Bevor es ins Jenseits geht, gilt es für den Mafioso, seinen Peiniger McCall (Denzel Washington, li.) näher kennenzulernen
Bevor es ins Jenseits geht, gilt es für den Mafioso seinen Peiniger McCall (Denzel Washington, links) näher kennenzulernen.
AP/Stefano Montesi

"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" ist ein Gedanke von Erich Kästner, dem der Ex-Agent Robert McCall sicher zustimmen würde. Bis der Mann, der nun zum dritten Mal für Gerechtigkeit unter Umgehung rechtsstaatlicher Besonnenheit sorgt, dem Guten zum Durchbruch verhelfen kann, muss allerdings viel Blut fließen. In The Equalizer 3 – The Final Chapter besonders viel Blut.

McCall wäre ein friedlicher Mensch. Allerdings kreuzt das Böse immer wieder seinen Pensionsweg und ist dann auch noch unempfänglich für gutes Zureden. Es vergibt Mal für Mal die letzte Chance, die ihm McCall gibt. Wer nicht hören will, muss dann sterben.

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Regisseur Antoine Fuqua zeigt es noch drastischer als in den ersten beiden Filmen der Rachegeschichte. Am Anfang wurde die russische Mafia bestraft. Im Sequel rechnete McCall mit einem zum Bösen übergelaufenen Kollegen ab. Jetzt räumt er mit Terminator-Präzision in Süditalien auf, und die Kamera ist derb und nah dabei. Für empfindliche Mägen könnten die offenen Schädel, die abgetrennten Extremitäten und Nahaufnahmen freigelegter Gedärme herausfordernd sein.

Das wird schnell klar: Gleich zu Beginn pflastern Leichen den Weg eines sizilianischen Mafiosos, der beim Betreten seines Anwesens nicht ahnt, dass er McCall treffen wird. Dieser hat fast alle Angestellten des Padro­ne mit Pistolen, kaputten Flaschen oder was sonst noch an Gegenständen herumlag in den letzten Schlaf befördert. Nun sitzt er da und gibt dem Capo neun Sekunden Zeit, über sein Schicksal zu entscheiden. Er soll zurückgeben, was jemand anderem gehört.

Leider keine Ruhe

Was dem Mafiaboss nicht gehört hat, wird erst final geklärt, also weitere zwei Dutzend Leichen später. Die immerhin spannende Eröffnungsszene ist jedoch die Fußnote eines Films, der bald beginnt, zwischen Italien-Kitsch und Blutbad zu changieren. Der verwundete McCall landet in einem malerischen Örtchen namens Altamonte (eigentlich Positano an der Amalfiküste) und lernt während seiner Genesung die entschleunigte Lebensart der Bewohner kennen. Er will sich in diesem Paradies auf Erden niederlassen.

Leider terrorisiert die Mafia das Städtchen, worauf McCall, den sie hier zärtlich Roberto nennen, der gerne Tee trinkt, in den Unruhestand wechselt. Zum Postkartenkitsch gesellen sich oberflächliche Charaktere. Der Arzt (Remo Girone), der McCall heilt, der Fischhändler, dessen Geschäft abgefackelt wird, oder der Mafiaboss, der das Dorf quält: Sie alle bleiben Schablonen, Schatten tragfähiger Figuren und sind bloß Menschenkulissen für eine Orgie der Selbstjustiz. Nur Denzel Washington hält das Ganze auch in entspannten Szenen niveauvoll zusammen. Davon gibt es für den Mann mit der selbsterteilten Lizenz zum Töten jedoch nicht viele. (Ljubiša Tošić, 4.9.2023)