Im Frühjahr ist die Regierung an einem großangelegten Wohnpaket noch gescheitert, nun soll es offenbar doch noch kommen. Die Mieten sollen in den kommenden drei Jahren nur um jeweils fünf Prozent steigen dürfen, das sickerte am Dienstagabend durch. Offenbar soll die Regelung aber wieder nur für die ohnehin bereits gedeckelten Richtwert- und Kategoriemieten gelten.

Zinshäuser in Wien
In Altbauten gilt der Richtwert.
STANDARD/Urban

Altbauten und geförderter Neubau

Das Richtwertsystem gilt seit 1994, es regelt die Mietpreise in Wohnungen, die dem sogenannten Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) unterliegen. Dazu gehören Altbau-Mietwohnungen in Gebäuden, die vor dem 1.7.1953 errichtet wurden, vermietete Eigentumswohnungen in Gebäuden, die vor dem 9. Mai 1945 errichtet wurden, sowie Wohneinheiten in gefördert errichteten Mietwohnungshäusern. Einschränkung: Alle diese Gebäude müssen mehr als zwei Mietgegenstände aufweisen, um in den Vollanwendungsbereich zu fallen.

Die Richtwerte wurden zunächst immer jährlich per 1. April an den Verbraucherpreisindex angepasst, im Jahr 2008 kam es allerdings zu einem ersten politischen Eingriff. Damals wurde unter einer regierenden rot-schwarzen Koalition das Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz (MILG) vom Nationalrat beschlossen. Es beinhaltete, dass die Erhöhung nicht jährlich anhand der Dezember-Teuerungsrate, sondern anhand der durchschnittlichen Teuerungsrate des Vorjahrs zu geschehen hat. 2007 machte die Inflation im Dezember nämlich mit 3,6 Prozent wesentlich mehr aus als im Jahresdurchschnitt.

Doch 2008 war die Teuerung dann im Jahresdurchschnitt fast dreimal so hoch wie die Dezember-Inflation. Und so kam es im Frühjahr 2009 zu einer neuerlichen Gesetzesänderung. Mit der Wohnrechtsnovelle 2009 wurde die Mieterhöhung zum ersten Mal ausgesetzt beziehungsweise um ein Jahr verschoben, es wurde auf einen Zwei-Jahres-Rhythmus umgestellt.

MILG und MPFLG

Sieben Jahre später, im Frühjahr 2016, kam es neuerlich zu einer politischen Intervention: Mit dem 2. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz wurde die Erhöhung wiederum um ein Jahr verschoben. 2017 und 2019 fanden die Anhebungen der Richtwerte dann wie geplant statt.

2021 wäre eigentlich die nächste Anhebung vorgesehen gewesen, doch wegen Corona entschied sich die nunmehrige türkis-grüne Regierung dazu, sie neuerlich um ein Jahr zu verschieben. 2022 wurde die Anhebung nachgeholt, sie fiel mit 5,8 Prozent schon sehr happig aus. Und im April 2023 stand gleich die nächste bevor, das wurde mit dem 2021 beschlossenen Mietzinsrechtlichen Pandemiefolgenlinderungsgesetz (MPFLG) festgeschrieben. Anfang 2023 war aber schon absehbar, dass die Erhöhung wegen der hohen Inflationsrate des Jahres 2022 von 8,6 Prozent neuerlich sehr kräftig ausfallen würde. Wochen- oder sogar monatelang wurde von den Koalitionsparteien um eine Verschiebung im Rahmen eines größeren Wohnpakets gerungen, das auch einen Sanierungsbonus sowie Erleichterungen für erstmalige Käuferinnen und Käufer von Eigenheimen beinhalten hätte sollen. Doch im März scheiterten die Verhandlungen, die Richtwerte wurden im April um 8,6 Prozent erhöht. Lediglich eine Aufstockung der Mittel für die Wohnkostenzuschüsse der Länder wurde damals beschlossen. (Martin Putschögl, 29.8.2023)