Publizistin und Philosophin Isolde Charim.
Publizistin und Philosophin Isolde Charim.
IMAGO/Horst Galuschka

Bregenz - Die österreichische Philosophin Isolde Charim wird mit dem diesjährigen Essay-Preis "Tractatus" des Philosophicums Lech ausgezeichnet. Sie erhält den mit 25.000 Euro dotierten Preis exemplarisch für ihr Werk "Die Qualen des Narzissmus", mit dem sie unter anderem die Mechanismen der freiwilligen Unterwerfung in der Gesellschaft entlarvt. Die Verleihung erfolgt am 22. September im Rahmen des Philosophicums, das sich heuer mit dem Thema "Alles wird gut" auseinandersetzt.

Die Jury - bestehend aus der österreichischen Literaturwissenschafterin Daniela Strigl, der Schweizer Philosophin Catherine Newmark und dem deutschen Literaturkritiker Ijoma Mangold - führte in ihrer Begründung aus: "Ein intellektueller Parforce-Ritt durch die Qualen des gegenwärtigen Hyper-Individualismus, von hoher denkerischer Originalität - und gesellschaftlich höchst aktuell und augenöffnend in viele Richtungen, von der Arbeitswelt bis zur Internetkultur."

In "Die Qualen des Narzissmus" geht die in Wien geborene Charim der Frage nach: Wie kommt es, dass wir uns den Verhältnissen unterordnen? Der heutzutage als erstrebenswert geltende Status der Einzigartigkeit wird von ihr als Mythos entlarvt, der aber als imaginäres Gegenprinzip zur allgemeinen Austauschbarkeit des Einzelnen in den realen Verhältnissen wirkmächtig sei. "Der Mythos der Einzigartigkeit, den der objektive Narzissmus befördert, erzeugt unsere freiwillige Unterwerfung", so Charim, die 2022 mit dem Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik ausgezeichnet worden ist.

Durchgesetzt gegen fünf Nominierte

Preisträgerin Charim setzte sich gegen fünf andere Nominierte durch, die überwiegend in Deutschland tätig sind. Gelistet waren Olga Martynova für "Gespräch über die Trauer", Christoph Menke für "Theorie der Befreiung", Hanno Sauer für "Moral: Die Erfindung von Gut und Böse - Eine philosophische Geschichte zu moralischen Wertvorstellungen", Andreas Urs Sommer für "Entscheide dich! Der Krieg und die Demokratie" sowie Philipp von Wussow für "Expertokratie. Über das schwierige Verhältnis von Wissen und Macht".

Der von privaten Sponsoren finanzierte Preis - er gehört zu den höchstdotierten im deutschsprachigen Raum - wird seit 2009 vergeben. Er wurde auf Anregung des Vorarlberger Schriftstellers Michael Köhlmeier ins Leben gerufen. "Prämiert werden herausragende Essays oder essayistisch orientierte Sachbücher, die philosophische Fragen für eine breitere Öffentlichkeit verständlich diskutieren und einen Beitrag zu einer nicht nur fachspezifischen Debatte von philosophischen Fragen liefern", erläuterte der wissenschaftliche Philosophicum-Leiter Konrad Paul Liessmann. Berücksichtigt würden dabei besonders die Relevanz des Themas, die sprachliche Gestaltung sowie die Originalität des Denkansatzes. (APA, 6.9.2023)