Simona Halep mit gesenktem Kopf
Simona Halep hat Wimbledon und Roland Garros gewonnen, war die beste Tennisspielerin der Welt. Jetzt ist sie bis Oktober 2026 gesperrt und tobt über die Behandlung ihres Dopingfalls.
IMAGO/ZUMA Wire

Tennisspielerin Simona Halep hat seit August 2022 kein Profiturnier mehr bestritten. Trotzdem berichtet sie vom "härtesten Match" ihres Lebens. Ein Match, das sich inzwischen über ein Jahr zieht. "Und leider geht mein Kampf weiter."

Die Rumänin wurde bei den US Open 2022 positiv auf das Nierenmedikament Roxadustat getestet, ein laut Dopingliste verbotenes Mittel. Halep ist deshalb gesperrt – bis Oktober 2026. Ein vernichtendes Urteil, das für die 31-Jährige quasi einem Karriereende gleichkommt. Halep gewann in ihrer Karriere zwei Grand-Slam-Turniere, war 64 Wochen die Weltranglistenerste. Sie beteuert ihre Unschuld, fühlt sich unfair behandelt und will gegen die Sperre Einspruch einlegen beim Internationalen Sportgerichtshof.

Halep argumentiert, Roxadustat sei über ein verunreinigtes Nahrungsergänzungsmittel in ihren Körper gelangt. Die Ermittler stellten jedoch fest, die eingenommene Menge des Ergänzungsmittels passt nicht zu den erhöhten Blutwerten. Das unabhängige Schiedsgericht, das sich des Falles annahm, kreidet Halep einen weiteren Punkt an: In ihrem biologischen Pass seien "Unregelmäßigkeiten" festgestellt worden. Haleps Blutwerte wichen so stark von ihrer Norm ab, dass drei voneinander unabhängige Ermittler zur selben Erkenntnis kamen: Halep hat gedopt.

Anfällige Sportarten

Die Tennis-Szene ist geschockt. Halep erfährt viel Unterstützung, unter anderem von ihrem Trainer Patrick Mouratoglu und einer von Novak Djokovic mitgegründeten Spielervereinigung. Sie sind von Haleps Unschuld überzeugt.

In der Vergangenheit behaupteten mehrere Aktive, Dopingmittel würden im Tennis gar nichts helfen. "Doping bringt in jeder Sportart etwas", sagt Michael Cepic dem STANDARD. Er ist Geschäftsführer der Nationalen Anti-Doping-Agentur und beobachtet auch aktuelle Fälle wie jenen von Halep. "Wenn ich mit verbotenen Substanzen nachhelfe, kann ich die Regeneration erheblich beschleunigen", sagt Cepic.

Auch im Fußball wurde in den letzten Tagen ein namhafter Spieler des Dopings überführt. Der französische Weltmeister Paul Pogba wies erhöhte Testosteronwerte auf. Seine Managerin ließ wissen, Pogba würde "niemals die Regeln missachten wollen". Er wartet das Ergebnis der B-Probe ab. Im Fußball wie im Tennis kommt es auf die Technik an, auch die taktische Ausrichtung spielt eine Rolle. "Das ist alles unbestritten", sagt Cepic. "Aber wenn jemand körperlich nicht in der Lage ist, auf Top-Niveau mitzuspielen, nützt auch das beste Talent, die beste Technik nichts."

Paul Pogba im Dress von Juventus.
Bei Paul Pogba wurden erhöhte Testosteronwerte nachgewiesen.
EPA/ALESSANDRO DI MARCO

Gibt es Sportarten, die anfälliger sind für Dopingvergehen? "Dort, wo die körperliche Verfassung einen höheren Anteil am Erfolg hat als die Technik, ist es risikoreicher", sagt Cepic. Er nennt vermeintliche Ausdauersportarten wie Rudern, Langlaufen oder Radfahren. Überall, wo es darum geht: Wer hält eine hohe Frequenz länger durch?

Dass es in populären Sportarten seltener zu Dopingfällen kommt, will Cepic nicht bestätigen: "Das Doping-Regelwerk ist im Fußball nicht zu unterscheiden von anderen Sportarten. Fußballer haben dieselben Kontrollen, es trifft sie genauso wie alle anderen." Doch der Fußball hat einen Vorteil: Geld spielt keine Rolle. Cepic: "Es wird alles ausgereizt bis zum Maximum."

Serena Williams stichelt

Pogba dürfte einen Schritt zu weit gegangen sein. Im schlimmsten Fall drohen dem 30-Jährigen wie Halep vier Jahre Sperre. Sollte Pogba nachweisen können, dass er keine betrügerischen Absichten verfolgte und sein erhöhter Wert zwar leichtsinnig, aber quasi unglücklich zustande kam, kann es vom Schiedsgericht strafmildernd bewertet werden. "Es ist eine Frage der Fahrlässigkeit", sagt Cepic, "aber Sportlerinnen und Sportler haben eine Sorgfaltspflicht. Sie müssen wissen, was sie zu sich nehmen."

Zwei solcher Fälle von Strafminderung betrafen Spieler von Red Bull Salzburg, Sekou Koita und Mohamed Camara. Das Duo bekam bei einem Lehrgang mit dem Nationalteam Malis ein Medikament gegen Höhenkrankheit verabreicht. Die beiden Spieler wurden für drei Monate gesperrt.

Im Fall von Simona Halep äußerte sich die Tennis-Ikone Serena Williams spitz. In ihren sozialen Netzwerken schrieb sie: "8 ist eine bessere Zahl." Sie spielte dabei offenbar auf das Wimbledon-Finale 2019 an, das sie 2:6, 2:6 gegen Halep verloren hatte. Damit entging ihr ein achter Triumph auf dem "heiligen Rasen" und ein historischer 24. Grand-Slam-Sieg. Die von der International Tennis Integrity Agency nun aufgeführten Verstöße stammen jedoch erst aus dem Jahr 2022.

Halep ist jedenfalls "geschockt und enttäuscht", will aber bereit sein, falls die Sperre doch vermieden werden kann. Sie kündigte an, weiter zu trainieren. (Lukas Zahrer, 14.9.2023)