Parallel Vienna 2023
Was gibt es Neues? Das fragt man sich alljährlich auf der Kunstmesse Parallel Vienna. Das Land Steiermark steuert Containermonster und Styrodur-Bananen samt Maskiertem bei.
GUKUBI-MATO

Wer die diesjährige Parallel Vienna besuchen will, sollte festes Schuhwerk einplanen: Um die bespielten Pavillons zu erreichen, muss der Hügel des Otto-Wagner-Areals beinahe zur Gänze erklommen werden. Bei der elften Ausgabe der Kunstmesse, die ursprünglich als Alternative zur "Mainstream"-Messe Viennacontemporary gegründet wurde, bleibt man also seinen bewährten Methoden treu. Junge Kunst und abgelegene Orte wie 2022 die Semmelweisklinik sollen auch dieses Jahr wieder zur erfolgreichen Symbiose verschmelzen.

Es ist die bisher größte kulturelle Veranstaltung, die das Otto-Wagner-Areal in Penzing ausrichtet. 150 Aussteller zeigen rund 600 Kunstschaffende in drei verschiedenen Pavillons. Bunt, schrill und auffällig scheint auch diesmal wieder die Devise zu sein – so grüßt am Eingang ein Skulpturenpark, der an ein klassisches Katerfrühstück erinnert: Ein Spiegelei (von Gert Resinger) liegt auf dem Rasen des Geländes, daneben wartet die Senftube (von Niklas Konstacky) für die nötige Würze. Besorgt wurde das wohl beim Discounter Aldi – in einer überdimensionalen Tüte von Martin Grandits.

Die Leistungsschau der hiesigen Kunstszene zieht sich als roter Faden durch die ehemaligen Klinikräume, alte Patientenzimmer, kaputte Toiletten und Biolabore fungieren als Pendant zum klassischen Messe-Aufsteller – verfrühte Halloween-Horror-Vibes inklusive.

Parallel Vienna 2023
Drei der Pavillons auf dem Otto-Wagner-Areal werden von der Parallel Vienna bespielt.
Parallel Vienna

Historische Aufarbeitung

Die düstere Geschichte des Areals – in der NS-Zeit wurden dort kranke und behinderte Kinder gequält und ermordet – wolle man mit Kunst aufarbeiten, so der künstlerische Leiter Stefan Bidner. Die Mischung der Aussteller aus Gallery, Project und Artist Statements sowie Kunstinstitutionen ist seit langem bewährt, die Special Show "Horror Vacui" sorgt mit Namen wie Erwin Wurm, Gunter Damisch und Sophia Süßmilch für Promifaktor. Institutionelles Highlight ist etwa das Kuratoren-Duo Gukubi-Mato für das Land Steiermark, das mit den Kunststipendiaten einen knalligen Raum gestaltet hat (unterhaltsam: gelbe Styrodur-Bananen von Simon Reitmann).

Die Akademie der bildenden Künste bespielt beinahe ein gesamtes Stockwerk und zeigt mit der Klasse von Daniel Richter ein umfangreiches Programm. Und auch Jakob Lena Knebls Klasse für Transmediale Kunst von der Universität für angewandte Kunst ist vertreten.

Es mangelt also nicht an Neuentdeckungen: Die Künstlerin Kater D. zerstückelt in ihrer Serie die kahlen Wandfliesen, Kata Oelschlägel hängt berüschte Skelette auf und überströmt die Toilettenwände mit neonfarbenen Flüssigkeiten. Schummriges Kliniklicht dämmt das Potenzial einiger Räume leider ein wenig, manche Arbeit bleibt dem gelben Schein der Leuchtröhren verborgen. (Caroline Schluge, 4.9.2023)