Statt klassischen Messekojen bietet Viennacontemporaryden Gallerien im Kursalon nur Nischen.
Viennacontemporary/kunstdokumentation.com

Die Euphorie, mit der die neuen und alten Macher der Viennacontemporary (VC) die kommende Woche (7.–10. September) anberaumte Auflage samt Zukunftsperspektiven vermarkten, ist durchaus bemerkenswert. Auch abseits des Kerngeschäfts einer Kunstmesse, wo man mit Facebook-Mutter Meta und Mak (Museum für angewandte Kunst) "eine führende Plattform für digitale Kunst" zu entwickeln gedenkt. VCT Activation nennt sich das Projekt.

In der analogen Welt werden 61 Galerien ein zweites und letztes Mal im Kursalon im Stadtpark ihr temporäres Quartier beziehen und ihre Nischen mit Kunst garnieren. Nächstes Jahr übersiedelt man (mit mehr Teilnehmenden) in die Messe Wien zurück, genauer in die Halle D. Der Entwurf eines Rahmenvertrages für fünf Jahre liege vor, informiert Markus Huber, Geschäftsführer der neuen Betreibergesellschaft VC Artfairs GmbH, auf Anfrage. Die Messetermine seien allesamt fixiert worden, 2024 wird die VC demnach vom 12. bis 15. September stattfinden.

Eigentümerwechsel und anderer Unbill

Ein für alle Beteiligten wirtschaftlich erfolgreiches Messeformat für Kunst der Gegenwart mit Schwerpunkt auf Ost- und Südeuropa ist wohl das erklärte Ziel. Also gibt man sich zweckoptimistisch, wenngleich die Turbulenzen der letzten Monate da und dort ihre Spuren hinterlassen haben.

Etwa die Unklarheiten rund um Dmitri Aksenow als langjährigen Eigentümer der Betreibergesellschaft. Obwohl der Unternehmer und russisch-zypriotische Doppelstaatsbürger weder sanktioniert wurde noch je als Putin-Freund in Erscheinung getreten ist, hatten einige Galerien Bedenken im Hinblick auf eine Teilnahme an "seiner" Messe und einen damit womöglich verbundenen Reputationsverlust.

Als im April vergangenen Jahres sein Rückzug und die Gründung der neuen Betreibergesellschaft VC Artfairs GmbH offiziell verlautbart wurden, wähnten Galerien, Geschäftspartner oder auch Förderstellen die Angelegenheit als erledigt. Tatsächlich fand die wirtschaftliche Entflechtung erst Monate später statt, konkret exakt einen Tag vor der Eröffnung der Kunstmesse im September 2022.

2023 keine Bundessubvention

Das sorgte für einigen Unmut. Ebenso die Präsentation der "Zone eins", die in das Untergeschoß des Kursalons hinter die Sanitärräume verbannt worden war: auf fünf Quadratmeter, statt ehemals 25 (2019, 2020). Dem zuständigen Bundesministerium (BMKÖS), das dafür die üblichen 50.000 Euro springen ließ, stieß das sauer auf. Als Subventionsgeber zog sich der Bund 2023 vorerst zurück. Für Unbill sorgten auch die finanziellen Probleme, mit denen die VC Artfairs noch Anfang 2023 zu kämpfen hatte. Zahlreiche Subauftragnehmer warteten monatelang auf die Begleichung ihrer Rechnungen. Verzögerungen kannte man aus der Vergangenheit, jedoch nie in diesem Ausmaß, wie Betroffene dem STANDARD schilderten.

Verdacht der Überförderung

An dieser Front sollte erst eine nennenswerte Cofag-Zahlung die Wende bringen, konkret der Verlustersatz für 2021 in der Höhe von mehr als 991.000 Euro. Wie ein Blick in die Transparenzdatenbank belegt, bekam Aksenows VC Venture GmbH Corona-Förderungen im Umfang von insgesamt knapp 1,69 Millionen Euro – mehr als jeder andere Messeveranstalter in Österreich, und das, obwohl keine der Messen während der Pandemie abgesagt werden musste.

Zusätzlich zum Verlustersatz gab es einen Fixkostenzuschuss in der Höhe von rund 617.000 Euro, weiters Ausfallboni für die Monate September und November 2021 sowie März 2022 im Gesamtumfang von 59.767 Euro, wie Huber auf Anfrage präzisiert. Die VC sei "massiv von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen" gewesen, argumentiert er. Sowohl Cofag als auch Finanzamt erteilten nach eingehender Prüfung ihren Segen.

Allerdings waren die Umsatzausfälle der VC Venture nur teilweise der Pandemie geschuldet: etwa die geringere Zahl von 66 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei der Messe 2020 (2019: 107), wodurch weniger Standmiete eingenommen wurde, die jedoch, laut Huber, aufgrund der Pandemie bewusst "stark gesenkt" wurde, um die Galerien zu unterstützen.

Standortwechsel schmälerte Umsatz

Zur Reduktion des Umsatzes trug aber auch der Wechsel des Standortes bei, der keineswegs der Pandemie, sondern der Justamenthaltung wegen einer vermeintlich konkurrierenden Messe im Frühjahr geschuldet war. 2020 fand die VC noch in der Marx-Halle statt, wohin man nach Jahren in der Messe Wien und Uneinigkeiten wegen des Herbsttermins eigens 2015 übersiedelt war. Als dort im Frühjahr 2021 die Spark-Messe stattfand, suchten sich die Veranstalter der VC ein neues Quartier. Die Wahl fiel bekanntlich auf die Alte Post (2021), einen Standort, an dem nur 25 Galerien Platz fanden. Die Reduktion der Einnahmen aus der zu vermieteten Standfläche hatte die VC Venture folglich gezielt in Kauf genommen: förderwürdig, der Pandemie sei Dank. (Olga Kronsteiner, 3.9.2023)