Reisen mit Privatjets boomen – auch in Österreich. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Privatflüge in Österreich im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 mehr als verdoppelt. Allein im August hoben in Österreich registrierte Privatflugzeuge 2.415-mal ab, wie eine aktuelle Analyse von Greenpeace ergab. Laut Berechnungen der Umweltorganisation verbrannten sie dabei 3,2 Millionen Kilogramm (vier Millionen Liter) Treibstoff, was zu Emissionen von über 10.000 Tonnen CO2 führte. Die durchschnittliche Flugstrecke soll dabei rund 870 Kilometer betragen haben.

Am häufigsten starteten österreichische Privatmaschinen mit 149 Starts in Nizza, gefolgt von Wien (97 Starts) und Salzburg (91 Starts). Über eine neue Tracking-Website von Greenpeace können die 227 Privatjets mit österreichischem Kennzeichnen in Echtzeit verfolgt werden. Angezeigt werden auch die Flughistorie der vergangenen 30 Tage sowie Daten zum Treibstoffverbrauch und den Emissionen.

Ein Privatjets am Flughafen Nizza, durch ein Loch in einem Gewebezaun betrachtet, am 6. September 2022.
Die Möglichkeit, unbemerkt von einem Ort zum anderen zu reisen, ist für viele ein Anreiz, einen Privatjet zu nutzen. Tracking-Apps stellen diese Diskretion jedoch auf die Probe.
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Unmut bei Passagieren wegen Privatflug-Trackern

Solche Tracker sorgten in der Vergangenheit bereits für Aufsehen. 2022 soll Elon Musk dem damals 19-jährigen Jack Sweeney, Betreiber des Twitter-Bots @ElonJet, 5.000 Euro geboten haben, wenn er seinen Account löscht. Über die Twitter-Seite waren die Flugbewegungen des Multimilliardärs ersichtlich, gespeist wurde der Bot wie auch der Greenpeace-Tracker aus öffentlichen Daten. Bernard Arnault, Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH und derzeit zweitreichster Mensch der Welt, hat seinen eigenen Privatjet verkauft und will nun nur noch mit gemieteten Maschinen fliegen – laut seinen Aussagen sollen Tracker-Apps dabei eine Rolle gespielt haben. Ähnliche Accounts existieren auch für die Flugzeuge von Bill Gates oder Jeff Bezos. Bei dem Greenpeace-Tool bleibt allerdings im Dunkeln, wer tatsächlich in den Fliegern sitzt.

Die Umweltorganisation ist ob der Klimakrise jedenfalls erbost über die Hochkonjunktur der Privatmaschinen. "Während die Österreicherinnen und Österreicher unter der Sommerhitze ächzen, laufen die Turbinen der österreichischen Privatjets heiß", kritisiert Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich. "Im Angesicht der Klimakrise ist es auch Superreichen durchaus zumutbar, mit dem Zug statt mit dem Privatjet in den Urlaub zu starten." Ein Privatjet-Verbot sei unerlässlich, um der Klimagerechtigkeit ein Stück näher zu kommen, sagt Duregger.

Rufe nach Verbot

Zuletzt forderte SPÖ-Chef Andreas Babler ein solches Verbot. Kein Verbot, aber Einschränkungen wünschte sich bereits Ende Mai auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) – sie machte sich zusammen mit den Umweltministerinnen und -ministern aus den Niederlanden und Frankreich in einem offenen Brief an die EU-Kommission für mehr Klimagerechtigkeit im Bereich der Privatflüge stark. Laut EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean sind in dieser Amtszeit der Kommission keine Einschränkungen für Privatjets geplant.

In Frankreich, wo europaweit nach dem Vereinigten Königreich die zweitmeisten Privatflugzeuge starten, dachte Transportminister Clément Beaune im Sommer vergangenen Jahres laut über eine stärkere Regulierung nach. Angeheizt wurde die Debatte auch von dem Twitter-Account "I fly Bernard", der die Flugbewegungen des LVMH-Chefs öffentlich machte. Aus den Einschränkungen wurde vorerst nichts. Von dem im Juni verabschiedeten Gesetz über das Aus für Kurzstreckenflüge auf Relationen, die in unter 2,5 Stunden per Bahn erreichbar sind, sind Privatjets ausgenommen.

In einigen Fällen überlebenswichtig

Privatjets stehen vor allem wegen ihres hohen CO2-Ausstoßes in der Kritik, doch wie viel CO2 ein Privatflugzeug emittiert, hängt vom genauen Typ der Maschine ab. Einen Richtwert geben die Werte des Topsellers Cessna Citation XLS: Sie verbraucht pro Flugstunde etwa 850 Liter Kerosin, was rund zwei Tonnen CO2 entspricht. Laut gängigen Berechnungen liegt das mit dem 1,5-Grad-Ziel verträgliche Treibhausgasbudget bei rund 1,5 bis 2,5 Tonnen pro Person und Jahr.

Während Klimaaktivistinnen und -aktivisten sowie Teile der Politik ein Verbot von Privatflügen fordern, merken andere Fach- und Geschäftsleute an, dass diese in vielen Bereichen notwendig seien – etwa um dringend benötigte Ersatzteile, Reparaturteams oder menschliche Organe zu befördern. (pp, 7.9.2023)