Er ist dort, wo er sich am liebsten aufhält: Sebastian Kurz steht wieder in der Öffentlichkeit. Jene Publizität freilich, die ihm in Verbindung mit einer Anklage wegen Falschaussage und Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft zuteil wird, will er zwar lieber ausblenden, die andere gibt aber wieder viel Nahrung für Spekulationen über eine eventuelle Rückkehr an die ÖVP-Spitze. Der Ex-Kanzler und heutige Jungunternehmer ist aktuell Hauptdarsteller zweier Kinofilme. Einer setzt sich kritisch mit der Kurz-Ära auseinander, der andere huldigt dem Phänomen Kurz. Wie auch immer: Sebastian Kurz steht wieder für einige Tage im Rampenlicht österreichischer Innenpolitik. Er selbst betont zwar, wie sehr er sein neues Leben in der Wirtschaft genieße, das Start-up in Israel entwickle sich bestens. Aber dennoch: Kurz hat seine alten Getreuen in seiner Wiener Firmenzentrale um sich versammelt, was Rückkehrgerüchte aufblühen lässt. "Im Moment" habe er keine Ambitionen, in die Politik zurückzukehren, sagt Kurz. Spannend könnte es freilich werden, sollte die ÖVP auf Dauer unter 20 Prozent fallen.

Was spricht nun für und was gegen eine Rückkehr von Sebastian Kurz in die Politik?

Für

Sebastian Kurz ist 37 Jahre alt und hat seine politischen Ambitionen längst noch nicht aufgegeben. Im Gegenteil. Er unternimmt alles, um in Österreich im Gespräch und auf der politischen wie medialen Bühne präsent zu bleiben.

Seinen erzwungenen Abgang, erst als Bundeskanzler, schließlich von allen politischen Funktionen inklusive Zurücklegung seines Nationalratsmandats, hat er bis heute nicht verwunden.

Kurz war politisch sehr erfolgreich. Der Ex-Kanzler ist davon überzeugt, die ÖVP wieder an die Spitze führen zu können. Die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft sieht er als politische Intrige gegen ihn.

Er hat auch noch jede Menge Rechnungen offen, die er noch begleichen möchte – eine etwa mit den Grünen, die seinen Rückzug aus der Regierung erzwungen hatten.

Seine jetzige Tätigkeit als Geschäftsmann hat für Kurz durchaus sehr erfüllende Momente. Es macht zwar Spaß, richtig Geld zu verdienen, die Anerkennung, die ihm in seiner besten Zeit in der Politik zuteilwurde, lässt sich mit Geld aber nicht aufwiegen. Kurz kommt viel herum und lässt sich etwa in Ungarn von Ministerpräsident Viktor Orbán wie ein Staatsgast hofieren. Aber noch lieber würde er natürlich tatsächlich wieder an den Hebeln der Macht sitzen. Politikberater Thomas Hofer ortet bei Kurz gar "politische Phantomschmerzen".

Für sein politisches Comeback wäre alles vorbereitet. Er hat ein sehr dichtes und weitreichendes Netzwerk geknüpft, das jederzeit für ihn auch politisch tätig werden und seine Rückkehr rasch orchestrieren kann. In seinem Büro am Ring sitzen lauter Vertraute, die sofort für ihn in den Ring steigen würden.

Spannend könnte es werden, wenn sich die ÖVP dauerhaft – im Worst Case unter 20 Prozent – hinter der SPÖ festsetzt. Dann könnten in der ÖVP Dämme brechen. Kurz selbst lässt die Türen offen: Im Handelsblatt-Gespräch vor einigen Tagen sagte er, in eine politische Funktion ziehe es ihn "im Moment" nicht.

Sebastian Kurz
Kurz steht wieder im Rampenlicht.
EPA/Antony Anex

Wider

Die Politik hat Sebastian Kurz hinter sich gelassen. Er fühle sich wohl in seinem neuen Leben, er sei gerne Papa und Geschäftsmann, unterstreicht er immer wieder in Gesprächen. Er genieße den beruflichen Erfolg, sei stolz auf seine Firmengründungen und wolle erst einmal sein ganzes Augenmerk auf den Ausbau seiner beruflichen Ambitionen im In- und Ausland lenken.

Kurz fühlt sich natürlich geschmeichelt, in politischen Kreisen im Ausland immer noch geschätzt zu werden – nicht nur in Ungarn. Auch im Nahen Osten sei er gerne gesehen. Staatschefs empfangen ihn privat. Als ehemaliger Kanzler eines europäischen Staats ist er ein gern gesehener Gast bei diversen Galadiners. Seine Kontakte öffnen ihm Türen in die Geschäftswelt, die er zu nutzen weiß.

In Wien bäckt der Unternehmer Kurz noch eher kleinere Brötchen. Er ist Inhaber der SK Management GmbH, die wiederum mit 1,81 Prozent an der Medaia GmbH, beteiligt ist – einem kleinen Start-up in Graz, das "Skinscreener", eine App zur Hautkrebsprävention, entwickelt hat. Gering beteiligt ist Kurz auch an Heldyn, einer Online-Pflegevermittlung.

Der Ex-Kanzler hält mit VP-Großspender Gerd Alexander Schütz schließlich die AS²K Beteiligungs GmbH zu je 50 Prozent. Geschäftsführerin ist die Ex-Büroleiterin von Kurz, Vera Regensburger. Über sein Engagement beim US-Großinvestor Peter Thiel möchte Kurz nichts Konkretes sagen.

Dicker im Geschäft dürfte Kurz in Israel sein. Hier hat er im Herbst 2022 mit Shalev Hulio das Start-up Dream Security mitgegründet, es entwickelt KI-Programme zum Schutz kritischer Infrastruktur. Hulio war zuvor wegen einer Spy-Software ins Gerede gekommen. Im deutschen Handelsblatt wird Kurz zitiert, Dream habe derzeit 60 Mitarbeiter und wachse rasant. Ein Drittel der Firma gehöre ihm.

Spätestens nach der nächsten Finanzierungsrunde wäre Kurz zumindest auf dem Papier "Multimillionär", heißt es. (Walter Müller, Michael Völker, 5.9.2023)