Am Montagabend war SPÖ-Chef Andreas Babler das erste Mal Gast des ORF-"Sommergesprächs". Mit Susanne Schnabl nahm er dafür im kleinen Sprechzimmer 23 im neu renovierten Parlament Platz. Zuvor blickte man gemeinsam über den Sitzungssaal, wo Babler noch vor Beginn der rund einstündigen Befragung sein Nein zur Inflationsabgeltung für Spitzenpolitiker bekräftigte.

Moderatorin Susanne Schnabl und SPÖ-Chef Andreas Babler im Rahmen der Aufzeichnung der ORF TV-Sendung
ORF-Moderatorin Susanne Schnabl und SPÖ-Chef Andreas Babler im holzvertäfelten Sprechzimmer 23 im Hohen Haus.
APA/HELMUT FOHRINGER

Es sei unmoralisch, sich selbst dafür zu belohnen, dass man bei der Inflation Spitzenreiter sei, sagte Babler in Richtung Bundesregierung. Sie habe die Inflation so erst möglich gemacht, das sei für Babler "unterlassene Hilfeleistung". Er selbst verdiene nach Abzug der Parteisteuer 3.900 Euro. Er nage nicht am Hungertuch.

Moralische Grenzen 

Auf Schnabls Frage, was er als moralische Grenze heranziehe, sagte Babler: das Medianeinkommen. Im holzvertäfelten Raum versuchte Schnabl dann alle wichtigen Fragen abzuarbeiten. Zuallererst Bablers Einstellung zu Tempo 100 und zur CO2-Bepreisung. Er fahre selbst immer 100, sagte Babler, wolle das aber nicht per Gesetz, sondern „von unten herauf" regeln. Die CO2-Bepreisung sei "völlig beliebig" und betreffe nur "diejenigen, die tatsächlich aufs Auto angewiesen sind, aber gar keine alternative Möglichkeiten haben". Das treffe nicht nur Pendler, sondern auch Kinder und Jugendliche. Daher sei ein Ausbau der Öffis "erste, zweiten und dritte Priorität". Der Regierung warf er hier "Showpolitik" vor.

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Anders als bei Tempo 100 ist Babler bei Energiepreisen, Mieten und Lebensmittelpreisen sehr wohl für ein Eingreifen des Staats, wie er erneut ausführte. Die Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel solle seiner Meinung nach erfolgen, bis die Inflation auf zwei Prozent gesunken ist. Dass Wohnraummieten mittlerweile fast die Hälfte des Einkommens betragen, sei ein Wahnsinn. Bei Nachfrage zur von Babler geforderten Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer ab einer Million Euro bemerkte der SPÖ-Chef, Schnabl würde die "Propaganda der Industriellenvereinigung" schön zusammenfassen.

Produktivität und Kampf

Tatsächlich sei er selbst aus einer Häuslbauerfamilie und könne garantieren, dass er als Kanzler der "Garant für keine Besteuerung für Häuslbauer" sei. Ähnlich vehement setzte er sich für die Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden bei vollem Lohn ein. Wann immer eine Verkürzung der Arbeitsstunden in der Geschichte erfolgt sei, seien Produktivität und Wirtschaft gewachsen, betonte Babler. Wäre man in diesem Kampf jedes Mal "eingeknickt", müsste man heute in Österreich 60 Stunden arbeiten und hätte nur zwei Wochen Urlaub im Jahr, so der SPÖ-Chef. Die Industriellenvereinigung reagierte gleich mit einer Aussendung auf das Gespräch und verortete in Bablers Aussagen eine "Kampfansage an alle Leistungsträger in diesem Land".

Dass in seinem Büro jemals eine Lenin-Büste stand, verneinte Babler erneut. Mit dem System Putins, der für Babler "absolut ein Kriegsverbrecher" sei, müsse man alle Verbindungen, auch am Bankensektor, kappen. Das oppositionelle Russland müsse man hingegen stützen. Babler warnte auch vor der ÖVP. Jede Stimme für den amtierenden Bundeskanzler Karl Nehammer würde Herbert Kickl ermöglichen, so Babler. (Colette M. Schmidt, 28.8.2023)