Um knapp acht Prozent sind die Mieten in Österreich im vergangenen Jahr laut Statistik Austria gestiegen, was einen nicht unwesentlichen Beitrag zur hohen Inflationsrate geleistet hat. Im kommenden Jahr soll sich dieses Szenario nicht wiederholen – zumindest für einen Teil der Haushalte. Die türkis-grüne Koalition hat sich, etwa acht Monate nachdem die Debatte darüber gestartet war, auf einen Mietpreisdeckel geeinigt.

Demnach dürfen Mieten für einen Teil der Haushalte im kommenden Jahr um nicht mehr als fünf Prozent steigen. Von der Regelung werden die sogenannten Richtwertmieten erfasst. Darunter fallen Mietpreise für Wohnungen in Mehrparteienhäusern, die vor 1953 errichtet wurden. Außerdem fallen Wohneinheiten in geförderten Projekten darunter. Betroffen ist also vor allem der Altbau.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) präsentieren erste Details zum neuen Paket der türkis-grünen Regierung.
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Umfasst sind auch Genossenschaftswohnungen sowie die kleinere Gruppe der Kategoriemieten, die in einigen Gemeindewohnungen gelten. Wohnungen in freifinanziert errichteten Nachkriegsbauten, und damit auch in neuerrichteten Mietwohnhäusern, sind nicht erfasst. "Es soll erreicht werden, dass die sprunghaften Wohnpreissteigerungen verhindert werden", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Er sprach davon, dass mit der Regelung nun 75 Prozent aller Mietverträge erreicht würden, 1,2 Millionen Mietverträge seien erfasst.

Betroffen von der Mietpreisbremse ist vor allem der Altbau.
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Wie soll nun der Mietpreisdeckel konkret aussehen? Die neue Regelung, die einen maximalen Anstieg der Mieten um fünf Prozent vorsieht, soll zunächst bis 2026 gelten. Der Fünf-Prozent-Deckel ist eine jährliche Begrenzung. Aktuell werden die Mietrichtwerte, die im Altbau gelten, alle zwei Jahre angehoben; im kommenden Jahr wäre keine Erhöhung vorgesehen gewesen, weil die letzte Inflationsanpassung hier erst im vergangenen April stattgefunden hat. Sprich: Im Altbau würde die Regelung verhindern, dass es 2025 zu einer Steigerung von über zehn Prozent kommt. Wobei noch kein Gesetzestext vorliegt, ÖVP und Grüne koordinieren noch letzte Details.

Video: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) präsentierten am Mittwoch den Mietpreisdeckel.
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Wie der Deckel funktioniert

Um es konkret zu machen: Bei Richtwertmieten hätte es einen Anstieg im Jahr 2025 gegeben, im kommenden Jahr ist keine geplant laut Gesetz. Hier sind die Inflationszahlen 2023 und 2024 relevant. Im Jahr 2025 dürfen die Mieten allerdings nach der neuen Regelung nur um fünf Prozent steigen laut dem Deckel. Aber: Dafür ist auch im Jahr 2026 eine Mietpreiserhöhung möglich, die es im alten System erst 2027 gegeben hätte. Der Grund: Es wird auf ein jährliches Modell umgestellt. Kurzum: Über die drei Jahre 2024 bis 2026 dürfen Mietpreise um 10,2 Prozent steigen im Altbau (zweimal fünf Prozent). So erklärt es zumindest die Grüne Bautensprecherin Nina Tomaselli. Die Inflation heuer soll bei etwas mehr als sieben Prozent liegen, im kommenden Jahr werden etwas mehr als vier prognostiziert. Die Ersparnis gibt es also für 2025. Dafür steigen Mieten 2026.

Die Kategoriemieten dürfen jedes Jahr steigen, wenn die Inflation die Fünf-Prozent-Marke erreicht. Hier ist also sichergestellt, dass es nicht zu einer stärkeren Erhöhung kommt im kommenden Jahr. Auch Mieten in Genossenschaften steigen jedes Jahr mit der Inflation mit, allerdings wird diese nur alle zwei Jahre abgegolten. Im kommenden Jahr wird es statt einer Erhöhung von über 15 Prozent (Inflation der Jahre 2023 und 2022) eine Erhöhung von nur fünf Prozent geben. Aber auch hier darf dann jährlich erhöht werden und 2024 folgt die nächste Erhöhung.

Der Entwurf für den Mietpreisdeckel wird heute noch im Parlament eingebracht, sagt Grünen-Bautensprecherin Nina Tomaselli. Das Gesetz wird "3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz" heißen (zwei davon gab es bereits, 2008 und 2016, siehe Artikel) und auch einen Eingriff ins Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) beinhalten. Auch dort werden die jährlichen Mieterhöhungen damit bei fünf Prozent gedeckelt. Und Teile der Gesetzesnovelle werden eine Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen, sagt Tomaselli: Denn wenn einerseits die Mieten gedeckelt werden, den Vermieterin aber andererseits nicht die Möglichkeit gegeben werde, die Einbußen in den Jahren niedriger Inflation wieder aufzuholen, dann brauche das eine verfassungsrechtliche Absicherung.

Goodie für Autofahrer

Kogler und Nehammer präsentierten darüber hinaus noch einige weitere Maßnahmen. So soll die Autobahnvignette im kommenden Jahr nicht teurer werden, bisher verteuerte sie sich jedes Jahr um ein paar Euro. Auch der Preis des Klimatickets soll gleich bleiben. Dazu sollen die Gemeinden 150 Millionen Euro erhalten, um ihrerseits Gebühren nicht anzuheben. Außerdem kündigte Nehammer an, das Wettbewerbsrecht verschärfen zu wollen, hier gibt es aber bisher nichts Konkretes. Die Regierung wolle mit den Maßnahmen "den Weg der Entlastung fortsetzen", so Nehammer.

Kogler verwies darauf, dass die Regierung nicht das erste Mal Mieterinnen und Mieter unterstütze. Gemeint war damit der Wohnkostenzuschuss.

Für Michael Klien vom Wifo ist die Maßnahme grundsätzlich gut, sie komme aber zu spät, weil die Anpassung der Richtwerte und der Kategoriemieten heuer bereits erfolgt sei, und sie sei auch nicht treffsicher, weil Maßnahmen für den Neubau fehlen.

Von der Opposition gibt es bereits Kritik an der neuen Regelung. Die SPÖ etwa hatte gefordert, Mieterhöhungen bis 2026 komplett auszusetzen. ÖGB-Chef und SPÖ-Politiker Wolfgang Katzian sprach bereits von einem rein "kosmetischen Deckel". Die FPÖ sieht viele weitere Baustellen im Wohnbereich und stellt in Frage, warum der Deckel erst ab 2024 und nicht ab sofort gilt.

"Zu wenig und zu spät" urteilt die Mietervereinigung in einer Aussendung. Für den privaten Mietsektor gebe es weiterhin keine Lösung, hier befürchtet die Mieterschutzorganisation, dass die Teuerung "mit voller Wucht" durchschlägt. (András Szigetvari, Franziska Zoidl, Martin Putschögl 30.8.2022)