundinnen und Kunden. Darüber hinaus kann extremes Schwitzen auch den Flüssigkeitshaushalt des Körpers durcheinanderbringen und zu Herz-Kreislauf-Problemen führen.

Gute Behandlungsoptionen

Grundsätzlich kann man übermäßiges Schwitzen gut behandeln. "Allerdings sollte man vor Beginn einer Therapie in einer internistischen Untersuchung immer die Ursache abklären", rät der Experte. Denn übermäßiges Schwitzen kann auch Zeichen für internistische Erkrankungen wie Diabetes sein oder auf hormonelle Störungen hinweisen, etwa während der Wechseljahre oder in Bezug auf die Schilddrüse. Möglicherweise können auch Medikamente wie beispielsweise Antidepressiva hinter der erhöhten Schweißproduktion stecken.

Ist die Ursache geklärt, gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Lokal wirksam seien etwa Aluminiumsalze wie Aluminiumchlorid-Hexahydrat oder -acetat, weiß Kunstfeld. Sie verringern die Schweißbildung, indem sie die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen abdichten. Ist die Hyperhidrose nur gering ausgeprägt, können auch Salbeitee oder -extrakt gut helfen.

Bei der sogenannten Leitungswasser-Iontophorese wird mittels Stromwasserbädern die Schweißbildung reversibel reduziert. "Füße oder Hände werden in ein Wasserbad getaucht oder mit feuchten Elektroden versehen. Für die Anwendung an Achseln, Gesicht oder Rumpf gibt es spezielle Masken", erklärt Kunstfeld. Die Behandlung erfolgt dauerhaft mehrmals die Woche über 20 bis 30 Minuten.

"Auch die Injektion von Botulinumtoxin A, kurz für Botox, zwei- bis dreimal jährlich in Achseln und off label an Händen und Füßen ist sehr effektiv", sagt der Dermatologe. Das Botox hemmt dabei vereinfacht gesagt die Signalübertragung zwischen Nerv und Schweißdrüse, indem es das Andocken des Neurotransmitters blockiert. Ähnlich funktionieren auch die für Hyperhidrose zugelassenen Medikamente. "Sie hemmen die Freisetzung des Neurotransmitters an den Rezeptoren der Schweißdrüsen", erklärt Kunstfeld, weist aber auch auf mögliche Nebenwirkungen hin: Typisch ist ein erhöhter Puls, Mundtrockenheit oder Beeinträchtigung der Sehkraft. (poem, 31.8.2023)