Zentrum der Überschwemmungen ist Derna im Osten von Libyen.
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Nach dem Erdbeben in Marokko die Flut in Libyen, tausende Tote, vielleicht mehr. Nordafrika ist nunmehr auf der Landkarte der 2023 von Naturkatastrophen besonders heimgesuchten Erdteile eingezeichnet. Im Juli, als wir in Europa schockiert nach Griechenland sahen, haben bereits in Tunesien und Algerien die Wälder gebrannt.

Es trifft eine besonders verwundbare Region. In Marokko ist das System stabil, auch wenn es zur Belastbarkeit von Mohammed VI. – der bereits als "abwesender König" apostrophiert wurde – Fragezeichen gibt und unter der Oberfläche einige Unzufriedenheit kocht. Mit Libyen ist ein von Jahrzehnten der Diktatur gezeichnetes und vom Bürgerkrieg verwüstetes Land betroffen. Das Zentrum der Überschwemmungen ist Derna im Osten, das als eine der Hauptstädte des internationalen Jihadismus bekannt wurde – was wiederum zum Aufstieg des ostlibyschen Kriegsherrn Khalifa Haftar beigetragen hat.

Ob Bevölkerungen, die bereits am Limit sind, apathisch oder mit Wut auf Katastrophen reagieren, hängt auch davon ab, ob jemand Alternativen anbietet, die bei den verzweifelten Menschen verfangen. Zu Recht oder zu Unrecht. In der Türkei wurde Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach dem Staatsversagen beim Erdbeben auch von Betroffenen wiedergewählt. Er verfügt über die Mittel, die sie brauchen. In Libyen regiert die Ohnmacht. Das könnte erneut radikalen islamistischen und restaurativen Kräften des alten Regimes nützen. (Gudrun Harrer, 12.9.2023)