Möchte man im bayerischen Wahlkampf über einen "Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz" diskutieren? Definitiv nicht. Und doch ist es nötig.

Denn Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler, Wirtschaftsminister und Vizeministerpräsident, soll laut der Süddeutschen Zeitung als Schüler vor 35 Jahren ein solch grauenhaftes Pamphlet verfasst haben.

Die Flugblatt-Affäre um Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (links) bringt auch seinen Koalitionspartner, Ministerpräsident Markus Söder (rechts), unter Druck.
FrankHoermann/SVEN SIMON; via ww

Er dementiert, sein Bruder Helmut lädt die Schuld auf sich und bemüht sich nun um die Reinwaschung des Bruders, der sehr viel verlieren könnte. Nicht der heutige Freie-Wähler-Chef habe die Hetzschrift verfasst, sondern er. Und der im Wahlkampf stehende Politiker habe damals nur deshalb die Blätter in der Schultasche gehabt, weil er deeskalieren wollte.

Das dürfte Aiwanger natürlich gelegen kommen. Aber war es so? Und wenn nicht, wie war es wirklich? Das möchte nicht nur der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wissen. Auch der ist in einer sehr unangenehmen Lage.

Er hat die Freien Wähler schon vor der Wahl am 8. Oktober zur Neuauflage der Koalition eingeladen, weil er mit den Grünen und der AfD nicht paktieren will.

Dass Söder Aiwanger nicht vorverurteilen will, ist nachvollziehbar; dass er für Dienstag den Koalitionsausschuss einberuft, das Mindeste. Denn die Geschichte ist so grauslich, da reichen schriftliche Erklärungen und Interviews in Zeitungen nicht. Aiwanger muss persönlich aufklären. (Birgit Baumann, 28.8.2023)