Huch, wo ist der Warschau-Express? Im modrigen Abteil geht’s in der Komödie "Sophie, der Tod und ich" gen Norden.
Stephan Rabold

Eines Tages klingelt der Tod an der Tür. Er trägt Schwarz, ist weiß geschminkt und auch ansonsten so, wie man sich den Gevatter landläufig vorstellt. Nur sein Handwerk hat er nicht im Griff. Der verbummelte Reiner springt ihm im letzten Moment von der Schippe.

Wäre ja auch etwas früh gewesen, wenn der Enddreißiger schon hätte abtreten müssen. Dimitrij Schaad, der Protagonist von Sophia, der Tod und ich, ist zwar eine ziemliche Berliner Existenz, die am liebsten ein Glas Weißwein und eine Zigarette in der Hand hält, er wirkt aber trotz Sorgerechtsstreits und tiefdunkler Augenringe noch einigermaßen fidel – so fidel, wie ein Berliner Herr Lehmann halt so ist.

Reise auch zu sich selbst

Tomte-Sänger Thees Uhlmann hat mit seinem schön verplauderten Erstlingsroman 2015 einen Bestseller gelandet, der sich geradezu für eine Verfilmung anbot. Die letzten Stunden eines Jedermanns, der angesichts der knappen Zeit, die ihm bleibt, auf eine Reise zu Mutter und Sohn geht. Diese führt ihn in den Norden und Süden – und ein klein wenig zu sich selbst.

DCM

Wobei man Letzteres nicht überstrapazieren sollte. Anders als bei Hofmannsthal ist Charly Hübners Verfilmung des Stoffes keine große Abrechnung eines Lebens, sondern ein Pointenlauf mit dem Gevatter Tod und der Ex im Schlepptau. Tiefere Einsichten sollte man sich dabei nicht erwarten, auch wenn Hübner mit Anna Maria Mühe und Marc Hosemann richtig pralle Charaktere zur Verfügung hat. Die eine trägt den Kiez und das Mundwerk am rechten Fleck, der andere ist so herrlich verpeilt, wie man es bei dem ehemaligen Volksbühnen-Schauspieler auch vom Theater kennt.

Viel Bühnenluft

Ein bisschen Bühnenluft weht sowieso durch diesen Roadtrip, der im modrigen Warschau-Express beginnt und in der Blechkiste der Frau Mama sein Ende findet. Auftritte haben nämlich neben gleich zwei Toden (Morten und Morck Mortus) auch Gott Vater (Josef Ostendorf) und Erzengelin Michaela (Lina Beckmann), die über die Todeskandidaten an der Würstelbude verhandeln. Dass es dabei nie wirklich um die Wurst geht, daran lässt der langjährige Polizeiruf 110-Kommissar Hübner aber von Anfang an keinen Zweifel.

Es sind die schnellen Pointen und die absurden Situationen, in denen der Film ganz bei sich ist. In einem seiner schönsten Momente klingeln drei junge Zeuginnen Jehovas an Reiners Altbautür, und es entspinnt sich ein Dialog, wie er komischer nicht sein könnte. Der Regisseur hat sich übrigens eine der besten Szenen selbst gekrallt. Hübner gibt einen Herbergsvater von der richtig ungustiösen Art. Er wird der nächste Todeskandidat von Erzengelin Michaela – verständlich. (Stephan Hilpold, 30.8.2023)