Klangspuren
Dynamik, Ironie und stilistische Vielfalt in der Nachfolge von Frank Zappa zeichnen das EnsembleStudio Dan aus.
Ditz Fejer

Schwaz – Er ist schwer zu erreichen, als sei er unterwegs zum Mond. Schließlich hebt Daniel Riegler aber ab. Der Mann für fast alle Fälle, die Studio Dan betreffen, kann natürlich begründen, warum ihm für Kommunikation wenig Zeit bleibt. Zusammen mit seiner Kammer­musikcombo ist der Posaunist nicht nur bei den Klangspuren Schwaz vertreten. Entsprechend der stil­flexiblen Ausrichtung der Band ist da einiges mehr zu tun.

Bei den Musiktheatertagen Wien wird ein Stück von Michael Tiefenbacher (ab 14. 9.) uraufgeführt. Abende bei Wien Modern und im Dschungel Wien folgen. Auch ein Fußballkäfigkonzert im 15. Bezirk und Stücke von Frank Zappa im Konzerthaus nahen. Dass man Zappa spielt, ist klar. Der Ensemble­name leitet sich vom Studioalbum ab, das der Gitarrist, Vielschreiber und Ironiker 1978 aufgenommen hat.

Neue Stücke

Zappas Stiloffenheit ist auch Teil der Philosophie von Studio Dan. Das lässt sich an den bei den Klangspuren erstmals erklingenden Stücken von Ingrid Laubrock und Lukas König zeigen. "Ingrids Stück verlangt ein rein akustisches Ensemble", erzählt Riegler. Während König sich selbst, "ein elektronisch verstärktes Becken, einen Flipper und dessen Spielerin, Noise-Performerin Victoria Shen, in den Mittelpunkt stellt".

Was die Stücke eint? "Das Kollektiv muss sich in beiden Kompositionen spontan einen Pfad durch die Grundideen bahnen. Es geht ums Zuhören, schnelle Reagieren und gleichsam Durchlässigbleiben", sagt Riegler, der nicht nur Studio Dan, sondern die Wiener Szene insgesamt als Hotspot für genre- und szeneübergreifendes Denken sieht. "Es schöpfen Pop-Leute aus Erfahrungen, die sie mit Klangkünstlern und E-Musik-Komponisten machen. Ensembles arbeiten sich nicht mehr nur an einer Leitidee ab."

Einfach weginoriert

Trotz aller Erfolge besorgt Riegler "der tägliche Kampf um Aufmerksamkeit, der enorm aufreibend ist". Veranstalter und Klubs seien "eher sehr schwer zu erreichen, auch wenn es Ausnahmen gibt. Aber vor allem die Medien sind zu einem kommunikatorischen schwarzen Loch geworden", sagt Riegler. "Von TV, Radio und Print, mit den bekannten Ausnahmen, werden wir eigentlich wegignoriert ..."

Hier muss das Telefonat enden, das letztgenannte Problemfeld bleibt ja sowieso. Der Posaunist, Komponist und künstlerische Leiter hat zu tun. Wie Sisyphos, Held des vergeblichen Bemühens, fühlt sich Riegler dann doch nicht.

Der Intendant lobt

Erreicht habe wir aber auch den Festivalleiter Christof Dienz, der zum Festival, das 30. Geburtstag feiert, und zu Studio Dan meint: "Grundsätzlich versuche wir das Thema Neue Musik breiter zu denken. Wir suchen nicht nur akademische Zugänge, die uns natürlich auch wichtig sind, sondern auch Ansätze, die in irgendwelchen Proberäumen entstehen oder Soundtüftler, die am Laptop super spannende Klangartefakte (er)finden."

Die Musikwelt und ihre verschiedenen Ansätze seien "viel durchlässiger geworden und diesem Phänomen wollen wir Rechnung tragen. Dazu gehört ganz sicher auch Studio Dan, deren Godfather Frank Zappa ist und daraus ergibt sich ein sehr offener, stilistisch breit aufgestellter Zugang. Studio Dan ist sich das Ensemble in Österreich, das die Schnittstelle zwischen Neuer Musik und improvisierter Musik am spannendsten und kreativsten besetzt", findet Dienz.

Was denken 30-Jährige heut?

Beim Jubiläumsproramm betont er das Motto "preview - review", was bedeutet, dass man nicht nur zurückschauen will. "dazu haben wir zum Eröffnungskonzert am 7.9. 2 junge Komponisten und Komponistinnen eingeladen, die so wie die klangspuren heuer 30 Jahre alt werden, ein Stück für uns zu komponieren."

Man wolle "darstellen: Was denken junge Leute, die bei Festivalgründung geboren wurden? Was ist ihre Haltung und ihr Blickwinkel auf Gesellschaft und Neue Musik?" Außerdem habe man viele Projekte eingeladen, die über die "Vergangenheit reflektieren und eine in die Zukunft weisende Reaktion darauf zeigen."

Dienz selbst interessanter Komponist verweist auf "Klaus Lang, am 10.9., oder The Young Gods, am 9.9. oder Birgit Minichmayr zusammen mit Martin Siewert am 16. und 17.9. mit ihrem Projekt über Lotte Lenya." Oder "musik in the belly" von Karl Heinz Stockhausen, das "Simon Steen Andersen als Musiktheater neu gedacht hat." Nichts wie hin! (Ljubisa Tosic,3.9.2023)