Im Gastblog analysiert Gerald Simon das Spiel zwischen Österreich und Schweden und betrachtet die Chancen für die Fußball-EM 2024.

Hatte Kollege Farnberger nach der verunglückten Generalprobe gegen Moldau noch den schlecht sitzenden zweiten Anzug moniert, präsentierte sich das österreichische Fußballnationalteam im vorentscheidenden EM-Qualifikationsspiel gegen Schweden in Gala mit großer Aufmachung. Österreich spielte in Vollbesetzung, Coach Ralf Rangnick wird im Moment keine besseren Spieler für das Nationalteam finden – und das braucht er auch nicht! Mit einer überzeugenden zweiten Halbzeit und einem 1:3-Auswärtssieg öffnete sich die Tür zur Fußball-EM 2024 in Deutschland sperrangelweit.

Torjubel bei den Österreichern mit dem Torschützen Marko Arnautovic
Die Möglichkeit, an der Fußball-EM 2024 teilzunehmen, scheint momentan zum Greifen nahe.
APA/ROBERT JÄGER

Pressingmonster Laimer, Schlager und Seiwald

Aber auch die Schweden waren schlau und hatten sich was überlegt. Sie begannen druckvoll und überspielten unser Mittelfeld immer wieder mit hohen Bällen. Unsere Pressingmonster Laimer, Schlager und Seiwald kämpften weniger gegen schwedische Verteidiger als gegen eine Genickstarre, die sie sich beim Nachsehen der hohen Bälle über sie hinweg zuzogen. Im Gegenzug ließen dafür die Schweden unser Team mit laufintensivem Angriffspressing nicht ins Spiel kommen. Trotzdem gab es schöne Ansätze des österreichischen Teams und auch den einen oder anderen Abschluss. Doch die dominierende Kraft in der ersten Halbzeit waren zweifellos die Schweden. Es war der routinierten Abwehr zu verdanken, einem Quäntchen Glück und dem sechsbeinigen Lienhart, der immer wieder eine untere Extremität zwischen Ball und Tor brachte, dass es bis zur Pause beim 0:0 blieb.

Ein Ergebnis, mit dem man schon gut hätte leben können, und der eine oder andere Hasenfuß hätte diesen Deal in der Halbzeitpause auch sicherlich unterschrieben. Aber es kam ganz anders. Offensichtlich hatte das laufintensive Spiel den Schweden zu viel Substanz gekostet. Ihre Zuspiele wurden fehlerhafter, und ihre perfekte Grundordnung ging immer mehr verloren. In der 50. Minute klopfte Gregoritsch das erste Mal gefährlich an, drei Minuten später verwertete er eine butterweiche Flanke von Posch per Kopf zum 0:1. Die Schweden konnten es nicht glauben, liefen aufgescheucht umher und hatten in ihrem eiligst einberufenen Arbeitskreis das Problem noch nicht ausdiskutiert, als es Arnautovic, nach Zuspiel von Sabitzer, mit dem 0:2 noch wesentlich vergrößerte.

In der 69. Minute setzte Mwene zu einem sehenswerten Solo an und konnte nur mehr durch ein Foul im Strafraum gestoppt werden. Den fälligen Elfmeter verwandelte Arnautovic, damit war die Sache endgültig erledigt, und die österreichischen Fußballfans können sich schon geistig auf eine Teilnahme Österreichs an der Fußball-EM 2024 im Nachbarland Deutschland einstellen. Zwei Punkte aus den letzten drei Spielen (darunter Prügelknabe Estland) würden reichen. Wenn da noch was schiefgeht, wird der Berufsstand des Fanpsychologen im Herbst einen starken Aufschwung nehmen. Die Schweden konnten in der 91. Minute noch auf 1:3 verkürzen, reine Ergebniskosmetik, der sogenannte Ehrentreffer. Diese Ehre wollen wir den aufopfernd kämpfenden Schweden auch durchaus zuteilwerden lassen.

Erfreulicher Ausblick

Teamchef Rangnick will Gruppensieger werden, der leidgeprüfte österreichische Fan wäre mit der Qualifikation für die Euro schon im siebten Himmel. Österreich verfügt über ein sehr starkes Fußballnationalteam, das in Zukunft international durchaus eine wichtige Rolle spielen könnte (noch keine Niederlage in der Qualifikation, obwohl wir bereits in Belgien auswärts gespielt haben). Besonders erfreulich ist die Kaderbreite, auch nach fünf Spielerwechseln war kein Leistungsabfall zu bemerken, und dabei blieb der zweifache Torschütze vom Hinspiel, Christoph Baumgartner, sogar auf der Bank sitzen. (Gerald Simon, 13.9.2023)