Wenn Einkaufszentren ausgebaut werden sollen, geht das selten ohne Gegenwind. Schließlich sorgen Shoppingcenter am Ortsrand meist dafür, dass Kunden in Innenstädten ausbleiben. Und in den Ausbau der Ortszentren ist in den letzten Jahren teilweise viel Geld geflossen.

Was der Eigentümer will

Guntram Drexel weiß das – und geht deswegen in die Offensive. Der Eigentümer des Dornbirner Messeparks, der künftig 5.200 Quadratmeter dazugewinnen soll, hat am Dienstag ins Einkaufszentrum zur Pressekonferenz geladen. 100 Millionen Euro will Drexel in Um- und Ausbau stecken. Der soll, wenn es das Go gibt, drei Jahre lang dauern. Für die Planung wurde das renommierte Architekturbüro Baumschlager/Eberle engagiert. Die Fassade soll erneuert, Parkplätze und Zufahrtsstraßen unter die Erde verlegt und Fahrradwege vergrößert werden. Für Drexel jedenfalls "ein großer Wurf". Profitieren würde – vor allem von der Verkehrslösung – auch die Stadt Dornbirn, sagt er.

Den Messepark sieht sein Eigentümer nicht an der Dornbirner Peripherie, sondern "im Zentrum des Rheintals". Es gehe auch nicht um den Wunsch nach Profitmaximierung eines Großkonzerns, sondern um wichtige Investitionen in den Standort mit Blick auf das Jahr 2050 einer Unternehmerfamilie. "Es ist die einmalige und letzte Chance, ein Leuchtturmprojekt zu gestalten".

Knapp 80 Gemeinden haben Bedenken

Der Großteil der 96 Vorarlberger Gemeinden sieht das anders. Laut STANDARD-Recherchen sind es an die 80 Gemeinden, die eine Vergrößerung ablehnen. Die durchwegs negativen Stellungnahmen der Kommunen wurden im Rahmen der jeweiligen Vereine für Regionalentwicklung abgegeben. So sprechen sich beispielsweise zwölf von 13 Gemeinden der "Regio Vorderland Feldkirch" dezidiert gegen eine Verkaufsflächenerweiterung aus – die Modernisierung des Baus oder der Infrastruktur sei aber in Ordnung.

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Ein Blick in die Zukunft?
Der Dornbirner Messepark soll auf über 22000 Quadratmeter wachsen, die überwiegende Mehrheit der Gemeinden will das aber nicht.
Messepark/Baumschlager Eberle

Der Messepark ist bereits das größte Einkaufszentrum des Landes. Derzeit werden 16.900 Quadratmeter Verkaufsflächen genutzt, künftig sollen 5.300 dazukommen. Von den 22.200 Quadratmetern sollen dann maximal 5.000 für den Lebensmittelhandel verfügbar sein. Die Handelsflächenzunahme würde demnach bei 31,4 Prozent liegen.

Riese oder nicht

Weil der Riese wachsen will, befürchten die meisten Gemeinden, dass ein größerer Messepark (potenzielle) Kundschaft aus ihren Orten abziehen würde. Dieses Minus wurde in einem Gutachten der Firma Cima Beratung und Management GmbH in konkrete Zahlen gegossen. Am größten wäre das Minus demnach mit prognostizierten sechs bis sieben Prozent in der Dornbirner Innenstadt, in Bregenz würden 5,5 Prozent Umsatz fehlen, in Feldkirch zwischen 4,2 und sechs Prozent. Ein Minus von unter zehn Prozent sei verträglich, heißt es dazu. Und die Gutachter sagen auch: Im (inter)nationalen Vergleich sei der Messepark kein Riese.

Hier knüpfen die "Regio Vorderland Feldkirch"-Gemeinden an und fassen die Expertenmeinung kritisch zusammen: "Weil etliche zentrale Handelsstandorte mit viel Initiative und großer Anstrengung die innerörtliche Entwicklung vorangetrieben haben, seien sie jetzt in der 'komfortablen' Situation, Umsatzverluste zu verkraften."

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Messepark Neu
Für die Planung konnte das renommierte Architekturbüro Baumschlager/Eberle gewonnen werden. Guntram Drexel will 100 Millionen Euro investieren.
Messepark/Baumschlager Eberle

Die Gemeinden weisen auch darauf hin, dass 8.300 Quadratmeter im neuen Konzept sogenannte zusätzliche Flächen wären, die keine Verkaufsflächen sein sollen. "Die beabsichtigten Nutzungen sind typisch für Orts- und Stadtkerne, also aus unserer Sicht zentrumsrelevant." Es ergebe sich "eine deutliche Orientierung des Messeparks in Richtung 'Multi-Use'-Center – mit negativen Auswirkungen auf alle Orts- und Stadtkerne im Rheintal".

Wer noch dagegen ist

Wieso überhaupt die vielen Stellungnahmen? Mitte Juli hat die Vorarlberger Landesregierung über den Beginn des Auflageverfahrens informiert. Einen Monat lang konnten Bürgerinnen, Gemeinden, Vereine und auch Unternehmen den "Verordnungsentwurf der Landesregierung über die Zulässigerklärung der Widmung einer besonderen Fläche für ein Einkaufszentrum in Dornbirn" kommentieren.

