Nach dem Hype die Krise: Streamingplattformen setzen derzeit vor dem Hintergrund des Hollywoodstreiks und stagnierender Abo-Zahlen allerorts den Sparstift an. Die Stornowelle betrifft indessen nicht nur die Streichung von Fortsetzungen für gefloppte Serien wie "The Idol" von The Weeknd mit Lily-Rose Depp – DER STANDARD berichtete. Der Trend macht auch vor bereits fertiggestellten Großproduktionen wie "Nautilus" von Disney+ nicht halt.

Shazad Latif hat für Disney+ die Figur des Captain Nemo in der millionenschweren Produktion "Nautilus" verkörpert.Zu sehen ist das Ergebnis – aus Spargründen – vorerst nicht.
APA/AFP/ISABEL INFANTES

Laut dem britischen "Guardian" wurde für das Prequel zu Jules Vernes "20.000 Meilen unter dem Meer" mit Shazad Latif als Captain Nemo ein riesiges U-Boot gebaut, hunderte Crewmitglieder und Statisten wurden angeheuert. Im australischen Queensland, wo die Dreharbeiten stattfanden, erwartete sich die lokale Regierung einen Schub von rund 96 Millionen Dollar für die regionale Wirtschaft. Obwohl die Serie laut dem Bericht nach einer Drehzeit von fast einem Jahr fertig ist, wird das Ergebnis vorerst niemand sehen können. Disney+ hat sich gegen eine Veröffentlichung entschieden – aus Spargründen.

Der Hintergrund: Im Mai gab Disney+ bekannt, aus Kostengründen Inhalte im Wert von 1,5 Milliarden Dollar zu streichen. Der Wegfall von Inhalten führt nämlich zu einem substanziell geringeren Wert des Unternehmens und damit auch zu geringeren Steuerverpflichtungen. "Nautilus" ist wohl ein besonders spektakuläres, aber bei weitem nicht das einzige Beispiel für ein Opfer dieser Strategie. So führt der "Guardian" auch eine bereits fertiggestellte TV-Adaption von "The Spiderwick Chronicles" an.

Steuervorteile als Stornogrund

Aber auch andere Konzerne haben bereits fertiggestellte und noch nicht ausgestrahlte Produktionen gestrichen. Der US-Sender AMC etwa die zweite Staffel des Animationsdramas "Pantheon" und das Justizdrama "61st Street". Auch hier waren Steuervorteile ausschlaggebend. Die Sitcom "Chad" wurde laut dem "Guardian"-Bericht wenige Stunden vor dem geplanten Start bei TBS zurückgezogen.

Die Streichungen machen indessen auch vor etablierten Serien nicht halt. So führt der "Guardian" für Großbritannien Beispiele wie "Willow", "Big Shots" und "The Mysterious Benedict Society" seitens von Disney+ an, für Warner Bros. Discovery Produktionen wie "Westworld", "Raised by Wolves" und "Gordita Chronicles" und für Parmount+ unter anderem Jordan Peeles "Twilight Zone"-Remake. Mit der derzeitigen Stornowelle verschwinden denn nicht nur für die Zukunft erwartete Produktionen, auch die Vorstellung von Streamingplattformen als bodenlosen Archiven für bisherige Inhalte ist längst nicht mehr haltbar. (red, 31.8.2023)