Wienwoche 2023 Museum der Migration
Bisher versteht sich das Musmig als Ideenwerkstatt. Dabei soll es aber nicht bleiben: Im Rahmen der Wienwoche werden konkrete Pläne ausgearbeitet.
Musmig

Frankreich hat eines, Polen hat eines. Deutschland hat sogar mehrere. In vielen europäischen Städten stehen Museen, die sich mit Migration beschäftigen, Archive verwalten und Sammlungen führen. Und in Österreich? Fehlanzeige. Neue Bestrebungen, eine alte Forderung umzusetzen, gibt es jetzt im Rahmen des Festivals Wienwoche, das am Freitag startet. Dort findet man: raus aus der Selbstorganisation, rein in die Institution!

Denn genau genommen gibt es in Wien ja schon migrantische Museen, und das zur Genüge. Das Problem? Sie verstauben meist in den Kellern von Privatwohnungen. Eines dieser Archive befindet sich unter der Wohnung des Philosophen Ljubomir Bratić, der sich zusammen mit der Kulturwissenschafterin Elena Messner und der Künstlerin Gabriela Urrutia Reyes als Kuratorenteam um das Projekt Musmig formiert hat. Ihre Forderung: ein "Museum der Migration", in dem jene Objekte der Migration mithilfe vieler in Österreich lebender Communitys gesammelt, ausgestellt und kontextualisiert werden. Laut Integrationsbericht 2023 liegt der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in Wien immerhin bei knapp 50 Prozent. "Die öffentliche Hand ist jetzt an der Reihe, das zu ermöglichen.", fordert Messner.

Anlässe, eine solche Institution einzurichten, gäbe es ja zuhauf: So markiert das kommende Jahr etwa das 60. Jubiläum des Anwerbeabkommens zwischen Österreich und der Türkei. Schon jetzt versteht sich das Musmig als Ideenwerkstatt und Sammlungsplattform, bei einem Plenum in der Akademie der bildenden Künste soll es am Samstag in die heiße Phase gehen – eine Direktion wird "aus dem Hut gezogen" und beginnt ab sofort zu arbeiten. Mit der Wiener SPÖ, den Grünen und den Neos hat man bereits Gespräche geführt.

Politisch und prekär

Auch sonst stehen bei der Wienwoche wie jedes Jahr Performances, Ausstellungen, Workshops und Konzerte auf dem Programm. "It’s getting cold in here", lautet das Motto, ein Seitenhieb auf mehr als nur eine aktuelle – politische – Krise. "Prekäre Arbeitsverhältnisse, unsichtbare Stimmen, Körper und Kollektive rücken aus dem Rand ins Zentrum", so die Festivalleiterin Jelena Micić. Eine Projektgruppe erarbeitet bei Legacies of Healing Rituale, um Wunden der rassistischen Stadtgeschichte zu heilen, die Ausstellung Sulyap behandelt die Erfahrungen philippinischer Krankenpflegerinnen, und im Rahmen des Musmig diskutieren Museumsdirektoren über die Frage: "Wer hat Angst vor dem Museum der Migration?". (Caroline Schluge, 13.9.2023)