Seit Frühling 2022 führt die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) ein Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der rechtsextremen Hooligan-Gruppe "Unsterblich Wien" wegen des Verdachts auf nationalsozialistische Wiederbetätigung. Am Mittwoch wurden bei Hausdurchsuchungen, die von der Staatsanwaltschaft Wien angeordnet wurden, bei der Gruppe nun zahlreiche NS-Devotionalien sichergestellt, wie das Innenministerium am Freitag in einer Aussendung bekanntgab.

Hohe Gewaltbereitschaft in der Szene

"In der Hooligan-Szene besteht eine allgemein hohe Gewaltbereitschaft. Wenn diese Gewaltbereitschaft auf Rechtsextremismus trifft, entsteht eine sehr gefährliche Lage, die dank der Ermittlungen entschärft wurde", sagte Franz Ruf, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Bei 13 Personen ordnete die Staatsanwaltschaft demnach sieben Hausdurchsuchungen sowie sofortige Einvernahmen und Sicherstellungen an.

Razzien in der Hooligan-Szene
Bei den Durchsuchungen wurden zahlreiche NS-Devotionalien sichergestellt.
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Bei den Verdächtigen seien zahlreiche NS-Devotionalien, Kutten, Waffen, Handys, Datenträger und kleine Mengen Drogen sichergestellt worden, heißt es in der Aussendung. Besonders relevant seien die sichergestellten Kutten, da auf diesen stilisierte und leicht abgewandelte SS-Totenköpfe als Aufnäher abgebildet sind und sich die Gruppe damit öffentlich zeigt bzw. in Szene setzt.

"Unsterblich" ist ein ehemaliger Fanklub der Wiener Austria. Seit 2013 hat die Gruppe Hausverbot im Stadion. Allerdings dürften das manche Anhänger des Vereins nicht immer so eng sehen. So berichtete das Magazin "Vice" über ein privates Fußballturnier, das Fanklubs der Wiener Austria Anfang 2019 abhielten. Mitspielen durften auch die Rechten.

Ermittlungen dauern an

Eingeleitet wurde das Ermittlungsverfahren letztes Jahr, weil Angehörige der Gruppe seit November 2021 immer wieder öffentlichkeitswirksam mit den Lederkutten - Jeans- oder Lederwesten, wie sie auch in Motorrad- oder Rockerclubs getragen werden - zu sehen waren. Es bestehe der Verdacht, dass die handelnden Personen durch das öffentliche Zurschaustellen der stilisierten NS-Symbole gezielt nationalsozialistisches Gedankengut verbreiten wollten. Bereits in der Vergangenheit sei die Gruppe im Zusammenhang mit Rechtsextremismus aufgefallen, zahlreiche Mitglieder hätten eine eindeutig neonazistische Gesinnung, heißt es in der Aussendung. Die Ermittlungen würden noch andauern.

Die Razzien fanden in Wien und Niederösterreich statt. Die Ermittlungen dauern an.
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Es ist nicht das erste Mal, dass gegen die Gruppe ermittelt wird. Im September 2011 ermittelte die Staatsanwaltschaft Wien gegen Mitglieder von "Unsterblich", weil diese – auf Video dokumentiert – beim Einmarsch ins Stadion Hitlergruß und Kühnengruß zeigten, das Verfahren wurde jedoch eingestellt (der STANDARD berichtete). 2015 wurden im Prozess um den Sturm auf das Ernst-Kirchweger-Haus in Wien zwei Hooligans wegen Hausfriedensbruchs, einer zusätzlich wegen Körperverletzung zu zwölf bzw. 14 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Fünf Mitglieder der Gruppe wurden damals mangels Beweisen freigesprochen.

"Gefährliches Dreieck"

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) machte unlängst auf die Herausbildung eines gefährlichen Dreiecks aus Neonazismus, Kampfsport und Motoradklubkultur aufmerksam. Anlass dafür war der riesige Waffenfund bei einem Ableger des internationalen Rockerklubs Bandidos in Oberösterreich. Sichergestellt wurden bei den 13 Hausdurchsuchungen im Juni auch Drogen und 550 NS-Devotionalien. "Unsterblich" ist laut dem DÖW die Weiterführung von "Blood & Honour" in Wien. Die Experten rechnen der Gruppe bis zu 150 Mitglieder zu. (Lara Hagen, 15.9.2023)

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