Wer es mit der Klimapolitik nicht wirklich ernst meint, soll zu Hause bleiben: Mit dieser Ansage lädt UN-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch Regierungen aus aller Welt zu seinem neuen Klimagipfel. Am Climate Ambition Summit, im Rahmen der UN-Generalversammlung in New York, soll es um die großen Lösungen gehen: um einen Turbo für den globalen Erneuerbaren-Ausbau, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, um frische Finanzierung für den Klimaschutz. Staaten, die ansonsten auf Klimakonferenzen mehr Tempo einfordern und andere als Bremser kritisieren, sollen liefern, fordert Guterres.

Video: Zehntausende bei Klima-Protest in New York im Vorfeld von UN-Gipfel.
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Eingeladen seien dazu ausschließlich jene Staaten, Unternehmen und Organisationen mit "glaubwürdigen, ernsthaften und neuen Klimamaßnahmen und naturbasierten Lösungen, die der Dringlichkeit der Klimakrise gerecht werden", erklärte der Chef der Uno, der sich mit seiner scharfen Kritik einen Namen gemacht hat. Jahr für Jahr lautete die Botschaft nach Klimakonferenzen: schon wieder nicht genug. Was ist also von dem neuen Gipfel zu erwarten?

"Furchterregender als nuklearer Krieg"

Für Aufsehen sorgt bereits die Frage, ob die Regierungen der größten Emittenten am Gipfel teilnehmen dürfen, allen voran die USA und China. Keiner der beiden Staaten ist auf dem Zielpfad, die Erhitzung der Erde auf 1,5 Grad zu limitieren – um das zu schaffen, müssten die weltweiten Emissionen bis 2030, also in weniger als sieben Jahren, in etwa halbiert werden. Derzeit steigt der Ausstoß von Treibhausgasen weiter. Joe Biden brachte sich zwar vergangenes Wochenende in Position: Ein überhitzter Planet sei "sogar furchterregender als ein nuklearer Krieg", sagte er. Am Wochenende wurde allerdings bekannt, dass Biden seinen Klima-Sondergesandten John Kerry schicken will. Auch der chinesische Präsident Xi Jinping wird beim Klimagipfel in New York nicht erwartet.

Der britische Premierminister Rishi Sunak sagte ebenfalls ab. Offiziell begründete er die Entscheidung mit seinem vollen Terminkalender. Der "Guardian" berichtete jedoch, Sunak sei vor einer Blamage gewarnt worden. Aufgrund seiner Ankündigung, die Erdöl- und Erdgasproduktion in der Nordsee ausreizen zu wollen, hätte er auf dem Gipfel mit harscher Kritik rechnen müssen, erklärt die britische Zeitung.

Globale CO2-Steuer gefordert

Der Gipfel soll vor der Klimakonferenz im Dezember in Dubai (COP 28) für Momentum sorgen. Die Uno nennt den Gipfel einen "entscheidenden politischen Meilenstein" im Kampf gegen die Erderhitzung. Vor allem von Mitgliedern der G20 forderte Guterres im Vorfeld "Extra-Anstrengungen", um ihren Treibhausgasausstoß zu senken und zusätzliche Unterstützung für hilfsbedürftige Länder zu leisten.

Auch einige Forderungen, die afrikanische Staaten Anfang September zusammen in Nairobi formuliert hatten, dürften diese Woche in New York diskutiert werden. Sie rufen nach einer globalen CO2-Steuer, mit der Maßnahmen in ärmeren Ländern finanziert werden sollen. Gelten könnte die Steuer etwa für den Handel mit fossilen Brennstoffen, aber auch für den internationalen Schiffstransport und die Flugindustrie. Die Forderung nach den zusätzlichen Geldern ist Teil einer Strategie, mit der sich die Staaten als Energieproduzenten positionieren wollen. "Wenn wir die erneuerbaren Energieressourcen auf unserem Kontinent erschließen, ist das nicht nur gut für Afrika, sondern auch für den Rest der Welt", erklärte der kenianische Präsident William Ruto.

Erste Zwischenbilanz mit schlechtem Ergebnis

Wie sehr die bisherige Klimapolitik versagt hat, zeigte vergangene Woche eine neue Zwischenbilanz der Uno zum Pariser Klimaabkommen – jenem Vertrag, in dem die Welt erklärte, die Erderhitzung auf maximal zwei Grad und bestenfalls 1,5 Grad seit Beginn der Industriellen Revolution zu begrenzen. In diesem Jahr wird mit der sogenannten Globalen Bestandsaufnahme erstmals offiziell Resümee gezogen. Denn der Vertrag legt zwar das Ziel fest, über den Weg entscheiden aber die Staaten selbst. Dazu übermitteln sie der Uno jeweils eigene Klimapläne. In der Globalen Bestandsaufnahme wertet die Uno diese Pläne ab jetzt alle fünf Jahre aus. Das Ergebnis der ersten Runde: niederschmetternd.

Rund 75.000 Menschen demonstrierten am Sonntag in New York für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Sie zogen vom Times Square bis zum Uno-Hauptquartier.
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Konkret beziffert die Uno die Lücke zwischen den nötigen und den tatsächlichen Einsparungen für 2030 mit 20 bis 24 Gigatonnen an Treibhausgasen. Sie dürften nicht ausgestoßen werden, damit die Erderhitzung bei 1,5 Grad eingebremst werden kann. Dass das gelingt, ist allerdings kaum mehr realistisch: Insgesamt stießen die Staaten zuletzt im Jahr etwa 40 Gigatonnen aus. Dieser Ausstoß müsste demnach halbiert werden.

Fossile Investitionen weiter hoch

Die Emissionen müssten bis 2025 ihren Peak erreichen – und dann schnell fallen, warnt die Uno. Dieser Satz dürfte sich an China richten, das seine Emissionen erst 2030 senken will. Klar ist: Mit den aktuellen Plänen werden die Staaten die Erde bis weit über die vereinbarte 1,5-Grad-Grenze hinaus erhitzen. Eine leichte Besserung lässt sich in dem Bericht dennoch finden: Noch 2015 lag die Prognose zwischen drei und 3,2 Grad bis zum Jahrhundertende. Heute liegt sie bei 2,6 Grad.

Als einen Grund für die weiter viel zu starke Erhitzung kritisiert die Uno die Ausrichtung globaler Finanzströme. Investitionen in den Klimaschutz lagen 2019 und 2020 bei über 800 Milliarden Dollar. Das entspreche nur einem Drittel der nötigen Gelder. Demgegenüber stehen mehr als 890 Milliarden Dollar, die in fossile Brennstoffe investiert wurden – mit weiteren 450 Milliarden an Subventionen. (Alicia Prager, 18.9.2023)