Die "Daphne" in der Wiener Staatsoper überzeugt nicht recht.
Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

"Fremd ist mir alles, einsam bin ich“: Nicht nur Daphne, die naturkeusche Opernprotagonistin von Richard Strauss, hadert mit ihrem Umfeld. Auch der gleichnamige Einakter von 1938 ist nie so recht heimisch geworden in der (Kunst-)Welt. An der Wiener Staatsoper ist der Zweistünder mit dem zündenden Klangbild und dem durchwachsenen Libretto (Joseph Gregor) über Achtungserfolge nie hinausgekommen. Die bisher letzte Produktion (2004) verbrachte die sechs Vorjahre im Fundus.

Das Spiel im Spiel überzeugt nicht recht

Dass diese Daphne nun wieder auf die Bühne verpflanzt wurde, dürfte am Problem nichts ändern. Zumal auch die Regie nicht recht überzeugt. Es hat zwar seinen Reiz, dass Nicolas Joel den Abend als Spiel im Spiel anlegt, als Traum einer lädierten Frauenseele rund um 1900. Doch die beiden Spiel-Ebenen verschwimmen so rasch, dass schon bald ein gemischtes Team aus Altgriechen und Fin-de-Siècle-Bürgern eine eher konventionelle Daphne abwickelt. Und die Gesangsleistungen streuen.

Gesang: Durchwachsen

Gut: Hanna-Elisabeth Müller stattet die Titelfigur mit einem jugendfrischen Sopran aus, der bis zu Daphnes Weltflucht und Baumwerdung kaum forcieren muss. Daniel Jenz verleiht dem verliebten Leukippos Schalk und kultivierten Schmelz, Noa Beinart der Gaea Grandezza.

Hanna-Elisabeth Müller in der Titelrolle der
Nun gilt es, die pflanzliche Metamorphose zu überstehen: Hanna-Elisabeth Müllerin der Titelrolle der "Daphne" an der Wiener Staatsoper.
Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

David Butt Philip (Apollo) tönt nach imposantem Start aber ähnlich metallstarr, wie seine Maske aussieht, und die Basstöne von Günther Groissböck (Peneios) verpuffen bisweilen im orchesterdominierten Klangbild. Das Attribut "sängerfreundlich" verdient Dirigent Sebastian Weigle hier eher nicht; dafür lässt er die Klangfarben schillern und bahnt instrumentale Aufschwünge ähnlich magisch an wie Christian Thielemann. Drei Folgetermine sind angesetzt – bevor Daphne wohl wieder eingewintert wird. (Christoph Irrgeher, 13.9.2023)