Marie Rötzer und ihr Buchtipp.
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Sie spricht von einem kleinen "Festivalkoller", der sie ereilt habe, als sie sich während ihres Besuchs bei den diesjährigen Salzburger Festspielen meldet, im Juli war sie schon beim Theater-, Tanz- und Gesangsfestival im französischen Avignon. In Salzburg bewohnt sie mit ihrem Mann zusammen jedes Jahr ein Domizil am Untersberg, wo sie sich auch erholen kann. Gerne geht sie dann wandern, die Verbindung von Kultur und Natur sei ohnehin ideal.

Suche nach dem Ich

Salzburg ist jedenfalls nicht Mistelbach, wo sie aufgewachsen ist, "dort gibt es nicht so viel Ablenkung", aber dort schätzt sie auch die weniger touristischen Weinberge. Und sie erinnert sich gerne an die "Bibliothekskultur vor allem für uns Kinder, es war schön, dass wir uns so viele Bücher ausleihen konnten". Las sie denn immer schon dramatische Literatur? "Goethe, Schiller und vor allem Nestroy als Schullektüre fand ich faszinierend!", das Anschauen der Stücke am Burgtheater dann aber noch spannender. Die Sprache ließ in ihr immer mächtige, kraftvolle Bilder entstehen. "Textflächen" wie Elfriede Jelineks Am Königsweg, das sie auf die Bühne brachte, seien natürlich herausfordernd, "da braucht man schon Erfahrung, um das in Bilder zu verwandeln. Und erst die Schauspieler verwandeln die Sprache dann in Musik, das macht Theater aus!"

"An der Prosa von Kim de L’Horizons Blutbuch hat mich die unglaublich schöne Geschichte interessiert, eine Suche nach sich selbst. Wunderbar poetisch werden entlang des mütterlichen Stammbaums einer Familie teils fiktive Frauenfiguren erkundet voller Stärke, die aber auch leiden mussten. Was heißt es, sich außerhalb der Norm zu verhalten? Seine ganz eigene Identität zu finden?" Diese Fragen verhandelt sie auch an ihrem Theater: Welche Normen gibt die Gesellschaft vor, und wie weit wird jemand, der sich außerhalb bewegt, toleriert? "Das Buch ist so gut und sprachlich so innovativ", sagt sie, dass es das "Theater" um die nonbinäre Autorenschaft gar nicht gebraucht hätte. "Hier ist Literatur Mittel, um uns Trost und Heilung zu geben." Und das kann ja nicht schaden in diesen Tagen. (Manfred Rebhandl, 2.9.2023)