Der A1-Turm im Wiener Arsenal
Der Funkturm der Telekom Austria im Wiener Arsenal hat bald zwei Eigentümer: Beton und Gebäude gehören Eurotelesites, die Antennen und Sendeanlagen bleiben das Herzstück von A1.
Christian Fischer

Wien - So vorteilhaft, wie seit dem Beschluss über die Abspaltung betont wird, ist die Ausgliederung der mehr als 7000 Funkmasten durch die Telekom Austria nicht. Zwar gibt es mit der neuen Gesellschaft Eurotelesites langfristige Miet- und Pachtverträge für die Sendeanlagen sämtlicher A1-Gesellschaften in Österreich und den osteuropäischen Ländern. Aber es ist eben Miete zu zahlen und das dauerhaft. Das kostet Cash.

Den negativen Effekt auf das operative Ergebnis (Ebit) gibt das A1-Management im Spaltungsbericht mit neun Prozent an. Der Freie Cashflow, also die nach Abzug von Ausgaben und Investitionen zur Verfügung stehenden freien Mittel, wird durch die Ausgliederung empfindlich dezimiert, konkret sind es rund 60 Millionen Euro pro Jahr, die etwa bei Dividendenausschüttungen, Aktienrückkäufen oder der Schuldentilgung abgehen werden.

Dies ist eine direkte Folge des Leasings, das die für das operative Telekomgeschäft zuständigen A1-Gesellschaften in Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien, Nordmazedonien und Bulgarien fixiert haben. Dieser Abgang erhöht bei A1 logischerweise den Druck zu Einsparungen, etwa beim Personal. Denn die Mieten sind indexiert, steigen also jährlich gemäß Verbraucherpreisindex, maximal aber um drei Prozent pro Jahr.

Jahresüberschuss dezimiert

Beim Umsatz fällt die Abspaltung der Infrastruktur hingegen kaum ins Gewicht, es handle sich lediglich um einen Abgang in der Größenordnung von 0,2 Prozent, was bei fünf Milliarden Euro nicht auffallen sollte. Die rund 14 Prozent, um die der Jahresüberschuss dezimiert wird, sind da schon eine andere Liga.

Dem gegenüber, sozusagen auf der positiven Seite, steht, dass die Telekom Austria (TA) mit der verhältniswahrenden Spaltung, die erklärtermaßen im Oktober, jedenfalls aber noch heuer mit dem Listing der neuen Gesellschaft Eurotelesites an der Wiener Börse abgeschlossen sein wird, ihre Verschuldung verringert. Österreichs mit Abstand größter Telekomnetzbetreiber ist mit einem Schlag eine Milliarde Euro an Verbindlichkeiten los.

Diese Milliarde wird der Funkmastengesellschaft je zur Hälfte in Form einer Anleihe und eines syndizierten Kredits mit auf den Weg gegeben. Darüber hinaus stehe eine Kreditlinie über 75 Millionen Euro zur Verfügung, sagte der Vorstandschef von Eurotelesites, Ivo Ivanovski, am Dienstag in einer Kapitalmarktkonferenz mit Analysten.

Drittgeschäft ausbauen

Die Pläne sind ambitioniert, der Umsatz mit den Funkmasten soll pro Jahr um vier bis sechs Prozent steigen (von aktuell 232 Millionen Euro). Neue Funkmasten würden nur gebaut, wenn es dafür Bedarf und dazugehörige Nutzungsverträge mit Kunden gebe. Dank der langfristigen Verträge mit A1 – die erste Kündigungsmöglichkeit gibt es in acht Jahren, dann wieder jeweils nach acht Jahren – stehen für Investitionen pro Jahr rund 60 Millionen Euro zur Verfügung. Eine Dividende sollten Eurotelesites-Aktionäre in nächster Zeit nicht erwarten, der Freie Cashflow soll in vier Jahren positiv sein.

An Aufgaben, die beide Gesellschaften zu stemmen haben, mangelt es nicht. Eurotelesites etwa muss sich Drittgeschäft mit anderen Mobilfunkbetreibern erschließen, also das sogenannte Sitesharing forcieren, sonst fehlt es der neuen Gesellschaft an Wachstum und Einnahmen. Auch die Aufrüstung für das mobile Highspeed-Internet (5G) sei noch nicht abgeschlossen, es brauche geschätzt tausend neue Standorte. Als Wachstumstreiber gilt den künftigen Schwestergesellschaften der stark steigende Bedarf an Datendiensten.

Sendeanlagen bleiben bei A1

Wie berichtet geht A1 mit der Anfang August in der außertourlichen Hauptversammlung beschlossenen verhältniswahrenden Spaltung nicht der gesamten Mobilfunktürme verlustig. Denn Eurotelesites werden nur die passiven Teile der Türme, also die baulichen Einrichtungen, zugeschlagen. Die eigentlichen Sendeanlagen für die zu vermarktenden Services, also die strategische Infrastruktur, bleiben im Eigentum von A1.

"Wir glauben, dass das Infrastrukturgeschäft mehr Unabhängigkeit erfordert", betonte der frühere TA-Generaldirektor und nunmehrige Vizechef der A1-Gruppe, Thomas Arnoldner, am Kapitalmarkttag am Dienstag. Die Funktürme gehörten nicht in gleichem Maße zum Kerngeschäft der A1-Gruppe wie beispielsweise der Glasfaserausbau.

Noch ist die Trennung der ungleichen Schwestern aber nicht vollzogen. Es gebe noch hunderte Verträge zu fixieren, denn bisher war die Infrastruktur ja mit A1 ge- und verwachsen. Diese Trennung geht also nicht ganz so schnell vonstatten wie erhofft.

Die teilstaatliche A1 darf übrigens fremdgehen: Sitesharing mit anderen Mobilfunkbetreibern steht ihr wie bisher offen, dann wäre A1 dort Untermieter, auch im Sinne des ökologischen Fußabdrucks, um Ressourcen zu schonen. Vorgesorgt wird auch für eine allfällige Schieflage. A1 hat ein Rückkaufsrecht auf Länderebene.

Mexikanische Mehrheit ausgebaut

Die Aktionärsstruktur der beiden Gesellschaften ist identisch: Amov hält jeweils 56,5 Prozent, die Staatsholding Öbag 28 Prozent, die restlichen 15 Prozent sind im Streubesitz, davon der Großteil bei institutionellen Investoren, was die Liquidität der TA-Aktie stark bremst. Jeder Aktionär bekommt je vier Telekom-Aktien einen Eurotelesites-Anteilsschein. Beide Kernaktionäre haben sich zum Halten verpflichtet. Die kürzlich erfolgte Erhöhung des mexikanischen Anteils auf 56,5 Prozent ist übrigens eine Spätfolge der Kapitalerhöhung 2016. Damals hatte Amov plötzlich fast 60 Prozent, also mehr Anteilsscheine als die im Syndikatsvertrag mit der Öbag vereinbarten 51 Prozent, weshalb Aktienpakete bei Banken bzw. Fonds geparkt wurden. 5,55 Prozent davon wurden nun frei und offiziell Amov zugerechnet. (Luise Ungerboeck, 5.9.2023)