Neben den Gemeinden üben auch der Naturschutzbund, Bio Austria, das Klimabündnis Vorarlberg und der Verein Bodenfreiheit Kritik, und auch die Sparte Handel der Wirtschaftskammer: Dort ist man gegen die geplante Vergrößerung des Lebensmittelhandels.

Verkehrsplaner über neue Wege

Neben den befürchteten Umsatzverlusten in anderen Regionen bzw. Unternehmen sorgt auch das Thema Verkehr für Kritik. Im Cima-Gutachten ist von einem Plus von über 20 Prozent die Rede. Verkehrsplaner Helmut Köll, der mit den Architekten das neue Konzept erarbeitet hat, konkretisiert dazu: Das Plus von mehr als 20 Prozent betreffe ausschließlich den Einkaufsverkehr. Dieser habe am Gesamtverkehr in dem Gebiet aber nur einen Anteil von 30 Prozent. Gesamt würde es nur zu einer Zunahme von sieben bis acht Prozent kommen, meint der Experte. Und das auch nur, wenn nichts an der Infrastruktur verbessert werde. Drexel will hier aber die Zufahrtsstraßen zum Messepark schon frühzeitig unter die Erde legen. So werde laut Köll eine Reduktion an den kritischen Stellen von zehn bis 15 Prozent erreicht.

Potenzielle Mieter

Der Verein für Bodenfreiheit geht in seiner Stellungnahme auf die potenziellen neuen Messepark-Mieter ein: "Als qualitativ hochwertige Handelsanbieter nennt der Erläuterungsbericht konkret den Modekonzern Zara und den internationalen Einrichtungsanbieter Ikea. Inwieweit hier von qualitativ hochwertigen Handelsanbietern gesprochen werden kann, ist für uns nicht nachvollziehbar, stehen beide Unternehmen doch für Produkte mit kurzem Lebenszyklus, Produktion in weit entfernten Billiglohnländern und damit einhergehend hoher Umweltbelastungen für unseren Planeten."

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Neue Verkehrslösung
Die Zu- und Abfahrten von den Garagen des Messeparks, die bis zum angrenzenden Messeareal reichrn, sollen frühzeitig unter die Erde gelegt werden. Trotz des zusätzlichen Verkehrsaufkommens sei so eine Entlastung der kritischen Knotenpunkte möglich.
Messepark/Baumschlager Eberle

Nach Ablauf der Frist sprach Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (ÖVP) in den Vorarlberger Nachrichten von zwei Polen: Befürworter würden die Erhaltung von Arbeitsplätzen und die Attraktivierung des Handelsstandorts – gerade im Vergleich zum Onlinehandel – ins Treffen führen. Während am letzten offiziellen Tag für Stellungnahmen noch von 30 abgegebenen die Rede war, verlängerte Tittler die Frist über das Wochenende. Mittlerweile sind ihm zufolge 47 Stellungnahmen eingegangen. Wie das Verhältnis zwischen positiven und negativen aussieht, wird nicht kommentiert.

Kritik an Ablauf und Zeitpunkt des Verfahrens

Nicht nur die Messepark-Pläne sorgen für Kritik, auch mit Zeitpunkt und Ablauf des Verfahrens hatten einige keine Freude. So ist aus mehreren "Regios" zu hören, dass es in den Sommerferien definitiv schwieriger war, ortsübergreifend an den Stellungnahmen zu arbeiten. In der Stellungnahme des Vorderland Feldkirch wird gebeten, "Verfahren von großer regionaler Tragweite terminlich so zu legen, dass ausreichend Zeit und Ressourcen für eine Auseinandersetzung mit der Materie sowie für eine Befassung der politischen Gremien vorhanden sind. Die Haupturlaubszeit scheint uns dafür wenig geeignet." Außerdem habe es an eigentlich notwendigem überregionalen Diskurs vor einem solchen Verfahren gefehlt.

Der Verein für Bodenfreiheit ist über die Wahl der Sommerferien hingegen nicht überrascht, "wurde doch schon der Zeitraum für Stellungnahmen zum Verfahren hinsichtlich einer Ansiedlung der Firma Ölz in der Landesgrünzone in Weiler über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage gelegt. Nun wieder die Haupturlaubszeit zu wählen, scheint einem gewissen Schema zu folgen."

Für Dienstag war jedenfalls ein nichtöffentliches Treffen mit Bürgermeistern, Interessenverbänden und Raumplanern angesetzt, um die Stellungnahmen durchzugehen und die Auswirkungen auf das Auflageverfahren zu besprechen.

Kein Kompromiss

Drexel hat Verständnis für Ängste, sagt er. Er frage sich aber, ob alle Kritik berechtigt sei – etwa von kleinen Gemeinden am Arlberg.

Wäre, bevor der Ausbau wie vor fünf Jahren abgesagt wird, ein Kompromiss denkbar? Drexel formuliert es diplomatisch, die kurze Antwort lautet: nein. Die gewünschte Verkaufsflächenerweiterung, das seien "Peanuts". Auch die Bevölkerung wünsche sich den Ausbau. (Lara Hagen, 29.8.2023)